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Die Gartenkunst — 4.1902

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Frahm, G.: Straßenbäume für rauhe Lagen
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Luedtke, Hermann: Die Platane kein Baum für rauheres Klima
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0079

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DIE GARTENKUNST

etwas Deckung 'hatten, bleiben bei der betreffenden Wind-
richtung verschont, verfallen dem Windschlag jedoch, sobald
der Sturm etwas umspringt. Diese gänzliche oder teilweise
Zerstörung des Blattwerkes hat natürlich eine sehr schäd-
liche Saftstockung zur Folge und können nur wenige
Baumarten solche Gewalt gesund überstehen.

Für rauhe, zugige Standorte ist, wenn genügend Raum
vorhanden, daher die Ulme, namentlich die holländische
der gegebene Baurn; diese hat sich hier an der Westküste
durchaus bewährt und ist bis an die dänische Grenze hinauf
in vielen Tausenden angepflanzt.

Die neuere Ulmus Gauyardii macht nicht so breite
Kronen, sondern hat einen mehr aufrechten Wuchs, wird
sich also auch da pflanzen lassen, wo wegen Vorgärten etc.
eine nicht so breite Krone erwünscht ist.

An solchen Standorten, wo nur Bäume von mittlerer
Gröfse erwünscht sind, möchte ich Sorbus intermedia
(scandica) empfehlen; derselbe hat dunkelgrünes gelapptes
Blatt mit weifslicher Unterseite, ziemlich grofse Blumen-
dolden und orangenrote Beeren, hält auch das Laub bis spät
in den Herbst. Gegen rauhe Lage und dürftigen Standort
ziemlich unempfindlich, wächst er auf besserem Boden
natürlich flotter. Hier an der Westküste stehen stellenweise
Bäume von Sorbus intermedia, die den ganzen Windschlag
von der See auszuhalten haben, aber trotzdem gesunde
und gut geformte Kronen bildeten. In besserer Lage bei
Hamburg ist eine Allee von Sorbus intermedia gepflanzt,
welche man in einiger Entfernung für Tilia tomentosa hält,
da die runde dichte Krone und der weifse Schimmer der
Unterseite diese Täuschung sehr unterstützt.

Im Anwachsen ist Sorbus intermedia durchaus nicht
schwierig, nur die Anzucht geht etwas langsam von statten,
da der Wuchs nur mittelstark ist.

Die Platane kein Strarseubauni für rauheres Klima.

Das Lob der Platane an dieser Stelle singen zu wollen,
wäre vergebliche Liebesmüh; viel lieber geben wir der
Genugthuung Ausdruck, dafs man aufgehört hat, den
herrlichen Baum zum Giftmischer zu stempeln, wie dies
vor einigen Jahren geschah. Die herumfliegenden Härchen
seiner Früchte rufen wieder ungestört das bekannte Jucken
auf der Nase hervor, doch von dem durch sie herbeigeführten
Erblinden vernimmt man nichts mehr. Der Baum an und
für sich ist demnach als rehabilitiert anzusehen und wenn
wir hier gegen ihn als Strafsenbaum zu Felde ziehen, so
wollen wir das im folgenden begründen.

Greifen wir als weithin den Lesern dieses Blattes
vielleicht bekannt die herrliche Platanenallee heraus, welche
von der russischen Kolonie bei Potsdam nach dem Neuen
Garten führt; wie strotzt sie von Gesundheit, welch herr-
lichen Schatten spendet sie im heifsen Sommer mit ihrem
massigen Laubdach! Kein Mensch sollte denken, eine
solche Allee könne jemals aussehen wie ein elendes Ge-
rippe und dennoch — entsinnen wir uns recht, so war
dies Ende der fünfziger Jahre — sahen wir sie einmal
im Sommer in einem Zustande, dafs wir dachten, nach
jenem Winter und diesem Aussehen könne sie sich niemals

wieder zur ehemaligen Schönheit aufraffen. Und sie hat
es doch gethan! wie wir durch den Augenschein uns später
noch zu wiederholten Malen überzeugen konnten.

Das ist ja nun sehr schön und hat auch etwas Tröst-
liches, wir möchten fast sagen Versöhnliches für den Natur-
freund: dennoch müssen wir freimütig gestehen: wer der-
gleichen schaffen will, der mufs auch daran denken, wie er
gegebenen Falles sein Wrerk gegen derartige Unbilden sicher
stellen kann. Ist er das nicht imstande, so mufs er unter
Umständen selbst auf das schönste Material Verzicht leisten.

Nun geht ja, die Platane durch Frost nicht ganz zu
Grunde, sie ist sehr bereit, zur Xot vom Wurzelhalse aus
sich wieder zu formieren. Das ist nun beim einzeln stehenden
Baume noch erträglich anzusehen, hört aber in der Allee
fast auf und verbietet sich bei der städtischen Strafsen-
bepflanzung eigentlich ganz und gar in Anbetracht des
beschränkten Raumes und des regen Verkehrs. Die Platane
mufs also in rauheren Lagen unseres Landes — das trifft
hauptsächlich den Norden und den Osten — aufser Be-
tracht bleiben.

Wie das Ende der Platane herbeigeführt wird, das
grenzt manchmal ans Wunderbare. So hatten wir hier in
Breslau — es kann wohl 15—20 Jahre her sein — einmal
eine harte Nufs zu knacken. Von zwei Reihen Platanen,
welche auf der Aufsenseite einer Strecke des Stadtgrabens
standen, erkrankten nach einem ziemlieh strengen Winter
die an der Strafse stehenden Bäume, während die an der
Böschung stehenden gesund blieben. Die Sache erregte
natürlich ungeheures Aufsehen und verursachte viel Kopf-
zerbrechen. Schliefslieh verhielt es sich denn doch wohl
so: die hart an der steilen Böschung stehenden Bäume
wurden in dem schon vorgeschrittenen Frühjahr von keinem
Tauwasser belästigt, während die an der etwas tiefer
liegenden Strafse stehenden dasselbe über sich ergehen
lassen mufsten und so täglich den Prozefs von Auftauen
und scharfem Gefrieren durchzumachen hatten.

So wenig wir nun der Platane als Strafsenbaum das
Wort reden, um so eifriger befürworten wir deren An-
pflanzung als Solitär in gröfsern Garten-Anlagen; nur wolle
man tief liegendes Gelände, besonders nasse Stellen, damit
verschonen. Die vereinzelte Stelle zu schützen, das läfsi
sich ja noch ermöglichen, wenn man z. B. bei hohen Kälte-
graden die eigentliche Baumscheibe auf irgend einer WTeise
eindeckt und, sollte es ganz schlimm kommen, auf den
Stamm bis in eine erreichbare Höhe verwahrt. Übrigens
kommen auch hin und wieder Fälle vor, wo man sich
eines Schadens nicht entsinnen kann. So auf dem Graf
Carmerschen Gute Zieserwitz in Niederschlesien, wo 5 Pla-
tanen, deren Alter sich mit Sicherheit auf höchstens fünfzig
Jahre berechnen läfst, stehen. Am schönsten hat sich das
vor dem herrschaftlichen Hause stehende Exemplar ent-
wickelt, dessen Mafse mau auf unsere Bitte uns freundlichst
mitgeteilt hat. Seine Höhe wird auf 28 m angesprochen
bei einem Umfang von a/4 m in 1 m Stammhöhe über dem
Boden; der Durchmesser der Krone beträgt c. 24 m.

Hermann Lüdtke, Breslau.
 
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