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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 12.1916

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Sauer, Joseph: Eine alte Sicherung des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.2548#0038

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Sauer, Eine alte Sicherung des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr

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/Ifrfr/M. .7. Verschlußplatte.

Erfolg unter allen Umständen sicher zu stellen. In
ähnlicher Weise häufen auch die gedruckten Wetter-
segen die geweihten Gegenstände und heilkräftigen
Motive '.

Die Sicherung von Gebäuden durch Einmauerung
oder Einlassung von wunderkräftigen Gegenständen
war im Mittelalter und auch noch in den nächstfolgenden
Jahrhunderten weit verbreitet. In manchen Gegenden
wird als Schutzmittel gegen Dämonenspuk wie gegen
Wettergefahr in den Dachfirstbalken das Pentagramm
eingeschnitten, oder in eine Vertiefung am vordersten
Firstende das sog. Antlass-Ei (am Gründonnerstag
gelegt) und Palmkätzchen oder auch noch andere
geweihte Gegenstände eingeschlossen2; für Italien
wird bezeugt, daß in Vertiefungen von Glockentürmen
geweihte Agnus-Dei aus Wachs gegen Unwetter und
Blitz eingelassen werden3. Gelegentlich sucht man
sich den Schutz des Himmels gegen den Wetterstrahl
dadurch zu sichern, daß man Reliquien in den Turm-
knopf einschließt. Für Frankreich ist das an der
Kirche St. Aimable von Riom und St. Michel-aux-
Lions in Limoges festgestellt1. Besonders aber kam
den Glocken im Kirchturm eine wetterbrechende
Bedeutung zu. Sie sollten beim Nahen eines Ge-
witters, wie es die Ritualien selbst noch des späten
18. Jahrhunderts vorschrieben, geläutet werden, nicht
etwa nur, um durch die schon früh erwähnte physi-
kalische Schallwirkung die Wetterwolken zu vertreiben
(fulgura frango), sondern vor allem durch die in der
Weihe ihnen verliehene, im Weiheformular aus-
drücklich betonte und durch Anbringungvon religiösen

1 Ein derartiger Wettersegen abgebildet bei Andree-Eysn
a. a. O. S. 104, 105.

- Ebd. S. 107.

3 Bellucci, II feticismo primitivo in Italia (1907) p. 121.

1 Vgl. Enlart, Manuel d'archéologie française I (Paris 1902)
p. 346.

Zeichen, wie dem Kreuztitulus, dem Tetragrammaton,
von Reliquien u. a. m. noch besonders verstärkte
Kraft „die Macht der Feinde, die Schatten der Phantas-
mata, den Anprall der Wirbelwinde, den Blitzschlag"
u. a. zu bannen. Man darf wohl annehmen, daß es
den gleichen Zweck auch hatte, wenn Sixtus V. bei
Aufrichtung des Obelisken auf dem Petersplatz zu
Rom in die Fundamentsteine die oben erwähnte
Wettersegensformel: Ecce crucem Domini, fugite
partes adversae usw. einmeißeln ließ5. Sehr häufig
sind es nicht die Türme, sondern die Fundamente
und besonders die Grundsteine, die man derart mit
Abwehrmittel ausstattete. So zeigte der Grundstein
des Hl. Geistspitals in Nürnberg fast die gleiche Her-
richtung wie sie am Turmhelm unseres Münsters
gefunden wurde. Auf der Stirnseite war ein Kreuz
mit verbreiterten Enden und zwischen die Arme die
vier Buchstaben des Kreuztitulus eingemeißelt; dazu
noch die Jahrzahl 1489. In der Kreuzmitte war eine
Vertiefung ausgehöhlt und mit einer Steintafel ver-
schlossen. Beim Offnen wurden gefunden ein Büchs-
chen mit Münzen; eine ausgetrocknete Glasflasche,
eine kleine Zinnplatte, darauf ein Christuskopf zwi-
schen Sonne und Mond, die Hl. Geisttaube und die
Buchstaben I. N. R. I. sowie der Abguß einer antiken
Gemme". Nach P. Bucelin muß zum Schutze gegen
Teufels- und Hexenwerk, gegen Seuchen- und Feuers-
gefahr das Benediktuskreuz an der Schwelle oder
am Türpfosten des zu sichernden Hauses befestigt
oder eingelassen versteckt werden7.

Die vorstehenden Ausführungen dürften hin-
reichend die Zweckbestimmung der Einlagen in den
drei Nischen an unserem Münsterturmhelm, zugleich
aber auch den ganzen Gedankenkreis, in den sie sich

' Vgl. Franz a. a. O. 2, 40, 42, 43; Durandns, Rationale
divin. offic. I, 4 η 15, 16.

" Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie 1', 16.
7 Bucelin, Benedict. Redivivus p. 267.

Abbild, 4. Blechpackung des Inhalts,
 
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