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Die Gartenkunst — 8.1906

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Hochstrasser, Albert: Neues oder Altes?
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Bauer, Fr.: Gartenbau und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0120

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VIII, 0

DIE GARTENKUNST

minder eifrig die bisher hochgehaltene ältere Richtung
durch die Kritik abzutun sich bemühen.

Der Architekt wird im allgemeinen keinen Garten selbst
machen können — Ausnahmen kommen immer vor es
würde ihn dies viel zu weit von seinem eigenen Schaffens-
gebiet entfernen, er hat mit seinen toten Baustoffen zu
rechnen und kann unmöglich das lebendige Material der
Pflanzen mit der gleichen Sicherheit beherrschen, wie es
ein Gartenfachmann versteht oder wenigstens verstehen
mufs, wenn er als Künstler Beachtung fordert. Der
Architekt kann seine Meinung äufsern und auch an ge-
legentlichen Beispielen und auf Ausstellungen darstellen, was
seiner Auffassung entspricht, die praktische Betätigung
in jeder Beziehung • ist Sache des Gärtners und wird es
auch naturgemäfs bleiben. Wir sollten aber anerkennen,
dafs die Bestrebungen derjenigen Vertreter des Baufaches,
die sich auch um die Hebung des Gartengeschmackes be-
mühen, die Hausbesitzer veranlassen, viel gröfsere Beträge
für Gärten und Vorgärten auszuwerfen, als sie dies bisher
zu tun gewohnt waren, dafs auf diese Weise die Be-
mühungen der gärtnerischen Fachwelt, auf allgemeine
Hebung und Wertschätzung des Gartons in allen Kreisen,
insbesondere bei dem Eigonhausbesitzer, wirksam unter-
stützt und gefördert werden.

Sträuben wir uns doch auch nicht gegen den Ge-
danken, dafs die nächste Umgebung des Hauses einen Teil
der Wohnung, wenigstens während der wärmeren Jahres-
zeit, bildet und mit den Wohnräumen in inniger Beziehung
stehen sollte, wobei Altanen, Veranden, Gartenhäuser u. dgl.
die Vermittelung bilden. Mehr oder weniger ist dies überall
in der Vorstadt und auf dem Lande, den für die Hausgärten fast
ausschliefslich in Frage kommenden Wohnlagen der Fall.

Wir sind im allgemeinen gewöhnt, viel zu weit im
Verlangen danach zu gehen, unsere Gärten nach dem reinen
Naturvorbild zu gestalten. Bei grofsen Anlagen, besonders
in reizloser Umgebung, ist dies selbstverständlich am
Platze, das wird auch jedem der viel verlästerten Neuerer
klar sein, aber das, was im grofsen Park am. Platze ist,
pafst nur selten für den kleinen Garten, verdirbt vielmehr
oft seine ganze Anlage. Wir sagen, der Baum, der Strauch
müsse so bleiben, wie ihn die Natur wachsen liefs, wir
vergessen aber oft, dafs Taxus, Juniperus und manche andere
Arten Formen bilden, die, ohne dafs ihnen ein ihrer Natur
widersprechender Zwang geschieht, sich mit dem feinen
Bildwerk aus Stein, mit den sich in den Garten erstreckenden
Architekturteilen vortrefflich zum Gartenschmuck verbinden
lassen. Abweichend vom Wuchs der meisten anderen
Arten, die aufstrebend und sich ausweitend ihre Schön-
heit entfalten, verwenden wir jene wie sie sind, ihnen
hier und da durch vorsichtigen Schnitt noch zu gröfserer
Gefälligkeit in der Form verhelfend, ohne in die grofsen
Fehler unserer Urgrofsväter zu verfallen, die durch den
Schnitt spielerische Figuren aus Pflanzen herstellten. Wenn
wir unter reiflichem Abwägen der Platzfrage und des Ge-
samteindrucks die orientalische Pappel, den Säulentaxus,
die harten Cupressusarten verwenden, wenn wir aus Taxus
und Thuja bei mäfsigem Schnitt schöne, immergrüne Hecken
bilden, so dürfte dagegen nicht viel einzuwenden sein

