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Die Gartenkunst — 4.1902

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Meinungsaustausch
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0022

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IV, 1

18

die sich in diesen Verkehrsstrafsen auf den Baumblättern
niederschlägt und somit wohl zum eisten Mal den Pflanzen
einen Nutzen gebracht hat. Im vorigen Jahre machten sich die
Käfer in Paris gegen Ende des Monats April- nach 4 warmen
Tagen bemerkbar, die die Blattknospen gesprengt hatten. Bald
darauf landen sich diese von zahlreichen Löchern durchbohrt,
die auf die ausgewachsenen Käfer zurückzuführen waren.
Einen Monat später zeigten sich die Eier des Insekts, die in
Häufchen von 15—20 auf der Aufsenfläche der Blätter in 2
oder 3 Reihen angeklebt waren. Sie sind von flaschenähn-
licher Form und citronengelber Farbe. Anfang Juni erschienen
die ersten Larven von 1 mm Länge, mit schwarzen Haaren
bedeckt. Am 20. Juni war elterliche Generation gänzlich
verschwunden, und jetzt arbeiteten die Larven an der Zer-
störung dessen, was noch vom Blattgrün übrig geblieben
war. Die Zerstörung der Blätter ist eine so eigentümliche,
dafs ein Blatt, auf dem die Galeruca gehaust hat, auf den
ersten Blick zu erkennen ist. Die Blätter werden nicht völlig
durchbohrt, sondern es bleibt eine zarte Haut übrig, die bald
durch Austrocknung braun wird. Die Larve häutet sich mehrere
Male,- bis sie eine Länge von 7 nun erreicht und eine mehr
und mehr gelbe Farbe angenommen hat. Schliel'slich lassen
sich die Larven zu Boden fallen, graben sich dort ein und um-
hüllen sich mit einem gelblichen Gewebe. Nach einer Woche
kommt der erwachsene Käfer aus der Erde und begiebt sich
nun seinerseits wieder auf die Bäume hinauf, um alles an Laub
zu zerstören, was die Maden noch übrig gelassen haben. Sie
zerfressen die Blätter vollständig und hören mit ihrem Zer-
störungswerk nicht eher auf, bis die Winterkälte sie vertreibt,
also in Paris bis zum Ende des Monats November. Dann be-
ziehen die Käfer ihre Winterquartiere in Speichern und andern
unbewohnten Räumen, wo sie sich unter Gehölz zusammen-
finden, andernfalls verkriechen sie sich in irgend welche Schutz-
winkel oder unter dürres Laub. Dort überdauern sie die kalte
Jahreszeit, um mit den ersten schönen Tagen des Frühjahrs
wieder zu erwachen. Die Zerstörung des Insekts ist sehr
schwierig. Man hat dagegen empfohlen: Schwefelsäure,
Petroleum und Seife, Formol, Tabaksaft u. s. w. Gegen die
Larven sind diese Mittel auch wirksam, aber nicht gegen die
Eier, ebensowenig gegen die Käfer. Die Anbringung von
Leimringen um den Stamm ist ganz nutzlos. Man könnte
bessere Erfolge erzielen, wenn man unter den Baum eine Lage
von Moos oder Heu ausbreitete, wohin sich die Maden, nach-
dem sie von dem Baum gefallen sind, zurückziehen würden
und mit dem sie dann zu verbrennen wären. Das Einfachste
wäre noch, die erwachsenen Käfer von den Zweigen zu
schütteln und auf ausgebreiteten Tüchern aufzufangen. Ausser-
dem mül'sten ihre winterlichen Schlupfwinkel aufgesucht
werden, im besonderen wäre alles abgefallene Laub zu ver-
brennen.

Meinungsaustausch.

Architekten und Gartenkünstler.

Die Veranlassung zu den nachfolgenden kurzen Aus-
führungen giebt mir eine Notiz der Saalezeitung vom 18. Okt.
v. J.: Im Kunstgewerbe-Verein zu Halle a S. erhielt Herr
Professor Di-. Jaro Springer—Berlin das Wort zu seinem
Vortrag über „Gartenkunst" verbunden mit Vorführung
von Lichtbildern. Der Vortragende erläuterte an der Hand
einer grofsen Anzahl von Lichtbildern die Entwickelung der

