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Die Gartenkunst — 4.1902

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Ferber, M. E.: Strassen- und Wegebau, [1]
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Tutenberg, Ferdinand: Die Vorgartenfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0121

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DIE GARTENKUNST

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die bekannte Via Appia, erregt noch heute Bewunderung.
Sie wurde im Jahre 312 vor Christus angelegt, führt vom
Forum Romanum bis nach dem heutigen Brindisi und
durchschneidet auf ihrem Zuge die pontinischen Sümpfe.
Die grofse Heerstrafse der Römer, welche vom Norden
Europas bis nach Afrika und Kleinasien führte, hatte eine
Gesamtlänge von 300000 km.

Die in der Blütezeit des römischen Reiches mühsam
erbauten Strafsen verfielen nach der Zerstörung des Reiches
bald. Wiederhergestellt wurden die Römerstrafsen erst
durch Karl den Grofsen, der zur Förderung des Handels
aufserdem neue Strafsen zwischen Bremen, Erfurt, Regens-
burg, Augsburg, Köln etc. herstellen liefs. Nach dem Tode
dieses Herrschers wurde wenig für den Strafsenbau
gethan, bis im 15. Jahrhundert die Posteinrichtungen der
grofsen Handelsstädte Augsburg, Frankfurt, Köln, Nürnberg
etc. neue Veranlassung gaben.

Den ersten grofsen Antrieb zur Strafsenherstellung
gab 1522 Kaiser Karl V.

Im 17. Jahrhundert wurde namentlich in Frankreich
und Osterreich der Bau von Strafsen mit Eifer betrieben.
In Deutschland wurde die erste kunstgerechte Landstrafse
in diesem Jahrhundert gebaut und zwar in Schwaben von
Nördlingen nach Wettingen im Riesgau.

Durch Verbesserung des Postwesens, namentlich durch
Einführung der Schnellpost 1775 und durch das im An-
fang des 18. Jahrhunderts in den höhern Kreisen ein-
geführte Kutschonfuhrwerk trat eine allmähliche Ver-
besserung im Strafsenbau ein. Durch die Kriege Napo-
leons wurde ein weiterer Anstofs gegeben; der eigent-
liche Aufschwung dürfte von dieser Zeit datieren. Hannover
hat in den Jahren 1817—1830, also in 13 Jahren, gegen
elf Millionen Mark auf Strafsenbau verwandt.

Mit dem wachsenden Luxus und den durch die Be-
quemlichkeit gestellten höheren Anforderungen entwickelten
sich in den letzten 50 Jahren unsere Strafsen und Wege
in bedeutender Weise.

W as zunächst das Längen-Profil der Strafsen anbetrifft,
so ist diejenige Strafse stets die beste, welche sich der
horizontalen am meisten nähert. Die zwockmafsigste
Steigung im Flachland auf kurze Strecken soll bei Sand-
und Kieswegen 1 :20, bei Chausseen 1 : 33 und bei Plaster-
strafsen 1:50 betragen, im Hügelland 1:20 bis 1:17 und
im Gebirge 1 : 14. Auf 600 m Steigung sind thunlichst
horizontale Strecken einzulegen, um den Zugtieren Ge-
legenheit zur Erholung zu geben. Die stärkste Steigung
kann übrigens in die schlechteste Fahrbahn eingelegt
werden, da hier die Zugtiere im allgemeinen den gröfsten
Halt finden.

1 las Quergefälle soll gewöhnlich von der Mitte der
Strafse nach beiden Seiten abfallend sein und je nach Art
des Pflasters 1 : 20 bis 1 : 100 betragen. Je besser die
Befestigung ist, um so geringer kann das Quergefälle
sein, je geringer jedoch das Längengefälle ist, um so
stärker ist die Wölbung auszuführen. Strafsen an Herg-
abhängen wird ein einseitiges Gefälle nach dem berg-
seitigen Graben gegeben.

Sowohl das Längen- wie das Querprofil der Strafse
sind für die Entwässerung von gröfster Bedeutung: je
besser für die Ableitung der atmosphärischen Nieder-
schläge an der Wegeoberfläche gesorgt wird, um so
weniger wird der Unterbau, dessen Ausführung uns jetzt
beschäftigen wird, Gefahren ausgesetzt sein.

Der Unterbau kann aus gewachsenem Boden bestehen,
durch Einschnitte in Krderhebungen oder Aufschüttung
von Dämmen geschaffen werden müssen. Auf dem
gewachsenen Boden wie auf dem durch Dämme höher
zu legenden Terrain ist ein sorgfältiges Ausroden aller
Wurzeln dringend geboten, um die Entstehung von Löchern
und ein ungleiches Setzen des Bodens zu vermeiden. Die
beim Ausroden entstehenden Löcher sind mit festem Ma-
terial (Sand oder Kies) auszufüllen und zu stampfen. Hu-
mus und Rasen sind abzuheben, um zur Befestigung der
Böschungen und Gräben Verwendung zu finden. Für eine
gute Ableitung des etwa im Grund vorhandenen Wassers
ist Sorge zu tragen und zwar in erster Linie durch die
Anlage von seitlich gelegenen Gräben. Die Tiefenlage der
Grabensohle richtet sich nach dem Grundwasserstand;
gewöhnliches Hochwasser findet sich in einer Tiefe von
mindestens 0,30 —1,25 m, gewöhnliches Niedrigwasser
0,50—1,50 m unter Terrainoberfläche. In moorigem Boden
ist gröfste Vorsicht anzuraten, es empfiehlt sich dort die
Gräben von Jahr zu Jahr tiefer zu legen, um allmählich
auf die gewünschte Höhenlage zu kommen. Die Gräben
sind im allgemeinen 0,50—0,80 m breit und 0,40—0,60 m
tief anzulegen, das Gefälle schwankt zwischen 1:800 bis
1:25. Bei besonders starkem Gefälle sind die Gräben
auszupflastern, während sie gewöhnlich mit Humus bedeckt
und angesäet oder mit Rasentafeln beletrt werden.

(Fortsetzung folgt.)

Meinungsaustausch.

Die Vorgai'tenfrage.
Von Ferd. Tutenberg, Gartentechniker in Mainz.

Zu wiederholten Malen ist in dieser verehrt. Zeitschrift
bekannten und tüchtigen Autoritäten auf dem Gebiete des
modernen Städtebaues das Wort gelassen zu eingehender
Besprechung über die besondere Berücksichtigung der
städt. Garten- und Parkanlagen, Alleen- und Baumpflan-
zungen. Ks ist ein erfreuliches Zeichen und eine unbe-
strittene Thatsache, dafs die städt. Verwaltungen immer
mehr zu der Überzeugung gelangen, dafs die Gartenkunst
im Dienste des öffentlichen Verkehrs eine wichtige Auf-
gabe zu lösen hat und dafs dieselbe sich dieser Aufgabe
mit grofsen) Kiter unterwirft.

Betrachtet man auf der einen Seite dieses enorme
Vorwärtsgehen auf der ganzen Linie, so erblicken wir auf
der anderen Seite ein allmähliches Weichen, nämlich das
Verschwinden der gröfseren Privat- und Villengärten.
Worin liegt nun dieses Zurückgehen'? Einesteils wohl in
dem steten Steigen des Wertes von Grund und Boden,
 
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