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Die Gartenkunst — 14.1912

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Ammann, Gustav: Aus einem alten Schweizer-Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0183

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XIV, 11

DIE GARTENKUNST.

175

Abb. 2. Gut „Zur Schipf“: Blick von der Rundbank aut Hafen
Haus und Seegarten.

Aus einem alten Schweizer-Garten.

Von Gustav Ammann, Gartenarchitekt, Zürich.

Mit 7 Originalaufnahmen des Verfassers.

Ich habe ihn schon lange gekannt. Früher, wenn
das Dampfboot die blauen Wellen des Zürichsees
pflügte und den weißen Häuptern der Alpen zusteuerte
oder heimkehrte mit Sang und Klang und die Lichter
der Stadt und der Dörfer flimmerten gleich einem
Kranz von tausend leuchtenden Sternen. Dann ragte
die Silhouette der herrlichen Pappel aus dem See oder
das brennende Rot der Ranken des wilden Weines
leuchtete aus den Fluten heraus, das Bild prächtig
umrahmend. Die Mauer am See flan-
kieren zwei Gartenhäuschen mit spitzem
Dach; in ihrer Mitte steht das schmucke
Haus. „Zur Schipf“ heißt das alte Gut.

Es liegt zwischen Erlenbach und Herrli-
berg am Gestade des Zürichsees.

Immer wieder zieht die Schönheit
seines Gartens mich an. Ich habe die
Ufer des Sees links und rechts bestri-
chen, habe manch lieblichen Fleck ge-
troffen und kleine Paradiese von Gär-
ten geschaut. Aber ihm gebührt die
Krone, er übertrifft sie alle durch seine
Anmut, Lage und durch den vollende-
ten Aufbau.

Geschichtlich konnte ich leider we-
nig darüber erfahren. Wer sein Schöpfer
und wann es entstanden, ist mir nicht
bekannt. Früher gehörte das Gut der
alten Familie Escher, jetzt der Freifrau
von Meyenburg, die ihren Sommersitz
darin hat. Durch das Entgegenkommen
des Verwalters Herrn Schwarzenbach

bin ich in der Lage, einen Übersichts-
plan beizulegen sowie auch Aufnah-
men aus dem Innern des großen Gartens.
Es sind mit der Zeit viele geworden,
ich beschränke mich auf einige der
charakteristischen und markiere die
Stellungen mit Pfeilen in dem Plänchen.

Die rechtsufrige Seestraße führt von
Herrliberg kommend direkt am Haupt-
gebäude vorbei (Abb. i). Ökonomie
und Haus liegen rechts von der Straße,
während der kleine malerische Seegar-
ten mit den beiden Häuschen links
davon liegt. Vor dem Ökonomiege-
bäude steht auf einem ausgemauerten
Rundell ein schöner Nußbaum, von des-
sen Rundbank aus ich nun das Bild be-
trachte (Abb. 2 und 3). Ein stiller Hafen
liegt vor mir. Das fünfgeteilte Laub der
Jungfernrebe überwuchert dasMauerwerk
ringsum, fällt hinunter zum feuchten Spie-
gel, klimmt empor am Häuschen und
Zaun und verwischt die strengen Linien
der Architektur. Über der Straße berankt der edle Wein
Haus und Eingang. Breite Massen vollkroniger Bäume
füllen den Raum und verbinden das Ganze. Mächtig
strebt die wunderbare Pappel im Hintergrund in die Höhe
(Abb. 5), das steil ansteigende Dach des Häuschens
gleichsam wiederholend. Treppen und Rampen führen
hinab zum See und zu den Booten. Die Türe des
Gartenhauses (Abb. 4) führt hinaus auf die breite
Mauer, die sich in den See hinaus krümmt und den
Hafen vom Wellenschlag beschützt.

Ich habe selten gesehen, wie mit so wenig Pflanzen
ein so vollkommenes Bild erreicht wurde. Wilder

Abb. 4. Gut „Zur Schipf.“ Blick in den lauschigen Seegarten.
 
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