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Die Gartenkunst — 14.1912

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Heicke, C.: Parkpolitik und Gartenbau in Posen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0023

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XIV, 1

DIE GARTENKUNST.

15

Parkpolitik und Gartenbau in Posen.

Von Heicke, Frankfurt a. M.

Wer durch die Ostdeutsche Ausstellung 1911 zum
ersten Male nach Posen geführt worden ist, hat
wahrscheinlich gleich mir seine bisherigen Vorstel-
lungen von dieser vielbesprochenen Stadt erheblich
ändern müssen. Posen — damit habe ich immer
den Begriff einer freilich eigenartigen, aber in ihrer
neuzeitlichen Entwickelung etwas zurückgebliebenen
Stadt verbunden; das letztere trotz oder vielleicht ge-
rade wegen der bekannten unausgesetzten Bemühungen

zehnten genommen hat, nicht äußeren Einflüssen allein
zuzuschreiben ist, daß vielmehr eine große Summe
von innen herauskommender Triebkraft die eigentliche
Ursache ist. Wieviel dabei die politischen Gegensätze
zwischen der deutschen und polnischen Bevölkerung
und der sich daraus ergebende Wettbewerb auf allen
Gebieten mitwirkt, kann hier nicht untersucht werden,
ist auch für die Feststellung des tatsächlichen Fort-
schrittes nicht von Belang.

Die Fortschritte in allen Zweigen neuzeitlicher
Kommunalpolitik und Kommunalwirtschaft liegen in
Posen wie wohl an wenigen anderen Orten offensichtlich

Das neue Stadttheater in Posen. Architekt: Professor M. Littmann, München. Aufnahme von Jaffe, Posen.

des preußischen Staates, die Stadt durch alle erdenk-
lichen Maßnahmen zu fördern und voranzubringen.
Solche künstliche äußere Hilfe pflegt man gewöhnlich
einem Gemeinwesen, dessen Entwickelung aus eigener
Kraft von innen heraus vor sich geht, nicht aufzu-
drängen. Nun liegen die Verhältnisse ja so, daß die
Staatsfürsorge in erster Linie die Förderung des Deutsch-
tums, weniger diejenige der Stadt Posen an sich im
Auge hat, allein die letztere hat doch ihren Nutzen
davon und wenn die Entwickelung der Stadt nicht
stille steht, so mag mancher das in der Hauptsache
der Staatsfürsorge zuschreiben. Aber eine flüchtige
Umschau an Ort und Stelle selbst muß auch dem
oberflächlichen Beobachter die Erkenntnis verschaffen,
daß die, fast möchte ich sagen, „amerikanische“ Ent-
wickelung, die die Stadt wirklich in den letzten Jahr-

zutage und müssen unsere Bewunderung für die Männer
erwecken, die unter äußerst schwierigen Verhältnissen
solches zustande gebracht haben. Denn, wenn man
näheren Einblick in die Verhältnisse gewinnt, sieht
man, daß die sich regenden Kräfte in vieler Beziehung
nicht fördernd, sondern hemmend auf den zielbewußten
Fortschritt, oder richtiger gesagt, auf die Richtung des
Fortschrittes gewirkt haben und daß hierbei die natio-
nalen Gegensätze sich oft störend bemerkbar machen.

Die neuzeitliche Entwickelung hat Verschiebungen
auf allen Gebieten zur Folge gehabt und der Umstand,
daß die Statistik heute 2,7 Prozent der Posener Be-
völkerung ohne eigentliche Berufstätigkeit angibt, gegen
8,8 Prozent im Jahre 1882, redet eine sehr deutliche
Sprache; für Nichtstuer scheint in Posen kein Raum
zu sein.
 
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