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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

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Riegel, Joseph: Der Meister des Taufsteins im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2399#0054
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50

Kleine Mitteilungen und Anzeigen

Der Meister des Taufsteins im Freiburger Münster.

Ein Beitrag zur endgültigen Lösung der Frage

von

Dr. Joseph Riegel.

£j? er Streit um den Meister des Taufsteins
im Münster hätte eigentlich beginnen
müssen, als Heinrich Sautier im Jahre
\ 1798' in seinem Eifer die Worte ge-
-z** sprechen: „Das prächtige Grabmal des
Generals von Roth und der zierlicheTaufstein, beide im
Münster zu Freyburg .... sind unter uns die Zeugen
seiner[Wenzingers]Kunst". Aber wederKarlSchäfer2,
noch Franz Reber und Adolf Bayersdorf erz, noch
Georg Dehio1 trugen Bedenken, an der Ausführung
durch Wenzinger zu straucheln. Während Friedr.
Kempf' in „Unser lieben Frauen Münster" noch an
Wenzinger festhält, hat er in der Zusammenarbeit
mit Karl Schuster'' bereits die Meisterschaft Joseph
Höhrs angedeutet. Schuster selbst hat dann in einer
gedrängten Übersicht7 die Tätigkeit Wenzingers auf
auf einen hypothetischen Entwurf beschränkt. Seinem
Beispiel folgend ließ Dehios nunmehr Wenzinger in
Frage, obschon Schuster die beiden Künstler, Joseph
Höhr und Franz Xaver Hauser, als die Schöpfer des
Taufsteins aus den Rechnungen erwiesen hatte. Den
Vermerk im Taufbuch des Münsters" aber hat auch
Schuster nicht richtig gedeutet. Hier steht ganz aus-
drücklich, dass am 17. August 1768 „sab directione-----

Christiani Wenzingers der Taufstein in der neuen
Taufcapelle seinem Gebrauche übergeben worden,
postquam praefatus dominus in eo ad regulas sculp-
turae exaetissime elaborando quasi quinque menses
consumpsisset." Von einem Entwurf ist hier nirgends
die Rede. Aus dem „sub directione'' macht Gustav
Münzel10 — der Flamm statt Schuster als den Finder

1 Die Philanthropen von Freyburg S. 253.
- Schauinsland 19 (1893): Christian Wenzinger S. 29 und
Das alte Freiburg (1895) S. 103.

s Klassischer Skulpturenschatz (München 1898) 2 S. 257.

4 Dehio-Winter, Kunstgeschichte in Bildern (Leipzig 1900)
Abt. 5, Tafel 82.

5 Unser Lieben Frauen Münster in: Die Stadt und ihre
Bauten (1898) S. 318 f., und Unser lieben Frauen Münster, seine
Bau- und Kunstpflege (1914) S. 63.

G Das Freiburger Münster .... (Freiburg 1906) S. 172.

7 Zur Baugeschichte des Freiburger Münsters im 18. Jahr-
hundert: Münsterblätter 5 (1909) S. 4—6.

s Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Berlin 1911)
4 S. 108.

'■' 1754-1782 Bl. 390 \

10 Christian Wenzinger und die Taufsteine im Freiburger
Münster und zu Sankt Peter: Münsterblätter (1913) S. 35.

der Notiz im Taufbuch nennt, selbst hat er sie augen-
scheinlich nicht eingesehen — die alleinige Künstler-
und Meisterschaft Wenzingers. Seine Hauptstütze da-
bei ist das Gedicht Sautiers. Hier unterläuft Münzel das
Missgeschick, dass er statt der klaren Sprache der
Rechnungen, die sowohl im Original vorliegen,
als auch im Hauptbuch der Münsterfabrik vom Jahre
1768 unter „Ausgaben" angeführt werden, Gehör zu
schenken, ein Gedicht heranzieht, das zunächst
genau ein Menschenalter, nachdem der Taufstein vol-
lendet war, als Nänie auf die Freiburger Philantropen
erschien!

Die ArbeitWenzingers beschränkt sich also auf die
Überwachung der Arbeiten des Universitätsbildhauers
Joseph Höhr (Hörr, Harr) und des Holzbildhauers
Franz Xaver Hauser. Weil Wenzinger es ablehnte, für
seine Mühe entschädigt zu werden, wurde das auch
gebührend hervorgehoben. Höhr, mit dem man erst
nach längerem Verhandeln und nicht ohne dass man
seinen ursprünglich 60 fl betragenden Akkord auf
71 fl erhöhen musste, einig geworden, verzichtete
man zu erwähnen. Hausers tüchtige Leistung schien
mit 50 fl auch schon genügend entlohnt. Aber wenn
auch das Taufbuch nur Wenzingers gedenkt, die
Originalrechnungen sprechen eine zu deutliche
Sprache.

Während Wenzinger immer als Schöpfer des
Grabdenkmals für den General Rodt genannt wird,
kennt seine Zeit und das Geschlecht, das um seine
Sterbestunde lebte, ihn nicht als Verfertiger des Tauf-
steins, der in seiner Art ein hervorragendes Kunst-
werk ist. Dass Wenzinger nicht dafür in Betracht
kommt und nicht kommen kann, dafür spricht auch
die im Liber actorum chori sive praesentiae von
Münsterpfarrherr Dr. Bernhard Galura, einem der
hervorragendsten Freiburger damaliger Zeit, am
Todestag Christian Wenzingers niedergeschriebene
Angabe, an deren vollständiger Richtigkeit und Zu-
verlässigkeit kein Bedenken besteht. Warum hätte
Galura gerade das beste Werk vergessen sollen! Er
sagt: „Die prima iulii [1797] hora circiter 10 matu-
tina pie in domino obiit dominus Christianus Wen-
zinger ex Ehrenstetten anno suae aetatis 88 ...
Erat iste dominus Wenzinger pictor et statuarius,
auetor epitaphii perillustris domini Rodht in ecclesia
 
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