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Die Gartenkunst — 33.1920

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Zahn, Fritz: Ausbildungsfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20812#0022

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Ausbildungsfragen

Von Gartenbaudirektor F. Zahn, Steglitz*)

Ausbildungsfragen auf allen Gebieten sind wohl
noch nie so eingehend erörtert, wie in dieser Zeit,
noch nie so teilweise grundlegende Änderungen vor-
geschlagen, wie unter dem Gesichtswinkel: „Freie
Bahn dem Tüchtigen."

Auf der Hauptversammlung in Weimar hatte
sich auch die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst
damit beschäftigt und für die Ausbildung des Garten-
architekten den Vertretern zweier ganz voneinander
abweichenden Ansichten zur Klärung der Frage das
Wort gegeben. Hochschule war bei beiden die Schluß-
forderung, die auf verschiedenen Wegen erreicht wer-
den sollte. Wenn auch ich in der Hochschule das End-
ziel der Ausbildung sehe, so ist doch von vornherein
klar, daß dies Endziel nur erreicht werden kann, wenn
auch der entsprechende Unterbau vorhanden ist.
Beim Fundament der Fachbildung, der Ausbildung
des Lehrlings, muß eingesetzt werden. Wir
müssen methodisch aufbauen, müssen verschiedene
in sich abgeschlossene Ausbildungsstufen schaffen,
auf denen der Eine nach Bedarf und Fähigkeit seine
Ausbildung als beendet ansehen, der Andere weiter-
bauen kann, bis er auf dem höchsten Punkt an-
gelangt, die Hochschulbildung sich erarbeitet,
nicht ersessen hat.

Die Stufen sind: Lehrzeit, gärtnerische Fach-
und Fortbildungsschule, höhere Gartenbauschule,
Gartenbauhochschule.

Der Lehrzeit muß ich sogar noch eine Stufe vor-
bauen. Hierfür können wir für uns aus den Leit-
sätzen des Deutschen Ausschusses für technisches
Schulwesen mancherlei Beachtenswertes entnehmen,
so besonders, daß schon in der Schule die natür-
lichen Anlagen entwickelt werden sollen. Das würde,
auf das Gartenfach allgemein übertragen, besagen,
daß das gärtnerische Interesse durch den botanischen
Unterricht, durch Schülergärten, in denen der Schüler
praktisch sich betätigt, gefördert wird, daß ferner da-
mit Hand in Hand gehen muß ein Anschauungsunter-
richt in Gottes freier Natur selbst, damit der Schüler
sehen und beobachten lernt und die Vorgänge in der
Natur ihn zu Vergleichen, zum Nachdenken anregen.

Unterstützt und gefördert wird die Beobachtung
durch entsprechende Handhabung des Zeichenunter-
richtes. Wenn der Schüler veranlaßt wird, das Ge-
sehene zeichnerisch darzustellen, wird er seine Be-
obachtung darauf einstellen, charakteristische Einzel-
heiten sich einprägen, kurz schärfer hinsehen. In
diesem Falle heißt lernen sehen lernen.

Hat die Schule einen kleinen Grundstock gelegt,
wird der Lehrling schon vom ersten Tage an seine
Arbeiten anders anfassen. Voraussetzung dabei ist,
daß er für alle Arbeiten undMaßnahmen die richtigen
Anweisungen bekommt, nicht nur als Arbeitskraft be-
trachtet wird. Die Einführung der Lehrlingsprüfung,
die Namhaftmachung von Gärtnereien, die Lehrlinge
halten dürfen, die Beschränkung der Zahl der Lehr-
linge, die in einem entsprechenden Verhältnis zur Zahl
der Gehilfen stehen soll, ist mit Freuden zu begrüßen.
In die Hände der Gehilfen wird ein Teil der Aus-
bildung gelegt. Das erfordert, daß der Gehilfe selbst
etwas versteht, daß er es dem Lehrling in klarer,
verständlicher Form übermitteln kann. Durch die
Kürzung der Arbeitszeit ist dem auf seine Ausbil-
dung bedachten Gehilfen die allerbeste Gelegenheit,
dazu gegeben. * y

Nicht verfehlen möchte ich, an dieser Stelle auf
eine vom Ausschuß für Gartenbau beim Landes-

kulturrat für Sachsen herausgegebene Schrift hin-
zuweisen. „Soll mein Sohn Gärtner werden?" Eine
Aufklärungsschrift für Eltern und Erzieher und ein
Führer für angehende Gärtner und Gärtnerinnen.
Aus dem ersten Abschnitt: „Anforderungen" sei ein
beherzigenswerter Satz angeführt: „Die Gärtnerei
verlangt — das kann nicht genug betont werden -
körperlich und geistig durchaus gesunde Menschen,
die neben Fleiß und Ausdauer auch eine gute Schul-
bildung mitbringen. Nur wer diese Anforderungen
erfüllt, kann im Gartenbau vorwärtskommen."

