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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 14.1918

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: III. Durch Feuersgefahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.2400#0024

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16 Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr

umb hilf und Steuer ze tun, sofern es einem rat ge-
fellig. Ist verwilligt, das si also ferfaren mögen."

Es betrugen also schon nach einjähriger Arbeits-
periode die Kosten für die Instandsetzung 2500 fl.
Man kann sich von der Höhe dieser Summe eine
Vorstellung machen, wenn wir uns vor Augen halten,
dass sie nach unserem heutigen Geldwert einer sol-
chen von etwa 10 000 M entsprechen würde. In-
folge der wachsenden Ausgaben trat eine völlige
Erschöpfung der Mittel ein, so dass man sich ge-
nötigt sah, nach anderen Geldquellen sich umzu-
sehen. Auch die Universität wurde im Jahre 1563
um Hilfe angegangen, die sich indes ablehnend ver-
hielt mit der Begründung, dass sie für den Bau des
Pfarrhofs und der Burse zu sorgen hätte1.

Wir geben nachstehend noch einige in den Rats-
protokollen sich findende weitere Aufzeichnungen,
die unsere Darstellung der Vorgänge in einigen
Punkten zu ergänzen geeignet sind:

1563 März 3. Ist erkant, bei den clöstern und
gotzheusern anzehalten und zu verschaffen, mit ire züg
stein zuzefüren zum bau und pesserung des münster-
turms umb gebuerlichen Ion.

1563 April 2. Meister Görg Kempfen dem Werk-
meister unser frauen baus ist us gnaden die heurig
Steuer nachgelassen in ansehung des baus des münster-
turms, doch das er demselben bau desto vleissiger oblige.

1567 Oktober 8. Uf anzeig und beger Andre-
sen Gunderßheimer als pflegers unser frauen baus ist
ime zugeordnet herr Jost Huser sambt der Stattwerk-
meister dem zimerman uf dem münsterturm zu berad-
schlagen, wie der tarres (das Gerüst) widerumben herab
ze tund. Item ob alles so von nöten widerumb ge-
macht und gepessert seie. Und so dasselb besehen,
soll alsdann unser frauen Werkmeister etlich jarlang
geurlaubt werden.

Wir gewinnen aus diesen Mitteilungen den Ein-
druck, dass die Wiederherstellungsarbeiten nicht sehr
beschleunigt vorangegangen sind und daß die zu
Anfang eingesetzte Tatkraft nicht immer gleichblei-
bend gewesen war. Vielleicht mag dieser Umstand
den Rat bestimmt haben, dem Meister die Steuer für
das Jahr 1563 zu erlassen, „das er dem bau des mün-
sterturms desto vleißiger oblige". Jörg Kempf war es
jedoch nicht vergönnt, das Werk des Turmes zu
vollenden, denn er starb zu Anfang des Jahres 1564.
Nach ihm scheinen die Turmarbeiten von einer
Hilfskraft, die nach ihrer Beendigung wieder ent-

1 Die Senatsprotokolle der Universität Freiburg vom 11. No-
vember 1563 enthalten einen Eintrag, der folgendes besagt:
„Uf die supplication, so die herre pfleger unser lieben frauen
bau an die universitet geton, in dem sie bittend, universitas
welle ouch was contribuieren, das der münsterturm, so von dem
wetter verschlagen worden, widerumb gebauet möge werden.
Ist beschlossen, universitas möge nicht geben, dar sie sonsten
mit großen Unkosten beladen und vermöge nit zuo bauen, daß
sie solte, namblich den pfarhof und die bursen: soll der rector
den pflegern anzeigen."

lassen wurde, weitergeführt worden zu sein. Man
wird deshalb bei der Beurteilung des Fortgangs der
Arbeiten den Wechsel in der Bauleitung mit in Be-
tracht ziehen müssen. Erst im Jahr 1567 sind laut
Rechnungseintrag „dem Zimmermann von dem holz
abzutun ab dem turn" die Gerüste beseitigt worden.
Zuvor hatten auf Veranlassung des Rats die Pfleger
der Werkmeister und Zimmermann der Stadt einen
Augenschein auf dem Gerüst vorgenommen, um zu
prüfen, ob die schweren Gebresten am Turm alle
gut geheilt seien, und um zu beraten, wie am besten
die Gerüste wieder entfernt werden könnten.

Im einzelnen lässt sich quellenmäßig der Gang der
Dinge nicht durchweg verfolgen. Immerhin konnten
beachtenswerte Aufschlüsse über die zerstörende
Wirkung jenes Ereignisses, über die einleitenden
entschlossenen Maßnahmen für die zielbewusste
Wiederherstellung der Schäden und über den Ver-
lauf ihrer Durchführung gewonnen werden. Sieben
Jahre gingen dahin, bis die Blitzschäden geheilt waren
und die Gerüste wieder entfernt werden konnten
(1567). Der alte in der städtischen Sammlung auf-
bewahrte, kupfervergoldete Stern mit Halbmond,
welcher bis 1861, in welchem Jahre er durch einen
neuen ersetzt wurde, die Kreuzblume des Turmes
bekrönte, hatte jenes Schicksal mit erlebt. Auf dem
Halbmond liest man die eingestanzte Inschrift: Den
28. aprilis anno 1561 jor durch das wetter schaden
enpfangen (Abbild. 8).

Der aus acht Strahlen mit kreisförmig ausgeschnittenen
Enden bestehende Stern und Halbmond (Abbild. 5) ist aus
feuervergoldetem Kupferblech von 2 mm Stärke. Seine Breite,
von einem zum andern Strahlenende gemessen, beträgt 88 cm;
vom Drehpunkt bis zur Spitze ist er ebenso hoch. In der
vertikalen Achse gemessen, beträgt seine Breite vom Mond-
ende bis Strahlenende 1,24 m. Der untere als Büchse oder
Gehäuse ausgebildete breitere Strahl ist halbkreisförmig aus-
getrieben, indes anderseits ein ebensolches Kupferblech auf-
genietet ist. In der so hergestellten Höhlung steckt bis über
die Hälfte ein von Blei umgebenes, 33 mm weites Eisenrohr
für den Dorn, die Führung des Sterns. Am unteren Ende
desselben, wo sein Drehpunkt gelegen war, ist ein abge-
faster, mittelst eines Bleimantels befestigter Verstärkungsring
angebracht. Oben an der Büchse befindet sich ein Loch,
in welchem, eingebleit, ein 10 cm langes konisches Kupfer-
röhrchen steckt, in welches zeitweise Schmieröl eingegossen
wurde. Der Öleinlauf ist durch einen Deckel mit Scharnier-
verschluss und Haken geschlossen. An einem der Strahlen
des Sternes ist die Jahrzahl 1561 und darunter, in der Kursiv-
schrift des 16. Jahrhunderts, der Name Christ. Hans Baidung2

8 Christoph Baidung war ein naher Verwandter des mit
unserm Münster so eng verknüpften Malers Hans Baldung-
Grien, nämlich der Sohn des bekannten Freiburger Oberst-
meisters Hans Baidung (gest. 1564/65), eines Neffen des Künst-
lers, und Schwiegersohn des Lehrers der Griechischen Sprache
an der hiesigen Hochschule Johannes Härtung, seit 1561 Satz-
bürger der Stadt und seit 1563 Besitzer des Hauses „zur weißen
Kanne" (jetzt Münsterplatz Nr. 14), geb. um 1535, gest. (10. Mai)
1576: aktenmäßig in seinen jungen Jahren ein ziemlicher
Tunichtgut.
 
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