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Die Gartenkunst — 9.1907

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Rothe, Richard: Die ausdauernden Stauden und ihre Bedeutung im amerikanischen Garten
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Garrelts, G. J.: Welchen speziellen Pflanzenmaterials bedarf die Gartenkunst moderner Richtung?
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0236

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230

DIE GARTENKUNST

IX, 11

beschränken müssen. Demgegenüber steht das Nützlich-
koitsprinzip, nach welchem die blühende Staude im Haus-
garten neben ihrem Zierwert an Ort und Stelle zur Er-
zeugung von Schnittblumen aller Art für den täglichen
Gebrauch da ist.

Ich bin mir vollkommen bewußt, daß ich mit der
Schilderung der hiesigen Verhältnisse den im praktischen
Berufsleben stehenden Fachgenossen in meiner alten Heimat
nichts gesagt habe, was nicht dort bei dieser oder jener
Gelegenheit schon erlebt oder wenigstens ausgesprochen
worden ist. Auch die beigegebenen Illustrationen, für die
ich die Aufnahmen gern sämtlich in Hausgärten gemacht
hätte, im Drange der Geschäfte aber nicht dazu kam,
geben die gesellige Gruppierung, wie sie für das stärkere
Betonen einer einzelnen Farbe hierzulande bisweilen ge-
bräuchlich, nur andeutungsweise wieder. Der Sortiments-
garten einer Nursery und das Staudenbeet eines Privat-
gartens sind eben doch zwei verschiedene Dinge.

Die weiteste Verbreitung der blühenden Perennen und
ihre Verwendungsarton, besonders auch im kleineren Haus-
garten, ist aber für den Landschaftsgärtner heute ge-
schäftlich so wichtig und hat für den Gartenbesitzer und
Blumenliebhaber so viele Freuden und so viel Nutzen im
Gefolge, daß, von deren hohen Zierwert ganz abgesehen,
meiner Ansicht nach nie zu viel darüber gesagt werden kann.

Welchen speziellen Pflanzeninaterials bedarf die Garten-
kunst moderner Richtung?

(Das Baumaterial der heutigen Gartenkunst.)

Der im Juli in Mannheim ins Leben getretene „Bund
deutscher Baumschulenbesitzer" hat bereits in seiner Gründungs-
versammlung manche für den Baumschulenbetriob wichtige
Frage entweder eingehend erörtert oder angeregt und gestreift.
Einen recht breiten Baum nahmen die Verhandlungen über das
Thema: „Welche Pflanzen und Formen sollen gezogen werden
und wie sollen sie beschaffen sein" ein. An der Lösung dieser
Frage will man in den Verbänden durch lebhaften Meinungs-
austausch weiter arbeiten und auch die Landschaftsgärtner
und Gartenkünstler veranlassen, ihre Wünsche und Erfahrungen
kund zu geben, damit der Baumschulenbesitzer in den Stand
gesetzt wird, solches Material zu ziehen, wie es die Garten-
kunst von heute bedarf.

Einen sehr wertvollen Beitrag zur Klärung der Frage
lieferte Herr Freiherr von Engelhardt in seinem in der
Gartenkunst veröffentlichten, in der Sitzung der Gruppe Rhein-
land am 11. August in Benrath gehaltenen Vortrage: Das
Baumaterial der heutigen Gartenkunst. Im allgemeinen wird
sich auch der Baumschulbesitzer mit den Ausführungen des
Herrn von Engelhardt einverstanden erklären können, in-
dessen dürfte es sich lohnen, das Gesagte, soweit es in das
Gebiet der Anzucht und des Handels hinübergreift, einmal vom
Standpunkt des Züchters aus zu beleuchten. Das entspricht
der vom Vortragenden am Schlüsse ausgesprochenen Bitte und
beide Teile, der Züchter und der Landschafter, können nur
wünschen, daß durch Aussprache und Vorschläge von möglichst
vielen Seiten eine praktische Grundlage gewonnen werde.