Gartenkunst von den ersten Anfängen im Mittelalter bis zu
den grolsartigen Aulagen der italienischen Renaissance, die sich
in Florenz und Rom zum Teil mich erhalten haben. Kr führte
sodann eine Reihe von Gartenanlagen, namentlich aus
Frankreich, Holland und Deutschland aus der Zeit des 17. und
18. •Jahrhunderts vor, welche den aus Italien herüberge-
nommenen Grundgedanken aufweisen, die Gärten mit den
anschliefsenden Gebäuden in Einklang zu bringen, und zu
diesem Behufe strengere Formen und Linien, insbesondere
geradlinige Wege und nach strengen .Regeln beschnittene
Bäume und Sträucher aufweisen. Ferner behandelte der Vor-
tragende den Umschwung, den die Gartenkunst im Anfang
des 19. Jahrhunderts durch die englische Gartenkunst erfahren
habe, die freiere Anlagen nach rein malerischen Gesichts-
punkten vorziehe. Er schlofs mit der Vorführung eines Licht-
bildes der Gartenanlage des Fürsten Pückler in Muskau. Nach
der Ansicht des Vortragenden habe die Gartenkunst in
Deutschland an dem Aufschwung der übrigen Künste
sehr wenig teilgenommen, da unsere Gärtner in erster
Linie Botaniker und Obstzüchter und sehr selten
Künstler seien. Er empfahl, dafs die Architekten mehr wie
seither bestrebt sein sollten, der Gartenkunst ihre Aufmerk-
samkeit zuzuwenden und die Gartenkunst, wie zur Zeit der
französischen Anlagen, mehr in Übereinstimmung mit den
Gebäuden bringen sollten. Namentlich sei dies zu empfehlen
in kleinen Gärten. Vorgärten und dergl., die direkt an gröfsere
Gebäude anschliefsen. Zum Schilds sprach Redner den Wunsch
aus, dafs namentlich von seiten der Stadtverwaltungen der
Gartenkunst gröfsere Beachtung geschenkt würde, da nament-
lich die Beschaffung schöner Anlagen in den Städten dafür
Ersatz bieten müsse, dal's insbesondere in den Grofsstädten so
wenig Gelegenheit geboten sei, die Schönheiten in der Natur
aus eigener Anschauung kennen zu lernen. An den Vortrag
schlofs sich eine lebhafte Debatte. —

Die Thatsache, dafs sich die Kunstgewerbevereine mit der
Gartenkunst beschäftigen, ist eine recht erfreuliche, ist doch
lange genug die Gartenkunst als Aschenbrödel neben den
bildenden Künsten hergegangen, vom grofsen Publikum unbe-
achtet und von den Gebildeten unterschätzt. Das hat auch
der Vortragende — nach dem Zeitungsauszug — anerkannt
und sucht als Grund dafür vorzubringen: „Unsere Gärtner sind
in erster Linie Botaniker und Obstzüchter und sehr selten
Künstler." Es ist nun bekannt genug, wie vielfach unter dem
Sammelnamen Gärtner die Vertreter des Gartenbaues und der
Gartenkunst zusammengeworfen werden, eine Thatsache, die
daraus entspringt, dafs einmal zu gartenkünstlerischem Schaffen
ein gut Teil botanisches Wissen und eine gründliche Kenntnis
•des pflanzlichen Materials und seiner Wachstumsbedingungen
gehört. Sodann werden von vielen Pflanzenzüchtern jeder
Art „nebenher" Gartenanlagen gemacht, die freilich oft genug
wider die Anforderungen des guten Geschmacks verstofsen,
wie denn kaum in keinem anderen Gebiete der Dilettantismus
so blüht als in der Gartenkunst. Aber das giebt es auch auf
alliieren Gebieten. Ich erinnere nur an die Malerei! Man sehe
sich ferner die zahlreichen Geschmacklosigkeiten an, welche
die Fassaden vieler Häuser aufweisen! Wird irgend jemand
dafür die wirklichen Baukünstler verantwortlich machen wollen'.'
Schliel'slich kommt noch hinzu, dafs infolge der Geringschätzung
des Gartens bei vielen Neuanlagen die Mittel für den wirklichen
Kunstgarten fehlen, da der Hausbau alle zur Verfügung
stehenden Mittel erschöpft hat, so dals die Gartenkunst sich
viel weniger frei bewegen kann als Baukunst und Plastik.
Deshalb ist es ein Irrtum, den Gärtnern allein die Schuld an
dem hie und da mangelhaften Zustande der Gärten beimessen
 
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