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Die Gartenkunst — 9.1907

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Engelhardt, Walter von: Die Sondergärten des Prof. P. Schultze-Naumburg und des Prof. P. Behrens
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Rothe, Richard: Die ausdauernden Stauden und ihre Bedeutung im amerikanischen Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0232

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DIE GARTENKUNST

IX, 11

lieh — er könnte ohne Schaden heiterer abgestimmt sein.
Denken wir uns dann diesen Gartentheatersaal belebt von
bunter, abor ausgesuchter Gesellschaft in festlichen Ge-
wändern, so freut sich die Phantasie des farbenfrohen
Bildes, welches in dieser künstlerisch gestalteten Umwelt
in diesem durch aufserördenüich ansprechende Raum-
gliederung so wohlgelungene Sondergarten zur Wirklich-
keit werden kann. W. Frhr. v. Engelhardt.

Die ausdauernden Stauden und ihre Bedeutung im
amerikanischen Garten.

Von Richard Rothe in Northeast Harbor. Maine. Verein.
Staaten N.-A.

In einem Lande, in dem es in ganz hervorragendem
Maße allgemeinster Brauch ist, die Innenräume des Heimes
zu jeder Jahreszeit mit Blumen reichlich zu schmücken,
ist das winterharte Staudengewächs im Garten eine Not-
wendigkeit. Da die Amerikanerin ihre Vasen selbst füllt
und auf Haltbarkeit der Blumen starkes Gewicht legt,
braucht sie lange, straffe Stiele, und diese geben ihr im
Sommer viele blühende Perennen. Deshalb räumt sie den-
selben schon aus Gründen der Nützlichkeit einen bevor-
zugten Platz ein. Nun erwächst aber dem Nützlichkeits-
gedanken weit häufiger der Wunsch nach auserlesener
Qualität, als der Liebhaberei; vereinigen sich jedoch beide
Beweggründe, dann erscheint das beste, in wiederum voll-
kommenster Ausbildung, gerade gut genug für den Haus-
garten.

Die in Deutschland nicht gerade seltene Empfehlung,
nach welcher diese oder jene Staude mit jedem Boden
vorlieb nimmt, in jeder Lage gedeiht, ohne jede besondere
Pflege alljährlich einen reichen Flor erzeugt und die dann
nur zu häufig zu der Meinung verleitet, als ob man aus-
dauernde Staudengewächse eben nur in den Boden zu
stecken braucht, um einen alljährlich wiederkehrenden
reichen Blütensegen recht mühelos zu haben, gibt man
hier glücklicherweise den winterharten Stauden nicht mit
auf den Weg.

Man weiß also allgemein, daß gerade Perennen
zum ungestörten Wachstum und bester Entwicklung ein
weit reichlicher gedüngtes und sorgfältiger vorbereitetes
Erdreich am richtigen Standort bedürfen, als die kurz-
lebigeren Sommergewächse, und es braucht demnach bei
der Amerikanerin, die nun einmal in neun aus zehn
Fällen für den Garten die ausschlaggebende Stimme hat,
keiner großen Überredungskunst, um die erforderlichen
Mittel bewilligt zu erhalten.

Unter diesen Verhältnissen ist es erklärlich, daß wir
besonders hier im Osten und vorzugsweise in den weniger
heißen, nördlichgelegenenNeuenglandstaaten alljährlich einen
selten schönen und reichen Flor der verschiedensten Pe-
rennen aufzuweisen haben und daß die Nachfrage nach
Pflanzenmaterial mit jeder Saison eine regere wird. Nicht nur
das dem Nützlichkeitsprinzip entspringende Verlangen, die
besten Resultate in der Blumengewinnung zu erzielen, son-
dern noch mehr die gesunde Rivalität der Gartenbesitzerinnen

in bezug auf die Vollkommenheit ihrer Lieblinge, wirkt
ungemein belebend auf den allgemeinen landschaftsgärtne-
rischen Geschäftsgang. Durch das tägliche Anordnen ihrer
Blumen wird die Amerikanerin nicht nur gründlicher mit den-
selben bekannt, sondern sie eignet sich auch mit der Zeit
einen sehr ausgeprägten Farbensinn an. Gerade den letzteren
haben wir hier in Bar Harbor und Northeast Harbor, jenen
beiden Sommerressorts, die neben Newport alljährlich einen
großen Teil der ersten Gesellschaftsklassen des Landes ver-
einigen, im unmittelbaren, persönlichen, geschäftlichen Ver-
kehr mit denselben zu bewundern vielfach Gelegenheit.

Dieser feine Geschmack im Zusammenstellen von Farben-
einheiten oder Kontrasten bekundet sich auch heute bereits
vielfach in der Anordnung der Staudenanpflanzungen. Ich
muß da unwillkürlich an jene Fahrt auf kleinem schnellen
Motorboot zurückdenken, die ich vergangenen Sommer, dem
Rufe eines begüterten Newyorkers folgend, nach dessen
mehrere Meilen ozeanwärts entfernter, klippenumsäumter
Waldinsel unternahm. Ich hatte den zum Schutze gegen
Sprühwellen umgehangenen Gummimantel und Südwester
abgelegt und erklomm das hohe felsige Ufer, und das erste,
was ich seitlich des freigelegten Rasenplatzes vor dem
Landhause erblickte, waren mehrere ausgedehnte Stauden-
gruppen, die sich an einen nahen Waldrand anlehnten.

Zu diesen Staudenanpflanzungen, die im besten Flor
standen, führte mich später die anmutige Dame des Hauses
und ich war eben im Begriff, ihr zu ihren Kulturerfolgen zu
gratulieren, als sie, auf Farbenzusammenstellung kommend,
ausrief: „Nun sehen Sie aber jetzt einmal an, wie sich hier
die Farben gegenseitig geradezu beleidigen!" — Und
richtig, da blühten dunkelviolette Aconitum neben feurig-
rotem Phlox; das lebhafte Blau des Delphinium formosum
lag im Streit mit dem leuchtenden Rosa gefüllter Malven;
Lilionarten safrangelb und tief orangefarben hatten das
Weinrot der Incarvillea rosea neben sich. „Diese Farben-
dissonanzen sind nachgerade unerträglich für meine Augen
Lassen Sie uns Harmonie in das Ganze bringen. Stellen
Sie mir bitte einen Bepflanzungsplan zusammen, in welchem
auf die Farben Rücksicht genommen wird, und lassen Sie
denselben während der nächsten Verpflanzzeit ausführen."

Ich könnte diesem einen Beispiel noch eine ganze An-
zahl ähnlicher hinzufügen, die mehr oder weniger dartun,
wie unerläßlich es für jeden Landschaftsgärtner ist, der
für Gesellschaftsklassen mit feinerem Geschmack arbeiten
will, gerade bei der Gruppierung von blühenden Stauden-
anpflanzungen die Grundregeln der Farbenlehre zu be-
obachten.

Unwillkürlich denkt man da zurück an die überaus
feinen Winke, die, in bezug auf Schattierungen und
Kontraste, die Altmeister der deutschen Gartenkunst
für die Komposition von natürlichen Gehölzpflanzungen
uns hinterlassen haben. Die Gegenwart ist farbenfreudiger
geworden. Neueinführungen unter den Blütensträuchern
sowohl als auch besonders unter den Staudengewächsen,
sobald sie sich durch einen reichen Flor und rejne Farben-
töne auszeichnen, finden erstaunlich schnelle Verbreitung
und verdrängen das Alte. Die Folge davon sind stärkere
Effekte und bei unrichtiger Zusammenstellung der Töne
 
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