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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [2]
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Fintelmann, Axel: Der Jardin des Plantes in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0033

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24

DIE GARTENKUNST

Über das bei den bereits erwähnten Festlichkeiten von
1722 ebenfalls in Verwendung gezogene Schlofs-Berg am
Starnberger See kann ich wenig Nachricht bringen. Schlofs
und Garten haben in jenen Jahren wohl untergeordnete
Bedeutung gehabt, und es war wohl der See und die Ver-
gnügungen, die er bot, welche Berg damals anziehend
machten. Der jenen Pesttagen beiwohnende Augustinerpater
Pierre de Bretagne schildert den Sehlofsgarten Berg,
nachdem er das nie dagewesene Schauspiel der Hirschhetze
im See in glühenden Farben gemalt, welcher man vom berühm-
ten Bucentaurus und der kloinen Flottille aus zuschaute, in
folgender Weise, wobei die Übertreibung des meeresgleichen
Sees ergötzlich ist: „Das Parterre besteht aus zwei Stücken
Broderien, Wasserwerken mit Rasen umgeben und grofsen,
übereinanderstehenden, mit Linden bepflanzten Terrassen,
von wo aus man den ganzen See überblickt, welcher bei
besonders starkem Winde eine Idee von dem Meere giebt,
denn er scheint seine Wellen bis in die Wolken zu erheben
und bildet Berge und Abgründe von Wasser etc. etc."

Von dem uns heute erfreuenden schönen Buchenwalde
nahm man damals wohl wenig Notiz. —

Es wird dem Zusammenhange der Schilderung keinen
Abbruch thun, wenn wir die Jahre übergehen, in denen
das Interesse an der Schönheit der alten, prächtigen Gäl ten
mehr und mehr herabsank, und die neue Zeit mit der er-
wachenden Liebe zur Natur ihre Existenz vollends auf's
ernsteste bedrohte.

Ich möchte aber nicht unterlassen, daraufhinzuweisen,
wie unberechtigt die hie und da laut werdenden ab-
fälligen Beurteilungen dieser alten symmetrischen An-
lagen sind.

In den grofsen Parterres erzeuge die durch nichts
energisch unterbrochene Fläche, besonders die der platz-
artig verbreiterton Wege, das Unbehagen des Uferlosen,
und das geebnete Terrain biete dem im Sonnenschein
schmachtenden Besucher oft keine Gelegenheit, das kunst-
volle Arrangement mit Genufs zu überblicken. — Nun ja!
Der Zweck war eben ein anderer. Nicht zum einsamen
Promenieren, sondern zur Entfaltung eines vorgeschriebenen
Ceremoniells sollten diese Gartenteile dienen und überdies
einen grofsen Vordergrund sowohl für den Anblick zum
als den Ausblick aus dem Schlosse bieten.

Wie weit, weit mehr als dem 19., mufste es dem
18. Jahrhundert ferne liegen, Rücksichten auf das Gefallen
gelegentlicher Besucher an diesen Anlagen zu nehmen, da
sie doch der hochgestellte Besitzer für sich, seinen Hof-
staat und seine Gäste schuf.

In wie vollendetem Mafse sie ihre Aufgabe erfüllt
haben, wird uns trotz unserer geänderten Anschauungen
der Blick von einer erhöhten Terrasse, einer Freitreppe oder
gar aus den Fenstern der Schlösser selbst zur Genüge
darthun, sobald unsere Phantasie den reich geschmückten
Plan mit der Fülle der geputzten Figuren zu beleben weifs,
die hier mit grofsem Anstände und vieler Grandezza einst
stolzierten.

Freilich lange hat die Freude an diesen Gärten nicht
gedauert.

Gerade als die sich von Jahr zu Jahr steigernde

Wirkung der heranwachsenden Kulissen die Schöpfungen
fertiger und vollkommener erscheinen liefs, noch lange vor
Ende des Jahrhunderts, in dem die meisten von ihnen ent-
standen, war man besonders der ewig gleichen Alleen des
Parkes, denen man nicht entrinnen konnte, gründlich satt,
und sie fielen vielfach mit Fug und Recht dem allgemeinen
Mifsvergnügen zuerst zum Opfer.

Uns, denen die Hecken und Alleen nur noch selten
begegnen, bieten sie vielfach den Reiz des Ungewohnten
und dos Altehrwürdigen neben der beabsichtigten Kunst-
wirkung mit der einzig ihnen innewohnenden Stimmung

(Fortsetzung folgt.)

Gärten des Auslandes.

Der Jardin des Plantes in Paris.

Vortrag, gehalten in der Sitzung des Vereins deutscher
Gartenkünstler am 9. Dezember 1901
von A. Fintelmann, Stadt-Garteninspektor.
(Hierzu der Plau S. 27.)

Wer im vergangenen Jahre Paris gelegentlich der
Weltausstellung besuchte, der wird es nicht verabsäumt
haben, auch dem weltberühmten, inmitten der Stadt an
der Seine oder am Quai St. Bernard gelegenen Jardin des
Plantes seine Aufwartung zu machen.

Der Jardin des Plantes war ursprünglich ein reiner
Medizinal-Garten, er wurde — ich folge hierbei den Mit-
teilungen des vorzüglichen Meyerschen Reisehandbuches
„Paris und Nordfrankreich, herausgegeben vom Biblio-
graphischen Institut, Wien und Leipzig" — im Jahre 1626
von den Leibärzten König Ludwigs XIII., d'Herouard und
Guy la Brosse, angelegt und erhielt die Bezeichnung „Jar-
din royal des herbes medicinales" — Königlicher Garten
der Arzneipflanzen. Buffon, welcher im Jahre 1739 zum
Direktor ernannt wurde, gestaltete den Garton derartig zu
einem wirklichen botanischen Garten um, dafs er vorbild-
lich für alle in ganz Europa angelegten botanischen Gärten
und nachmals, wenn wir von dem noch in der Entstehung-
begriffenen Berliner botanischen Garten absehen, nur über-
troffen wurde hinsichtlich seiner Gröfsenverhältnisse und
reichhaltigen Sammlungen durch den berühmten botanischen
Garten in Kew bei London. Im Jahre 1792 wurde Bernar-
din de Saint-Pierre Direktor und unter seiner Leitung
durch Dekret des Konvents vom 10. Juni 1793 der Garten
zum „Musee d'histoire naturelle" mit Tiersammlungen er-
weitert. Von dieser Zeit an erweiterte sich der Garten
zusehends: namhafte Geschenke wurden ihm von Napoleon I.
und Alexander von Humboldt überwiesen, welch letzterer
namentlich Herbarien aus den Tropen mit mehr als 3000
unbekannten Spezies zur Verfügung stellte. Karl X. wies
kurz vor seinem freiwilligen Verzicht auf den Thron (1830)
2'/a Millionen Vr. zur Ausführung von Neubauten an und
bekundete damit auch seinerseits ein weitgehendes Inter-
esse an der Erweiterung und Vervollständigung des Gartens.

Ein besonderes Augenmerk richtete man darauf, mit
Hille dieser reichlich bemessenen Mittel die verschiedenen
 
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