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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0035
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THEATRON. 2g

hören glebt, die Menge sich um den Gegenstand in einen Halbkreis sammelt, weil in
dieser Stellung Einer dem Andern nicht im Wege stehet. Schon daher dürften wir er-
warten, bei ähnlicher Bestimmung immer dieselbe Grundform wieder zu finden; und so
erkennen wir sie auch wirklich in den Spuren der Pnyx auf Athens westlichem Hügel,
dem Areopagos gegenüber. Von diesem Plaze, der zu gerichtlichen und anderen Ver-
sammlungen diente, geben die Reste ebenfalls einen Halbkreis von Sizen an, vor wel-
chem zwei Wände in einen stumpfen Winkel im Mittel zusammen treffen, woselbst
sich eine kleine Erhöhung zeiget, wie einer Tribüne oder Kathedra für den Redner, die
sogar ein Dach über sich gehabt zu haben scheint, vielleicht um wie an unseren Kan-
zeln die Stimme abwärts zu halten. Einen Altar mufste, so gut wie das Theatron,
auch dieser Plaz in seinem Mittelpunkt haben, behufs der Opfer und Lustrationen, wo-
mit öffentliche Versammlungen, wenigstens zu bestimmten Fristen, eröffnet und ge-
schlossen wurden 2); allein weil in jenem die Skene eine Breite forderte, wie nicht die
Kathedra in diesem, so wurde schon dadurch die Einschliefsungs-Wand dort zur gra-
den Flucht bestimmt, und zugleich weiter zurückgewiesen durch die Forderung eines
concentrischen Kreises für den Chortanz.

Von dem steinernen Theatron des Bakchos aber ist bis auf eine schwache Spur
seiner Stelle jezt nichts mehr übrig; auch giebt es keine anderen Überbleibsel, von wel-
chen wir auf dieses zurück zu schliefsen eine unbestreitbare Befngnifs hätten. Denn wie
unsrer Absicht nach, die lediglich auf attische Schauspiele gehet, wir von dieser Unter-

2) Dafs Versammlungspläze vor den Zusammenkünften erst lustrirt, d. b. von Einflüssen feindli-
cher Dämonen gereinigt wurden, berichtet unter Anderen auch Pollux, VIII. 104. Er erzählt, dafs es durch
Besprengungen mit Blut von Ferkeln geschah, und dafs, der es verrichtete, Peristiarehos genannt wurde.
Dafs aber vor und nach solchen Verhandlungen oft auch ein Opfer dargebracht wurde, davon finden sich
häufige Anzeigen. Demnach mfifste man entscheidende Gründe angeben können, um zweifelhaft zu machen,
dafs auch im Thejatron ein gleiches geschah, wo sich so zu sagen das ganze Volk versammelte. In folgen-
den Versen des Virgilius: Georg Hb. It. v. 38l—Sa:

Non aliam ob eulpam Saccho caper Omnibus aris
Caedltur, et iteteres inemit proscenia ludii
sind Opfer und Spiel so nahe mit einander verbunden, dafs sie wie unzertrennlich erscheinen. Wenn man
nun hiernach annehmen darf, dafs vor Eröffnung der Spiele das Theatron lustrirt, und einmal auch auf des-
sen Altar geopfert wurde, sollte es auch nicht immer ein Bock gewesen sein; so ist es eben auch nicht
glaublich, dafs nach dem Spiele nicht wenigstens der gekrönte Dichter sollte seinen Bock dargebracht ha-
ben. Es mufs aber auch aufserdem oft der Gebrauch es mit sich gebracht haben, auf diesem Altar zu
opfern: denn es wird erzählt, dafs ein Heerführer einst das Schauspiel unterbrach, indem er in die Orche-
«tra einzog, um ein solches hier für den erfochtenen Sieg dar zu bringen.
 
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