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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 15.1919

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Schmitt, Otto: Das heilige Grab im Freiburger Münster (Otto Schmitt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.2401#0010

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Schmitt, Das Heilige Grab im Freiburger Münster

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heute kein Platz mehr vorhanden ist. Wir haben
uns deshalb die Tumba ursprünglich tiefer und die
Innenfassade der Kapelle weiter vor, in das Seiten-
schiff hineingerückt zu denken. Die Behinderung
des Blickes in das „Frauenchörle" mag, wie Kempf
ansprechend vermutet, die Barockzeit veranlasst
haben, die Tie-
fenausdehnung
derKapelle nach

vorn zu be-
schränken und
die Fassade zu-
rückzuver-
setzen. Eine
solche Umge-
staltung würde
auch die für das
Jahr 1733 über-
lieferte große
Ausgabe von 375
Gulden für das

Heilige Grab
hinlänglich er-
klären. Dass das
Heilige Grab ur-
sprünglich ganz
vor der Wand
stand, ist eine
Vermutung, die
sich nicht bün-
dig beweisen
lässt. Man
könnte sich den-
ken, dass von
Anfang an eine

Wandnische
einen Teil des
Sarkophags und
der Figuren auf-
nahm; zum min-
desten wurde
wohl gleich die

Blendarkatur
der Seitenschiff-
wand beseitigt,
um einen glat-
ten Grund zu gewinnen.

In dem beschriebenen Raum steht, mit der Rück-
wand und den Seitenwangen fest an die Umfassungs-
mauern der Kapelle gerückt, der mächtige Sarkophag
von 1,09 m Höhe und 0,86 m Tiefe, vor dem somit
ein etwas schmälerer Gang (0,72 m) freibleibt. Die
Stirnseite der Tumba ist eingetieft bis auf einen nach
innen profilierten Rand, der fünf schlafende, in den

Freiburger Münsterblätter XV.

Abb. 5. Innere Ansicht der Heiliggrabkapelle.

verschiedensten Stellungen kauernde Krieger um-
rahmt (Abb. 6). Alle sind vom Kopf bis zu den
Füßen gerüstet, doch nicht zwei von ihnen gleich.
Der mittlere trägt einen vollständigen Maschenpanzer,
der auch noch den Kopf verhüllt und in einen Eisen-
helm mit umgebogener Spitze übergeht. Andere

haben dazu noch
Kniekacheln
oder ganze
Beinschienen,
zum Teil auch
Armplatten. Un-
ter dem Panzer
wird ein Waf-
fenhemd getra-
gen, das als
Röckchen bis
auf die Knie
herabreicht.
Von Waffen
kommen
Schwert, Dolch,
Lanze, Rund-
und Spitzschild

vor. Der
äußerste Wäch-
ter links stützt
sich auf einen

Turnierhelm,
sein Nebenmann
lehnt das lok-
kige Haupt auf
den abgenom-
menen Topf-
helm. — Den
Sarkophag be-
deckt eine vor-
springende
Platte, deren
Vorderkante
nach oben ab-
geschrägt, ge-
kehlt und mit
schönem Wein-
blatt und Trau-
ben ausgelegt ist.
An den Ecken springen zwei Löwenköpfe vor. Auf
der Deckplatte ruht lang hingestreckt, weit mehr
als lebensgroß (2,18 m), der Leichnam Christi, ein
Bild von erschütterndem Jammer und grausiger Ein-
dringlichkeit (Abb. 1). Den abgemagerten, knochigen
Körper umhüllt ein großes Tuch, das nur ein Stück
Brust mit der grässlich verkrusteten Seitenwunde
und einer viereckigen Vertiefung in der Mitte sicht-

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