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Die Gartenkunst — 2.1900

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Schoch, Gottlieb: Der Schloßsgarten zu Schwetzingen und Ludwig von Skell
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DIE GARTENKUNST

2]

Klassische Stätten der Gartenkunst

Der Schlofsgarten zu Schwetzingen und Ludwig von Skell.

Von G. Schoch, städt. Gartendirektor in Magdeburg.
(Hierzu 1 Plan und 5 Abbildungen.)

Bei klarblauem Himmel, im hellsten Sonnenschein,
der Pflanzenschmuck, Wiesen und Wald, nach vielen trüben
regnigten Tagen im frischesten Grün, von Lindonblütenduft
die Luft erfüllt, so empfing im schönsten Gewände der
Schwetzinger Park die Scharen der deutschen Garten-
künstler, welche von Mannheim aus in diesem Sommer beim
Tagen der Hauptversammlung ihre Schritte hierher lenkten.
Es galt den Spuren eines Ludwig von Skell an dieser
klassischen Stätte nachzugehen, eines Gartenkünstlers,
welcher der Entwickelung unserer deutschen Gartenkunst
die Richtung gewiesen, dessen Gröfse aber am Ursprung
seines Wirkens nicht mehr gekannt zu sein scheint, denn
jede Fühlung mit Skellscher Art ist den gartenkünstlerischen
Neuschöpfungen der gesegneten Rheinebene zu deren
eigenem Nachteil verloren gegangen. Umsomehr ist es
Pflicht, auf die Bedeutung Skells immer wieder hinzuweisen
und zum Studium seiner Werke anzuregen.

Für das Skellsche Schaffen hat Schwetzingen noch ganz
besondere Bedeutung. Hier war er aufgewachsen, da sein
Vater Hofgärtner des Kurfürsten Karl Theodor war, und
hier hatte er bis zu seinem 20. Jahre den für seinen
Lebenslauf vorbereitenden Unterricht empfangen, bei dem
auch die Baukunst und Landschaftsmalerei Berücksichtigung
fand. Und hier war es, wo er nach zweijähriger Lehrzeit zu
Bruchsal, einjährigem Aufenthalte in Paris und vierjährigem
in England, sein erstes Werk schuf, das seinen Ruf als
Gartenkünstler verbreitete. Bei dieser ersten Bethätigung
selbständigen gartenkünstlerischen Schaffens begann unter
dem Einflufs der deutschen Natur die eigenartige Ent-
wicklung seiner Arbeitsweise, bei der er bald aus den vom
Auslande mitgebrachten Formen herauswuchs.
Die Ausbildung Skells fiel in eine Zeit, in der zwei völlig ent-
gegengesetzte Richtungen bei den Gartenschöpfungen sich
befehdeten und um den Vorrang stritten. Bisher hatten
die Kunstgärten ihre Formensprache ausschliefslich der
Architektur entlehnt und in die regelmäfsigen Gestalten
derselben auch die freien Bildungen der Natur eingezwängt.
In den französischen Lenotreschen Schöpfungen hatte
diese Bildungsweise ihren Höhepunkt in künstlerischer
Hinsicht erreicht. Inzwischen hatte jedoch das Naturstudium
jeder Art ganz bedeutende Fortschritte gemacht. Ins-
besondere war parallel mit der Entwicklung des regelmäfsigen
Gartenstils die Entwicklung der Landschaftsmalerei erfolgt
und hatte beim Auftreten Lenotres in Werken wie die eines
Claude Gellee (Lorrain) und eines Jacob van Ruisdael
ganz aufserordentliche Bedeutung und Selbständigkeit
erreicht. Durch diese Fortschritte waren die Augen der

Die Gartenkunst.

Gebildeten für die freien Schönheiten der Natur geöffnet
worden und das Verlangen erweckt, die ursprünglichen
Formen derselben auch in den Gärten zu besitzen.

Unter der Regierung des Kurfürsten Karl Theodor
(seit 1742) war in Schwetzingen ein Garten im Lenotreschen
Sinne jedoch in eigenartiger Anordnung nach einem Plane
Pigages, eines aus Nancy gebürtigen Architekten, mit den
zugehörigen Baulichkeiten entstanden. Bei seinei*Rückkehr
aus England (1777) brachte Skell die Kenntnis von der
dort zuerst ausgeübten malerischen Bildungsweise der Gärten
mit. Er legte alsbald den sogenannten englischen Garten
in einer langgestreckten Fläche von 11 Morgen Gröfse auf
der Nordostseite des Gartens an (siehe g auf dem Plane).
Er war zum Arboret bestimmt und daher mit einem der
Waldbotanik gewidmeten Tempel geschmückt. In ver-
hältnismäfsig schmalem Bande umfassen die weiteren von
Skell geschaffenen Anlagen den regelmäfsigen Hauptteil im
Südwesten, Westen bis Norden. Schliefslicb erstreckte sich
seine umgestaltende Thätigkeit auch auf den regelmäfsigen
Hauptteil. Ohne die regelmässige Gliederung im Grundrifs
irgend anzugreifen, beschränkte er sich hier auf das Ent-
fernen alles Kleinlichen und Spielerischen unter Schonung
der grofsen momumentalen Formen.

Die leitenden Gedanken für die von Skell geschaffenen
Teile sind leicht zu verstehen. Im „englischen Garten"
sollte er das erste Beispiel der neuen gartenkünstlerischen
Bildungsweise nach Vollendung seiner Auslandsstudien
dem Landesherrn vor Augen führen, gleichzeitig war hier
Gelegenheit, die vielen neuen Gehölzformen des Auslandes,
besonders Nordamerikas, in freier Entwickelung vorzuführen,
wozu im französischen Garten die Möglichkeit fehlte. Mit
Bezug hierauf wurde dieser Scene der Tempel der Wald-
botanik als beherrschender Schwerpunkt gegeben.

Gleichzeitig oder bald danach entstand in allzugrofser
Nähe des Tempels die Römische Ruine, deren Bau durch
die Nähe des Wasserwerks veranlafst, die Reste einer alt-
römischen Wasserleitung darstellen sollte. Sie zeigte noch
einen wirklichen Wassersturz und gewährte vom Turm
einen Ausblick in die umgebende Landschaft.

An der anderen Seite regte dann die Mpschee mit
ihren der Ortlichkeit fremden, aber dennoch malerischen
Formen an, das anliegende Gelände im neuen malerischen
Sinne übereinstimmend auszubilden. Ein kleiner See,
der in seiner breiten Fläche die aufstrebenden Baumassen
wirkungsvoll spiegelte, wurde in tadelloser Zeichnung davor
angebracht und mit umrahmenden Gruppen versehen. Der
gewonnene Erdboden wurde zur Bildung einer mannigfach
gegliederten Anhöhe benutzt, welche für den Standpunkt
vor der Moschee das Bild abschlofs und mit der künstlichen
Ruine des Merkurtempels besetzt wurde. Diese Ruine gab

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