Auch die geschnittene, grüne Gartenlaube aus Cornus
oder Hainbuche mufs weit mehr.Verwendung finden als
bisher. Nur soll man nicht Pflanzen, wie unsere herrlichen
Schlingrosen und ähnliche, durch Schneiden und Binden
zu steifen Wänden formen wollen; sie müssen sich frei
entfalten und ihr graziöses Rankwerk im Winde spielen
lassen, wenn der Eindruck ihrer Schönheit voll zur Geltung
kommen soll.

Olbrichs Farbengärten, in dem Umfange, wie sie die
Darmstädter Ausstellung zeigte, die eben doch, so neu die
Idee der konzentriert gleichfarbigen Blumenverwendung ist,
viele FYeunde und Verehrer gefunden haben, können nur als
Abwechselung in weit ausgedehnten, parkartigen Gärten
richtig angewendet werden. Ihrer allgemeinen Einführung
stehen, von allem anderen abgesehen, die Kosten der An-
lage und Unterhaltung entgegen; sie erfordern viel Geld
und intensivste Pflege. Dennoch, in ganz kleinem Mafs-
stabe im Vorgarten oder sonst in der Nähe des Hauses,
auch im Gartenhofe, kann nach ihrem Vorbilde vom fein-
fühligen Gärtner und Liebhaber äufserst Reizvolles ge-
schaffen werden; ganz besonders unter der wieder mehr
zur Gewohnheit werdenden Mitwirkung der letzteren kann
hierin Gutes geleistet werden.

Auf Ausstellungen in wenigen Monaten durch lebende
Pflanzen untadelhafte Vorführungen zu schaffen, hat seine
sehr grofsen Schwierigkeiten, die jedem bewufst sind, der
mit Pflanzen zu arbeiten gewöhnt ist. Man sollte das bei
der Beurteilung solcher Leistungen immer berücksichtigen.
Weifs doch ein jeder, dafs es auch in anderen Fällen, z. B.
bei der Schaffung eines regelrechten Alpinums, mehrerer
Jahre bedarf, um eine gefällige, erst nach ausreichendem
Uberwachsen der kahlen Steine eintretende Wirkung zu
erzielen. So bildete auch bei den Farbengärten die Be-
kleidung der sie umgebenden Mauern durch verschieden-
artige, in ihren Farbennuancen miteinandar korrespon-
dierende Pflanzen Schwierigkeiten, die die Überlegung
des sie pflegenden Gärtners unausgesetzt in Anspruch
nehmen müssen.

Aus allen Betrachtungen, die sich an die Vorkommnisse
der jüngsten Zeit auf unserm Gebiete geknüpft haben,
sollte der Leitsatz sich ergeben: Weg mit der altgewohnten
Schablone! Versuchen wir es, besseres und schöneres zu
finden im Vereine mit dem Architekten, sobald wir diesen
als Mann von Geschmack und denkendem Streben erkannt
haben. Wünschen wir dem Zusammengehen beider Berufe
alles Glück!

Gartenbau und Landschaft.

Beim Streiten um die sacli^eniäfse Ausgestaltung der
Gärten sind zur Kennzeichnung der Meinungsverschieden-
heiten, die zwischen berufsstolzen F'achleuten und reformen-
fordernden Malern undArchitekten bestehen,zwei Schlagworte
geprägtworden: „landschaftlich" und „architektonisch". Diese
sollen besonders nach Ansicht der Fachleute den Gegensatz
deutlich machen und bezeichnen, der zwischen fremden
Wünschen und den eigenen Anschauungen bezüglich der
Grundsätze der Gartengestaltung vorhanden ist.
 
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