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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 12.1916

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Albert, Peter P.: Abel Stimmer als Maler für das Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2548#0047

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Albert, Abel Stimmer als Maler für das Freiburger Münster

Dieser in Freiburg fremde Maler war Heinrich
Stiidlin aus Schlettstadt. Seinen und seiner Gehilfen
Namen und die ihnen wie allen anderen Fremden
auf Grund des Stadtrechts hier gemachten Aufenthalts-
und Arbeitsbedingungen nennt ein Protokoll des hie-
sigen Rats vom 6. August 1574' in nachstehendem
Eintrag: „Heinrich Stüdlin der meister und moler,
burger von Schlettstatt, sampt seinen gesellen Conrat
Ebert von Franckfurt, Ludwig Meyer von Schwebischen
Gemind und Philip Rinckhower von Sulgow seint für
rat beschickt und haben gelobt, dieweil inen vergont,
der fürstlichen durchlaucht dafel in irn neuen chor zu
molen, si aber alhie nit zünftig, das[s] si sonst kein
frembde oder weiter nebenarbeit machen oder verfertigen,
auch die zeit, si alhie wonen, umb alle und jede Sachen,
so si die zeit, si hie seint, mit oder gegen inen oder
inen gegen andern, so alhie in wegen, alhie vor gericht
oder rat recht zu geben und zu nemen und erstat[t]en
sollen, was andere frembde gesellen, so alhie werken,
zu tun schuldig seint; welches sie geton." Mehr ist
über Stüdlin, seine Werkstätte und Leistungen hier
in Freiburg nicht bekannt2.

„Vor und zu der zeit neben solchen frembden
malern" habe „sich auch alhie ingeflickt und" sei „des
malens beschreit worden", heißt es in dem erwähnten
Schreiben des Rats, „Abel Stimer, so, wie wir be-
richtet sind], von Schaffhaußen sein soll". Allein zum
„contrafeten", zum Porträtieren oder Bildnismalen,
sei er hier zugelassen; man dulde ihn jetzt schon
„ein guete zeit alhie"3, „seiner kunst halber", und
habe „i[h]me sich allein in offener herberg [sich] zu
halten und zu contrafeten zugelassen und vergont .
Nichts destoweniger befleißige er sich des Malens
überhaupt und weigere sich dabei fortgesetzt, zünf-
tig zu werden; „er sich aber dem gemeinen hand-
werk der malerzunft, auch unsern stattrechten und Ord-
nung zuwider des malens gebrauchte, bei burgern und
andern herberg und underschleif suechte und doch nit
zünftig were". Sein wiederholtes Versprechen, ,,das[s]
er dem handwerk gar kein[en] abbruch oder schaden zuze-
fiegen, sonder dasselbig me[h]r zu fürdern geneigt habe
und sich auch usserhalb des contrafeten keiner arbeit an-
nehmen, auch an würt als ein gast [sich] halten welle" ',
habe er in keiner Weise gehalten. So lag Stimmer
seit seinem Hiersein mit der Stadt in Streit, der
noch dadurch verschärft wurde, daß er, „keines sehr
friedfertigen oder leicht lenkbaren Charakters""1,
auch mit der Einwohnerschaft in allerlei Händel sich
verstrickte, die ihn schließlich zum Verlassen Frei-
burgs mit veranlaßten.

' Stadtarchiv: Ratsprot.-B. 25 (1573—74) Bl. 402v.

- Bechtold a. a. O. 34, 440 Anm. 1 gesteht, nicht einmal
seinen Namen feststellen gekonnt zu haben.

:l „Ein lange zeit und über das dritt jor", heißt es an einer
andern und „in den dreien oder vierthalben jaren" an einer
dritten Stelle desselben Schreibens.

1 Stadtarchiv: Ratsprot.-B. 25 BI. 405v; Bechtold a. a. O.
34, 439.

5 Bechtold a. a. O. 34, 439.

Abel Stimmer, der Geburt und Bedeutung nach
der mittlere der Schaffhausener Künstlerbrüder
Stimmer und neben seinem altern und berühmtem
Bruder Tobias (1539-84) einer der begabtesten
Meister der Spätrenaissance am Oberrhein, war
30 Jahre alt, als er im Herbst 1572 nach Freiburg
kam. „Alles, was wir von ihm wissen", stellte 1905 K.
Obser fest, „beschränkt sich darauf, daß er am
7. Juni 1542 zu Schaffhausen geboren wurde, dort
anfänglich in der Werkstätte des Vaters und seiner
Brüder arbeitete und späterhin in Basel und Straß-
burg seine künstlerische Tätigkeit entfaltete"'1. Diesem
wenigen über Stimmers Lebensverhältnisse hat einer-
seits Obser selbst aus den baden-badenschen Hof-
ratsprotokollen die wichtige Nachricht hinzugefügt,
daß Abel nach dem Tode seines Bruders Tobias
(am 4. Januar) 1584 von dem kunstsinnigen Mark-
grafen Philipp IL als Hofmaler nach Baden berufen
ward, dort Grundbesitz erwarb und nachweislich
(am 20. Oktober) 1594 noch am Leben war, auch
dort, wie früher zu Freiburg, seines unbeherrschten
Wesens wegen mit dem Gericht zu tun hatte7. An-
dererseits hat A. Bechtold aus den Rats- und Brief-
büchern der Stadt Freiburg über Abels Aufenthalt
daselbst und seine Streitigkeiten mit der Malerzunft
und wegen Beleidigung der Geistlichkeit in den
Jahren 1574—80 das Hauptsächlichste mitgeteilt8.

Früher vornehmlich als „Glasmaler und Ra-
dierer" angesprochen, muß ihm nach allem, was
man jetzt von ihm weiß, die Ausübung der Glas-
malerei aberkannt oder doch auf das Anfertigen von
Entwürfen eingeschränkt werden9. Zu Freiburg war
er, wie wir gehört haben, allein zum „contrafeten",
zum Porträtieren oder Bildnismalen, zugelassen und
geriet, da „er sich aber auch", wie ein Protokoll über
ihn vom 9. August 1574 im Ratsbuch lautet, „dem
gemeinen handwerk der molerzunft und Stattordnung
zuwider des [sonstigen] molens gebraucht und sich bei
etlichen burgern oder andern underhaltet und nit zünftig"
werden wollte "', mit der Stadt in die bekannten Zer-
würfnisse , die sich noch vermehrten durch sein
händelsüchtiges Verhalten, selbst in Religionssachen,
indem er sein evangelisch-reformiertes , Glaubens-
bekenntnis in freisinnigster Weise zur Schau trug11.

" Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. N. F. 20, 680.

7 A. a. O. 20, 680 f.

8 Repertorium für Kunstwissenschaft 34, 438 — 447 und 36
(Berlin 1914) S. 317—24.

'■' Bechtold a. a. O. 36, 324.

10 Stadtarchiv: Ratsprot.-B. 25 Bl. 405 v; Bechtold a. a. O.
34, 438.

11 Das.: Ratsprot.-B. 28 (1579-80) Bl. 270ν ; 274^'; 277 ν; 281 ν
und Criminalia; Bechtold a. a. O. 36, 318—23. Die Stelle im
Ratsprot. 28, 274v: „indem er [Stimmer! unser[er] religion nit
[ist] und gesagt . . .", liest Bechtold a. a. O. 36, 319 irrtümlich:
„in dem er unßere religion nit (geaeht?) und gesagt ..."
 
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