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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0356

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Der Circus des Romnlns In Rom, gewöhnlich der des

Caracalla genannt.

Da uns vollständig erhaltene Monumente von Circus fehlen, so ist unsere Kenntniss derselben noch
eine beschrankte; wir müssen um sie zu studiren einige römische Münzen zu Hülfe nehmen, auf denen
sich mehrere Darstellungen von Cirken finden. Wenn man diese Darstellungen mit den seltenen noch
vorhandenen Resten solcher Anlagen vergleicht, so ergieht sich, dass sie beinah alle auf dieselbe Art
angeordnet waren. Sie waren im Allgemeinen viel langer als breit, an dem einen Ende im Halbkreis
geschlossen, an dem anderen in einer wenig gekrümmten Linie, deren Mittelpunkt zuweilen etwas ausserhalb
der Längenaxe des Circus liegt. Von aussen betrachtet werden die Circus sich in mehreren Stockwerken
von Bogenstellimgen erhohen haben, die die Galerien und Zugänge zu den amphitheatralisch über einander
emporsteigenden Sitzplätzen der Zuschauer enthielten.

Die Circus bestanden hauptsächlich aus drei Theilen, aus der Arena, aus den Sitzen der Zuschauer
und aus den Carceres. Die Arena war der Platz, auf dem die Spiele des Circus ausgeführt wurden.
Sie war von den Gradinen oder Sitzstufen der Zuschauer umgeben, die sich hinter einander erhoben.
Diese waren an beiden Seiten gleichlaufend mit der Längenaxe des Circus angeordnet und setzten sich
an seinem halbkreisbogigen Schlüsse bis zu den Mauern eines grossen Thores fort. Die Münzen lassen
uns nicht erkennen, ob die Circus in der Höbe der obersten Sitzstufe eine bedeckte Galerie als Zufluchtsort
der Zuschauer bei eintretendem Regenwetter hatten oder nicht.

Die Carceres waren bedeckte Standorte für die Wagen, die an dem Rennen Theil nahmen. Sie waren
dem halbkreisbogigen Schlüsse des Circus gegenüber in einer Kreisbogenlinie von bedeutendem Radius
erbaut, deren Centrum, wie schon oben bemerkt, nicht in der Längenaxe der Arena, sondern etwas zur
Seite und vor dem Anfang der sogenannten Spina lag, damit sämmtliche Wagen, die am Rennen Theil
nahmen, so viel als möglich eine gleich lange Strecke zu durchfahren hatten. — Die Spina war eine in
einem Theile der Längenaxe der Arena errichtete kleine Scheidemauer, die die Breite der Rennbahn
bestimmte und mehrere vorher bestimmte Male umfahren werden musste. Sie war, wie uns die Münzen
zeigen, mit mehreren Aediculen oder kleinen Tempelchen und anderen Monumenten geschmückt, von denen
einige nur für die Zeit der Spiele auf derselben ihren Platz fanden. Diese Tempelchen scheinen grössten-
teils zur Aufstellung von Altären, von Statuen, von Votivmonumenten gedient zu haben, wurden aber
immer in der Mitte der Spina von einein ägyptischen Obelisken an Masse und Höhe überragt. An jedem
Ende der Spina erhob sich ein kleiner isolirter Bau für sich, dessen Gipfel drei Pyramiden von konischer
Form bildeten; man nannte sie Meine. Der einzige Zweck dieser Grenz- und Marksteine war zu erkennen,
wer von den Wettfahrern nach mehrmaliger Durchmessung der Fahrbahn der Erste am Ziele und Sieger
sei. Bei diesem Wettstreite hatten die Concurrenten die Spina und Metae immer zur Linken und ihre
Geschicklichkeit bestand darin, so kurz als möglich an den Enden der Spina und ohne den Wagen an
der Meta zu zerbrechen umzubiegen, um den zurückzulegenden Weg abzukürzen.

In der Mitte der Carceres befand sich ein Thor, das durch seine Dimensionen mit dem an dem
anderen Ende des Circus correspondirte. Diese beiden Thore dienten ganz besonders als Eingang und
Ausgang der pompn eircensis. Thürme von verschiedener Gestalt, oft mit Quadrigen auf ihrem Gipfel
geschmückt, erhoben sich an den beiden Enden der Carceresreihe, wo man noch besondere Nebeneingänge
zur Arena angelegt hatte. Der Platz des Kaisers (jmdvinar) während der Spiele war an einer der Lang-
seiten des Circus und fast der Meta gerade gegenüber, die der Sieger erreichen musste. Es war dort
auch der Platz für den Prätor, der mit einem Tuche {mappa) das Zeichen zum Anfang der Spiele gab.
Das podiinn war ein auf der Höhe der die Arena einschliessenden Mauer reservirter Platz zur Aufnahme
der Priester, der Vestalinnen, der Senatoren und anderer Würdenträger. Zwischen diesem Platze und der
Arena war aber manchmal noch ein Zwischenraum {earvpnt) gelassen, um diese Zuschauer vor etwaigen
unglücklichen Zwischenfällen der Spiele und der Kämpfenden zu sichern.

Dies war höchst wahrscheinlich die Hauptanordnung der Cirken, wir sagen wahrscheinlich, weil
keins dieser Gebäude in vollständiger Unversehrtheit auf uns gekommen ist. Man musste, um von ihnen einen
allgemeinen Begriff zu erhalten, zu ihren Darstellungen auf Münzen seine Zuflucht nehmen, die uns jedoch
über alle Punkte nicht aufklären können. Das seltene Vorkommen ihrer Ruinen könnte zu der Meinung
verleiten, dass solcher Bauanlagen im römischen Reiche nicht sehr viele gewesen seien, indessen wissen
wir doch, dass es deren fünfzehn in Rom und deren auch in Frankreich, in Spanien, in Afrika und sogar
in Klein-Asien gab, in welchen Ländern man noch jetzt sehr wichtige Spuren solcher Anlagen sieht.

Denkmäler der Baukunst. CXXVI1. Lieferung.

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