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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0121

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selbst in den (distalen oder proximalen) mehr passiven Bereich des secundär vergrößerten
Muskels zu liegen ')•

Ist diese Erklärung richtig, so wird man bei hoch entwickelten Mukeln aus der Stelle des
Nerveneintrittes ablesen können, in welcher Richtung das secundäre Wachsthum des Muskels
vorwiegend erfolgte. Und ist es erlaubt, aus diesen wenigen Befunden einen allgemeinen Schluss
zu ziehen, so lässt sich vielleicht sagen, dass bei schnell und nicht gleichmässig vor sich gehenden
Differenzirungen der (pleiomeren) Muskeln der geometrische Mittelpunkt als Eintrittsstelle des
Nerven nicht gewahrt bleibt, bei langsamer und gleichmässiger erfolgenden Wachsthumsvorgängen
dagegen sich erhält und schliesslich bei allen Veränderungen der Muskeln im Laufe langei Zeiten
sich herstellen kann. Doch möchte ich diese Verallgemeinerung zunächst nur als einen vorsichtig
ausgestreckten Fühler betrachten. Auch hier ist noch erforderlich, viel zu untersuchen, bevor
Mir zu sicheren Ergebnissen gelangen können.

(Jap. 10. V!iri ir ung'en der Muskulatur.

A. Einleitende Bemerkungen.

Handelte das vorhergehende Capitel von den innigen und zugleich constanten Relationen, die
Nerv und Muskel verknüpfen, so sollen in diesem einige mehr veränderliche Beziehungen der
Muskulatur besprochen werden.

Bekanntlich giebt es wenig Systeme des thierischen Körpers, die in gleich hohem Grade zu
Variirungen neigen wie das Muskelsystem. Wegen der hohen Activität und Reactionsfähigkcit
der es zusammensetzenden Elemente ist sein Kampf mit der Umgebung ein besonders lebhafter
und dem entsprechend sind die Anpassungen, die es erwirbt oder erleidet, auffallend ausdrucks-
volle. Dieselben können in nicht seltenen Fällen durch fortgesetzte, bald schneller bald langsamer sich
vollziehende Summirungen der successiven Umbildungsphasen so weit gehen, dass der Muskel oft
sein ursprüngliches Gesicht ganz verliert und nach seinen Familienbezielmugen gar nicht zu
erkennen wäre, wenn uns nicht die Vergleichung und namentlich das Verhalten seines Nerven,
der von diesen Anpassungen natürlich auch betroffen, aber viel minder sichtbar beeinflusst wird,
als sicherer Leitfaden diente.

Die Muskelvarietäten haben seit den ältesten Zeiten das Interesse zahlreicher Untersucher ge-
fesselt und die Litteratur über dieselben ist eine sehr umfangreiche. Selbstverständlich ist es
die menschliche Anatomie, auf deren Gebiete die Mehrzahl dieser Varietäten beobachtet wurde.
Die auf den Praeparirsälen sich der Untersuchung darbietende Fülle an Material, sowie der
Umstand, dass, wie es scheint, der Mensch als Cultur-Säugethier ganz besonders zu Variirungen
disponirt, erwiesen sich diesen Beobachtungen besonders günstig. Was dem gegenüber in der
thierischen Anatomie an Variirungen beobachtet wurde, kommt nicht in Vergleich. Doch finde
ich auf Grund einiger Untersuchungen an verschiedenen Wirbelthieren, dass auch hier eine nicht
zu unterschätzende individuelle Variabilität existirt, und ich bezweifle nicht, dass fortgesetzte und
über ein reiches Material verfügende Arbeiten auf diesem Gebiete die Angaben von der relativ
grossen Constanz der Muskulatur bei wilden Thieren gegenüber dem Menschen und anderen
Hausthieren (vergl. u. A. auch Dobson) einigermaassen modificiren werden.

]) Die Innervation der so entstandenen Muskelfasern geschieht hierbei durch Nervenfasern, die in der Regel von
den intramusculären End Verästelungen der Nerven ausgebildet werden. — Natürlich ist auch die Möglichkeit vor-
handen, dass das Wachsthum des Muskels auf beiden Enden mit gleicher Intensität vor sich geht. In diesen Fällen
wird der geometrische Mittelpunkt gewahrt bleiben. — Ob auch schnelle Verkleinerungen der Muskulatur zu ent-
sprechenden Veränderungen der Stelle der Nerveneintrittes führen können, ist mir auf Grund eigener Untersuchung
unbekannt. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen.
 
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