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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 14.1918

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Kempf, Friedrich: Zwei kleine spätgotische Steinmetzarbeiten vom Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2400#0036

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Kempf, Zwei kleine spätgotische Steinmetzarbeiten vom Münster

haben und ist nach dessen Aufhebung ins Innere schon angedeutet, ist der Stein eine Stiftung und
des Münsters verbracht worden. Wenn, was bis jetzt zwar eine solche der Küferzunft „zum Oftinger".
nicht gelungen, festgestellt werden könnte, dass ein Die beiden gegenüberliegenden Wappenschilde zei-
Johannes Vogler, der zweifellos eine angesehene gen nämlich je zwei gekreuzte Werkzeuge, sog. Setz-
Persönlichkeit war, im Jahre 1487 gestorben ist, so geschirr, das in früherer Zeit bei den Küfern in
würde damit nicht nur unsere Annahme wesentlich Brauch war. Die Formgebung des leider schon
gestützt und die Lesung des einen etwas schwer zu etwas verstümmelten Steines, besonders der Über-
enträtselnden Wortes „starb" bestätigt werden, son- leitung vom Viereck ins Achteck, ist recht charakteri-
dern auch eine sehr erwünschte Ergänzung unserer stisch und geschmackvoll; im einzelnen geben die
Kenntnis von der einstigen Bestimmung des Steines Abbildungen, die keiner weiteren Erläuterung be-
liefern. Dass der Stein lange Jahre im Freien ge- dürfen, genügenden Aufschluss.
standen haben muss, dafür spricht auch seine heutige
Beschaffenheit, denn seine Oberfläche zeigt die Spu-
ren der Unbill des Wetters.

Die gediegene und eindrucksvolle Formgebung
sowie der eigenartige Charakter, der
dem Gegenstand durch seine Schlicht-
heit aufgeprägt ist, erinnern an ältere
Werke derselben Zweckbestimmung.
Schildform und Inschrift verraten in-
des, auch ohne die Datierung, die
Entstehungszeit der Arbeit. Das mit
geringen Mitteln hergestellte und den-
noch reizvolle Gebilde des Meißels ist
von solcher Wirkung, dass es für neue
Aufgaben als vorbildlich bezeichnet
werden kann. Seit langen Jahren trug
der Stein einem modernen Bedürfnis
Rechnung, indem er gelegentlich dazu
benützt zu werden pflegte, um in der
mit Wasser gefüllten Schale ein Birken-
stämmchen („Maien") aufzunehmen, mit
welchen das ganze Münster auf Fron-
leichnam geziert wird. Dadurch wer-
den die Bäumchen während der Oktav
frisch und grün erhalten. Nun ist das
Stück in der Sammlung verwahrt.

Der zweite in Abbild. 3 im Grundriss und Auf-
riss wiedergegebene Gegenstand ist ebenfalls sehr
wohl der Beachtung wert, weil er sich durch seine
Wappenbilder wiederum als Stiftung auszeichnet. Er
bildet einen der vier Untersatzsteine, in welche
die Stangen des Traghimmels (Baldachin) einge-
lassen werden, unter welchem der Priester mit
dem Allerheiligsten bei Prozessionen1 schreitet. Wie

,<V

Abbild. 3. Uniersatzstein für
den Traghimmel.

1 Der Himmel, speziell der des Münsters, diente in früherer
Zeit nicht nur kirchlichem Brauche, sondern auch weltlichen
Zwecken, so beim Einzug des Kaisers und anderer Fürsten in
die Stadt. Ein schriftlicher Beleg dafür findet sich in dem
zwischen der Regierung und Kammer in Tirol und des Bürger-
meisters und Rats der Stadt Freiburg gepflogenen Schriftwechsel
über den Ausbau der beiden Kaiser-Kapellen im Chorumgang
des Münsters vom Jahre 1568 (Originalschreiben im Statthalterei-

Archiv zu Innsbruck). Der Rat erhielt von der Regierung den
Auftrag, die zwei Kapellen unter Beizug „verständiger und ge-
schickter werkleute und personen" zu besichtigen und über die
noch fehlende Ausstattung einen Überschlag fertigen zu lassen.
Dem Rat schien diese Gelegenheit günstig, mit
der Vorlage des Anschlags gleichzeitig um die
Beschaffung eines neuen Himmels zu bitten, in-
dem er darauf hinwies, dass der alte, unter
dem schon verschiedene Fürsten in die Stadt
einritten, alt und abgebraucht sei. Die ein-
schlägigen Stellen des Schriftwechsels lauten
folgendermaßen: „. . . . als auch euer gnaden
und gunsten zweifelsone unverporgen, das der
himmel, darunder weiland kaiser Ferdinand etc.
hochlöblichster und seligster gedechtnus zum
zweitenmal, und jüngst die fürstliche durch-
laucht erzherzog Ferdinand zu Österreich etc.
unser aller gnedigst und gnedigste herren zu
irer majestät und durchlaucht landesfürstlichen
inritten, alhie empfangen worden, gar alt und
etwas zerprochen, welcher himmel auch jedes-
mal im beschehenen inritten von den kaiser-
lichen und der fürstlichen durchlaucht trabanten
und lakaien mit einer benannten summa gelts
gelöst werden müssen. Und aber in der
fabrik des obangeregten unser lieben frawen
münsters vermögen nit wol ist, ain anderen
und newen himmel, wie die notturft erfordert
und die fabrik sonst tun müessen, machen ze
lassen, so pitten euer gnaden und gunsten
wir ganz dienstlichen, sie wollen die Sachen
dahin richten und befürdern, das durch höch-
stermelte fürstliche durchlaucht unsern gne-
digsten herrn und landsfürsten us sondern gnaden ain anderer
und newer himmel in bemelt unser lieben frawen münster alhie
gemacht und verordnet werde. Wölches wir hinwider wie sichs
gebürt zu verdienen willig und bereit sein wollen. Datum
7. aprilis anno 1568." Der Rat erhielt hierauf Nachricht von
dem Bericht der Regierung und Kammer an den Erzherzog

Ferdinand. Die bezügliche Stelle lautet: ,.....Was und sovil

dann dem von Freyburg begerten himmel belangt, halten wir
gleichwol dasselb auch für ain schönes christliches werk,
aber dieweil, wie vorgemelt, das tyrolisch kamerwesen so hoch
und beschwerlich beladen, das inen disfalls nit geholfen werden
mag, so sieht uns in undertenigkeit für guet an, euer fürstlich
durchlaucht hatten an derselben hof ainen zuvorgemachten
himmel, den euer durchlaucht nit mer brauchten, möchten e. d.
inen denselben um der ehr gots willen geben und erfolgen
lassen. Doch stellen wir solches zu eurer fürstl. durchlaucht
gnedigstem willen und wolgefallen, dem wir das in undertenig-
keit nit vorhalten sollen etc. Innsbrugg am 8. julii anno 1568."
 
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