Es erübrigt sich, auf die wohldurchdachte, schwungvolle
Einleitung näher einzugehen, da der Vortragende im Verlauf
seiner Rede die Konsequenzen daraus zieht und in deutlichen
Worten sagt, welches Material seiner Ansicht nach in die

Gartenanlagen, wie man sie jetzt zu schaffen pflegt, hinein-
paßt. Und nicht allein das, er gibt auch Ratschläge in betreff
der Sortenwahl und schlägt für die heranzuziehenden Formen
kurze Bezeichnungen vor, die in den Plänen der Landschafter
als auch in den Katalogen der Baumschulen zur schnellen und
leichten Orientierung dienen sollen. Die von ihm aufgestellten
Formeln sind ganz annehmbar, kurz und charakteristisch, aber
es dürfte doch etwas länger dauern, bis sie sich allgemein ein-
gebürgert haben. Bei den Baumschulbesitzern würde, wenn
der Bund die Sache in die Hand nimmt, die Einführung nicht
schwierig sein, ob aber die Herren Gartenkünstler sich sobald
dazu verstehen werden? Sie aber müssen den Anfang machen,
nach den Formeln zu bestellen, der Züchter paßt sich dann von
selber an, er wird jedes Mittel, das ihm die Abfassung des
Katalogs erleichtert, denselben einfacher und übersichtlicher
gestalten kann, mit Freuden begrüßen, ist es doch ohnehin
manchmal sehr schwer, die Beschreibungen der Pfanzen so ab-
zufassen, daß sie wenigstens nicht alle wie nach der Schablone
geschnitten erscheinen. Gänzlich entbehrlich, wie der Vor-
tragende zu meinen scheint, ist der beschreibende Text für den
Katalag nicht, denn der Züchter hat nicht immer mit Fach-
männern, sondern auch mit pflanzenunkundigen Privaten und oft
auch mit Gärtnern zu tun, denen der Wert der Pflanze erst
klar gemacht werden muß, er kann deshalb seine Bemerkungen
nicht auf die Verwendungsart allein beschränken, er muß auch
andere Eigenschaften hervorheben. Zugegeben muß allerdings
werden, daß namentlich, wo es sich um Neuheiten handelt,
der Mund etwas zu voll genommen wird, aber man darf doch
auch nicht vergessen, daß die übergroße Konkurrenz den
Züchter zu mancherlei Gepflogenheiten zwingt, die für den
Bestand seines Geschäfts durchaus erforderlich sind, er muß
sich eben der Allgemeinheit und ihren Bedürfnissen anpassen
und kann erst dann auf spezielle Wünsche Rücksicht nehmen,
wenn er überzeugt ist, daß sein Geschäft nicht darunter leidet.
Man bedenke auch, daß, ehe der wahre Wert einer Pflanze
festgestellt und allgemein anerkannt ist, der den meisten
Gewinn bringende Teil des Geschäfts schon gemacht ist; die
liebe Konkurrenz sorgt schon dafür, daß der anfangs günstige
Artikel rasch entwertet wird, besonders bei solchen Pflanzen,
die sich rasch und leicht vermehren lassen.

Ob der Besuch einer Baumschule, um die Pflanzen an Ort
und Stelle zu besehen, nur ein Notbehelf ist, wie von Engel-
hardt meint, darüber ließe sich streiten. Allerdings kann sich
der Landschafter ein weit sichereres Urteil über eine neue
Sorte (besonders Staude oder Annuelle) bilden, wenn er sie eine
ganze Wachstumsperiode hindurch zu beoabachten Gelegenheit
hat, aber sind denn unsere Spezialisten weniger aufmerksame
Beobachter, sind sie nicht auch Kenner genug, um den Wert
oder Unwert — einer Staude z. B. — für diesen oder jenen
Zweck beurteilen zu können, zumal, wenn die Landschafts-
gärtner und Gartenküns 1er ihnen genau sagen, welche An-
forderungen sie an ihr Material, stellen? Zu einem reellen
Züchter sollte man das Vertrauen haben, daß er über die von
ihm gezogenen und anpepriesenen Pflanzen keine in seinem
Interesse übertriebenen Angaben machen werde.

Das Hauptinteresse des Baumschulbesitzers an dem in
Rede stehenden Vortrage konzentriert sich naturgemäß auf die
vorgeschlagenen und durch vortreffliche Zeichnungen zur An-
schauung gebrachten Formen und auf die Andeutungen in betreff
der Soitenwahl für diese Formen. Diese Andeutungen können
als Grundlage für eine weitere Verständigung angesehen
werden und der Bund der Baumschulenbesitzer wäre die ge-
eignete Instanz, eine allgemeine Aussprache in die Wege zu
leiten, die aber erst dann fruchtbringend sein wird, wenn auch
 
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