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Die Gartenkunst — 13.1911

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Heicke, C.: Von der XXIV. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst
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Späth, L.: Entwurf zu einem Schloßgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0144

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136

DIE GARTENKUNST.

XIII, 7

Standes Oberstleutnant a. D. v. Strzemieczny teilnehmenden
Herren in vieler Hinsicht als eine Musteranlage anerkannt
wurde; ein anderer Trupp endlich besichtigte den Park des
bei Langen im Walde gelegenen großherzogl. hessischen Jagd-
schlosses Wolfsgarten, wobei Herr Victor Zobel, Darmstadt,
der die Erlaubnis zur Besichtigung vermittelt hatte, auch die
Führung übernahm. Am Abend besuchten die Mitglieder
gemeinschaftlich das Komödienhaus, wo ein „Sommerspuk"
ihnen ein paar heitere Stunden verschaffte und die fachlichen
Veranstaltungen angehm unterbrach.

Am folgenden Morgen, 26. Juni, begann früh um 7 Uhr
die der Hauptversammlung angefügte Rundreise zur Besich-
tigung der Frankfurt benachbarten Kur- und Badeorte, ihrer
Anlagen und Einrichtungen. Mancher mochte wegen der
Reichhaltigkeit des Tagungsprogramms für die Beteiligung an
dieser Veranstaltung einige Besorgnis gehegt haben; aber als
annähernd hundert Mitglieder sich zur Fahrt nach Königstein
und Cronberg einstellten, schwanden alle Bedenklichkeiten.
Am andern Tage, 27 Juni, traten sogar viele Herren schon
um 6 Uhr früh — eine Stunde vor der programmäßigen Zeit —
die Fahrt nach der Saalburg an, um Zeit zu der unter fach-
kundiger Führung stattfindenden eingehenden Besichtigung zu
finden, und am letzten Tage, 28. Juni, war es immer noch fast
ein halbes Hundert, das sich am Vormittag durch Geh. Reg.-
Rat Prof. Dr. Wortmann die Einrichtungen der Geisenheimer
Lehranstalt zeigen und Mittags „unter den Eichen" in Wies-
baden durch Kollegen Berthold bewillkommnen ließ.

Über die bei den verschiedenen Besichtigungen gewon-
nenen Eindrücke wird ein besonderer Bericht mit Abbildungen
im nächsten Hefte der Gartenkunst erscheinen, den abzufassen
Herr Hoemann, der nunmehrige Leiter der Zeitschrift, über-
nommen hat. Ich selbst, der ich hiermit den Redaktionsstift
aus der Hand lege, benütze die Gelegenheit, mich von
den Lesern der Gartenkunst unter gleichzeitigem Danke für
die auf vielen Seiten gefundene Mitarbeit und Unterstützung
zu verabschieden. Heicke.

Entwurf zu einem Schloßgarten.

Von L. Späth, Baumschulenweg-Berlin.

Auf der Großen Internationalen Gartenbauaus-
stellung im Frühjahre 1909 in Berlin erregte das Projekt
zu einem Schloßgarten, das durch zwei Ansichten eines
Modells Seite 135 und 135 wiedergegeben ist, all-
gemeine Beachtung. Das Projekt wurde von der
Abteilung Landschaftsgärtnerei der Firma L. Späth,
Baumschulenweg entworfen. Ist es schon erfreulich,
daß es ihr gelungen ist, den Auftrag zu einer solch
bedeutenden und schwierigen Aufgabe zu erhalten, so
muß nicht minder anerkannt werden, daß die alte
und große Baumschulenfirma aus eigenem Können es
in hervorragendem Maße verstanden hat, allen An-
forderungen, die die modernen Kunstbestrebungen stel-
len, bei dieser Anlage in feinsinnigster Weise gerecht
zu werden.

Die Anlage ist modern im besten Sinne des Wortes,
sie sucht nicht in dem mangelhaften Kopieren irgend
eines vorhandenen Stiles ihr Heil, auch nicht durch
ein sinnloses Formen von Ornamenten in der Manier
unmotivierter Teppichbeetspielerei, sondern durch pein-

liches Eingehen auf das jeweilige Bedürfnis, durch
proportionales Arbeiten hinsichtlich der Verteilung der
Massen, des Lichts und des Schattens, wie auch beim
Einsetzen der Mittel, durch Zweckmäßigkeit und or-
ganische Gliederung der Flächen und Räume. Das
waren die Richtlinien des Entwerfenden.

Den Beweis dafür erhält man sofort bei genauer
Prüfung des Projektes. Das Schloß zeigt dem Garten
drei Fassaden. Das Hauptgebäude sieht nach Süden
und enthält Wohn- und Repräsentationsräume, der
Ostflügel dient Wirtschaftszwecken, während im West-
Flügel die Stallungen untergebracht sind. Wir sehen,
daß das Schloß, dem vorhandenen Bedürfnis ent-
sprechend, eine deutliche Gliederung zeigt; dieser Ein-
teilung ordnen sich auch die davorliegenden Garten-
teile an. So dient der Terrassengarten am Südabhang
mit reicher Architektur und Plastik, mit seinen schat-
tigen Lindenlauben, seinem reichen Blumenschmuck
und der großen Wasserfläche augenscheinlich der Er-
holung und der Repräsentation. Der Ostabhang wurde
in seinem terrassierten Teile zu einer Formobstanlage
mit anschließender Gärtnerei und im übrigen zu einem
Gemüsegarten umgestaltet, wohingegen dem west-
lichen Schloßflügel die Reitbahn und der Tennisplatz
vorgelagert wurden. Die Nordfront des Hauptgebäudes
sieht über den Schloßhof hinweg auf weite Wiesen-
flächen, welche durch Ahas begrenzt sind und so einen
ungestörten Ausblick auf die dort weidenden Vieh-
herden und die malerische Umgebung gewähren.

Aus dieser Anordnung braucht nicht gefolgert zu
werden, daß die dem Sport und den Wirtschaftszwecken
dienenden Gartenteile unschön sein sollen, vielmehr ist
der Obstgarten als eine Musterobstanlage mit originellen
Formobst- und Obstlaubengängen, mit plätschernden
Wandbrunnen und einfachen aber sinnreichen Plastiken
(Bacchanten, Satyren etc.) geschmückt gedacht, während
der Gemüsegarten mit seinen Blumenrabatten und mit
Buxbaum eingefaßten Beeten, wo hin und wieder auch
eine naive Spielerei in Form einer aus Pflanzen ge-
schnittenen Tierfigur sich von der weißen Einfassungs-
mauer als Silhouette abheben darf, das Gepräge eines
unserer alten schönen Bauerngärtchen tragen soll.

Auf Einzelheiten soll hier nicht weiter eingegangen
werden; nur möchte ich besonders auf die geschickte
Raumwirkung der einzelnen Gartenteile hinweisen,
welche teilweise durch einen Rahmen aus Baumpflan-
zungen, Heckenwerk, berankten Futtermauern oder
Laubengängen, teilweise durch Niveauunterschiede er-
zielt wurde. Bemerkenswert ist ferner, daß alle regel-
mäßigen Gartenteile in sich zusammenhängen, also
ohne den eigentlichen Naturpark zu durchwandern oder
störende Fahrwege zu kreuzen, untereinander zu er-
reichen sind. Interessant dürfte hierbei die Verbin-
dung von Obst- und Gemüsegarten durch einen Tunnel
sein.

Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag- der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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