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Die Gartenkunst — 4.1902

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Goethe, Rudolph: Der bayrische Wald
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0088

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IV, B DIE GARTENKUNST Sl

Naturstudien.

Der bayerische Wald. unbestritten der Glanzpunkt des ganzen Wäldler-Landes

Von Landes-Ökonomierat R. Goethe, Geisenheim. "nd darum zu mehrtägigem Aufenthalte recht geeignet.

Wer von Norden her über Schwandorf und Cham in

(Mit 5 Abbildungen.) jen bayerischen Wald eindringt, wird zuerst in Bodenmais

In dem Bemühen, das Naturschöne im Vaterlande auf- rasten, von wo aus der höchste Berg, der grofse Arber

zusuchen und auf das Gefundene auch andere hinzuweisen, zum erstenmale seinen breiten, doppelköpfigen Rücken

möchte ich heute vom „bayerischen Walde" erzählen. Dafs zeigt (Fig. 1). Durch ein tiefes, in das Gebirge einge-

ich ihn kennen gelernt habe, verdanke ich Stifter, der in schnittenes Thal gelangt man zu den prächtigen Wasser-

seinen Novellen und fällen des Riefs-

besondersim„Hoch- ,----loches, deren ober*

wald" so tief em- sten Fig. 2 sehr

pfundene, wunder- hübsch wiedergiebt.

bar anmutende Die Matten am Ar-
Schilderungen die- jjätfM IhM ' der oewisser"
ses Gebirgslandes mafsen als selbst an -
gegeben hat. Bs dige Kuppe auf den
zieht sich in der breiten Höhenzügen

der deutschen Gren- ÜMS^StBk *"*! tragen bereits einen
zehin, gleichlaufend &3BS«|'

mit dem böhmischen *M^P^aP^I^^^Hfl9^H Charakt er

Walde, in welchen [^^^^HL .. dem Gipfel

es oft genug über- Hfl^Hfi* JEBE^^B^Sl» I

I bart, Juncus trifldus.

Grenzpfähle eine Oben angelangt, ge-

Scheide bilden. niefst man einen

gröfste Teil dieser _ , ... ■ . w . , . . . "' , benachbarte Berge,

... „ Fig. 1. Bodenmais im bayerischen \\ ald mit dem grofsen Arber im Hintergründe. . , . .

gebirgigen Gegend Nach einer photographischen A„fnahme. wie der Osser, eini-

mit dichtenWäldorn germafsen hindern:
bedeckt, durch die man Tage lang hindurchziehen konnte, tief unten am südlichen Hange liegt der entzückende Arbersee.
ohne das Ende zu finden. Da hausten noch dieKohlenbrenner, Wer da hinuntersteigt, der versäume nicht, schon ziemlich
oft im weiten Umkreise die einzigen Menschen; da galt es, nahe dem See den mit Wegweiser versehenen Fufspfad
sich gut mit Lebensmitteln zu versehen, um nötigenfalls „Seesteig" einzuschlagen. Er führt zwischen Felspartien
auch im Walde ein Nachtlager aufschlagen und rasten zu hindurch an kühnen Wasserfällen vorbei hinunter auf das
können. Aber der Wald hat vielfach dem Felde weichen Vorland, welches sich im Laufe von Jahrhunderten, wenn
müssen, denn der Ackerbau braucht Licht und Wärme; die nicht Jahrtausenden, am Fufse der 300 m hohen Felswand
Zahl der Ortschaften und diejenige ihrer Bewohner nahm gebildet hat, die ziemlich senkrecht zum See abfällt. Das
mit der wachsenden Kultur stetig zu und wer heute in den Vorland besteht aus abgestürzten Felsblöcken und Baum-
bayerischen Wald kommt, etwa von Schwandorf her, der Stämmen, die durch Stürme umgeworfen und nur allmählich
ist einigermafsen enttäuscht, denn er hatte nicht geglaubt, sich zersetzend, einer üppigen Vegetation von Moos, Heidel-
in einem so benannten Lande so viele reiche Korn- und beeren, Farnkräutern und selbst Fichten den faulenden Leib
Kartoffelfelder zu finden. Aber je mehr man sich der als Standort darboten. Hier kann man mit vollstem Rechte
deutschen Grenze nähert, desto zusammenhängender werden sagen: Und neues Leben blüht aus den Ruinen!
die Wälder, desto höher steigen die Berge an und desto Der durch das Vorland führende Weg besteht in seinem
näher rücken sie aneinander heran, oft genug landschaft- gröfsten Teile aus einem sogenannten Knüppeldamm, d. h.
liehe Bilder bietend, die sich, wenn nicht mit den grofs- es sind kurze Hölzer dicht nebeneinander der Quere nach
artigsten, so doch mit den lieblichsten und anmutigsten gelegt, um in dem sumpfigen, trügerischen, schwankenden
Tirols messen können. Dies bezieht sich besonders auf Boden dem Fufse des Wanderers die nötige Sicherheit zu
die Gegend von Bodenmais, Zwiesel, Regenhütte und bieten. Bs geht durch einen Urwald in des Wortes vollster
Bayrisch-Eisenstein; der letztgenannte Ort ist aber wohl Bedeutung. Riesige Baumstumpfen lassen erkennen, welch

Die Gartenkunst. 13
 
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