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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 15.1919

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Schmitt, Otto: Das heilige Grab im Freiburger Münster (Otto Schmitt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.2401#0012

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Schmitt, Das Heilige Grab im Freiburger Münster

Dies ist der plastische Schmuck des Heiligen des Sarkophags, und zwar die Frauen, die drei Marien,
Grabes, soweit er sich heute noch an Ort und Stelle hinter dem Leichnam, die beiden Engel zu Häupten
befindet. Ursprünglich gehörten dazu noch fünf und zu Füßen. Eine von Kempf nachträglich auf-
weitere Figuren, die offenbar gelegentlich jener letzten gefundene Bildhauerrechnung aus dem Jahre 1612
großen Restauration von 1733 entfernt und dann über über kleine Ausbesserungen an den Grabskulpturen,
das ganze Münster zerstreut wurden. In den Taber- die zahlreiche Figuren nennt, bezeugt einwandfrei
nakeln einiger Chorstrebepfeiler standen bis vor ein die Richtigkeit seiner Anordnung, „denn der Bild-
paar Jahren vier in Größe und Stil übereinstimmende hauer unterscheidet in seiner Rechnung ausdrücklich
Statuen (roter Sandstein, Höhe 1,45 m, siehe Abb. 8), zwischen den untern und den obern Figuren, zwischen
drei Frauen und ein Engel, die bei der Wiederher- denen des Grabs und der Auferstehung"11. Dass eine
Stellung dieser Teile im Jahre 1910 herabgenommen derartige Verbindung des Leichnams Christi mit den
und im Münsterbauamt geborgen wurden13. Der Bild- drei Marien im H.Jahrhundert nichts ganz Außer-
hauer Ludwig Kubanek, dem die Ergänzung und gewöhnliches ist, können zwei plastische Darstellungen

Abformung der im
ganzen vortrefflich
erhaltenen Figuren
zufiel, erkannte zu-
erst ihre Zugehörig-
keit zum Heiligen
Grab und unternahm
in der Folge mit

Münsterbaumeister
Friedr. Kempf an
Hand von Gipsab-
güssen den Versuch
einer Rekonstruk-
tion, dessen erstes
Resultat durch eine

photographische
Aufnahme des Mün-
sterbauamts bildlich
festgehalten wurde.
Mittlerweile war das
Turmoktogon einge-
rüstet worden; dabei
entdeckte man unter
den Posaunenengeln
auf den Spitzen der

großen Eckfialen
eine von Wind und
Wetter etwas mitgenommene Figur, die unverkenn
bar Bruder und Gegenstück des am Chor wieder

Abb. 7. Kopf des Leichnams Christi auf dem Sarkophag.

des Heiligen Grabes

in Schwäbisch-
Gmünd und Ober-
wesel beweisen, die
jedoch, wie hervor-
gehoben sei, in kei-
ner Weise bestim-
mend für die Kempf-
sche Rekonstruktion
gewesen sind. Be-
sonders wichtig ist
das Heilige Grab in
der Schlusskapelle
des Chors der Hei-
lig-Kreuzkirche zu
Gmünd (Abb. 9),
weil es geradezu als
Replik der Freibur-
ger Komposition be-
zeichnet werden darf.
Zwar fehlt eine ar-
chitektonische Um-
rahmung vollständig,
aber der Aufbau des
Sarkophags, die Zahl
und Gruppierung
der Figuren stimmen
um so mehr überein. Auch in Gmünd ist Christus
langhingestreckt nach links aufgebahrt, eingehüllt in

gefundenen Engels vom Heiligen Grab darstellte ein großes Tuch, das den Kopf bedeckt, aber das

(Abb. 13). Auch sie wurde herabgenommen und ihr Gesicht freilässt. Die Brust ist nackt, so dass die

Abguss der Kempfschen Rekonstruktion hinzugefügt, Seitenwunde sichtbar wird. Die Beine sind bis zu

wo sie Bild und Komposition aufs glücklichste er- den Knöcheln bedeckt; man vergleiche auch Lage

gänzt und abrundet (Abb. 6). Danach gehören die und Ausbildung der Füße. Die Hände liegen wieder-

fünf Statuen unmittelbar zu dem toten Christus im um auf dem Leib, sind aber gekreuzt. Beide Male

Innern der Kapelle; sie standen auf der Deckplatte ist die obere Vorderkante der Tumba ausgekehlt und

mit Blattwerk geschmückt. Wieder umstehen den

dem Heiligen Grab eine Bestätigung unserer Ableitung von der
uralten Darstellung der Frauen am Grab sehen.

13 Vgl. Unser Lieben Frauen Münster zu Freiburg i. Br.,
herausgegeben vom Freiburger Münsterbauverein. Freiburg
1896 Tafel 18 und 19.

Leichnam die drei Marien und zwei rauchfass-
schwingende Engel, allerdings nicht auf der Deckplatte

11 Abgedruckt a. a. O. S. 3.
 
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