For t bil dun g s s ch ulun terr i ch t — das ist
ein Kapitel für sich. Eingehend behandeln möchte
ich es an dieser Stelle nicht, vielmehr verweisen
auf einen Vortrag, den ich vor nunmehr 7 Jahren,
am 7. November 1912 in der Monatsversammlung
der Gruppe Brandenburg der Deutschen Gesellschaft
für Gartenkunst gehalten habe. Er ist in Möllers
Deutscher Gartenzeitung Nr. 2 und 3 des Jahrgangs
1913, auch in der Allgemeinen Deutschen Gärtner-
zeitung abgedruckt.

Aus dem Vortrag möchte ich die Hauptstichworte
herausgreifen. In sämtlichen Unterrichtsfächern völ-
lige und innige Anpassung an das Fach, an die gärt-
nerische Praxis. Der Schüler muß schon von der ersten
Stunde an sehen und begreifen, welcher Vorteil für
sein Fach ihm aus dem Unterricht erwächst. Daher
muß der Unterricht in Händen von Lehrern liegen,
die mit der gärtnerischen Praxis engste Fühlung
haben oder besser noch mitten in ihr stehen.

Wenn ich das Zeichnen besonders herausgreife,
so geschieht es, weil meiner Ansicht nach hier die
größten Mißgriffe begangen werden, weil hierbei
meistens über das Ziel hinausgeschossen, den grund-
legenden Kenntnissen und Fertigkeiten zu Gunsten
eines bunten Planes zu wenig Verständnis entgegen-
gebracht wird. Nicht eindringlich genug kann ich
davor warnen, durch schematisdies Kopieren von
Plänen im Schüler den Gedanken groß zu ziehen,
als könne er auch schon entwerfen, wenn er in der
Lage ist, einen mehr oder weniger sauber gezeich-
neten Plan anzufertigen. Ebenso eindringlich warne
ich vor der vielfach verbreiteten irrigen Ansicht, als
sei das so oft geübte Entwerfen kleiner Haus- oder
Vorgärten so besonders leicht und daher schon nach
kurzer Zeichenübung vom Lehrling zu lösen.

Der dreijährigen Lehrzeit entsprechend schlage
ich auch drei Unterrichtsstufen vor. Die Unterstufe
behandelt die Längen und Flächen, die Mittelstufe
die Höhen und Massen; die Oberstufe endlich ver-
einigt beides. In allen drei Stufen muß die Garten-
technik, das Fachrechnen mit dem Zeichnen Hand
in Hand gehen. Arbeitspläne werden gezeichnet,
die Maße für das Abstecken eingetragen, Hori-
zontalen und Profile dabei berücksichtigt, kurz alles
das behandelt, was der Obergehilfe gebraucht, wenn
er zur Ausführung einer Anlage von seiner Firma
fortgeschickt wird. Er muß auch mit den einfachsten
Meßinstrumenten Bescheid wissen, einen Plan genau
zu lesen verstehen, um darnach arbeiten zu können.

Als Schlußsatz zitiere ich wörtlich den Schluß
des vorerwähnten Vortrages: „Obligatorischer Fach-
unterricht, dessen Ziel sein soll: In allen Unter-
richtsfächern innigste Anlehnung an die Praxis, An-
passung des Stoffes an das Auffassungsvermögen
der Schüler, Erziehung keiner verbildeten, son-
dern gut ausgebildeter, denkender Gehilfen und für
die Landschaftsgärtnerei keiner zeichnenden Pfuscher

*) Vortrag, gehalten in der Berufsgruppe „Gartenbautechniker" des Bundes der technischen Angestellten und Beamten,
Berlin, November 1919.

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