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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0036
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3o

III.

sucliung sogleich alles ausscheiden müssen, was von den Römern herstammt, so kön-
nen wir uns überhaupt nicht genug in Acht nehmen vor den Überbleibseln Von Thea-
tergebäuden, weil deren keines in dem Zustande ist, dafs die attische Form sich ent-
schieden an ihnen offenbaren könnte 3). Es ist nicht blofs, dafs wir gar nicht wissen,
wie sich das" sikelische Drama zu der attischen Tragödie verJüelt, noch anzugeben ver-
mögen, welche Städte etwa die attischen Dramenarten angenommen hatten, und welche
nicht; sondern hauptsächlich darum, weil bei den meisten solcher Überbleibsel wir in
Zweifel bleiben, ob sie nicht in die Zeiten der römischen Herrschaft gehören, können
sie uns selten helfen, öfter aber irre leiten- Ein solches verführerisches Beispiel treffen
wir gleich in Athen selbst; ich meine das Odeion des Herodes, welches Stuart mit dem

3) Nach dem Pausanias scheinen, auch im eigentlichen Griechenland, nicht alle Städte mit einem
Theatron versehen gewesen zu sein. Aber so schwer es an den Überbleibseln sein möchte, ist dagegen in
den Beschreibungen der Schriftsteller doch oft zu erkennen, ob sie ein römisches oder ein attisches Thea-
tron im Sinne haben. So ist beim Appuleius (Metam. lib. X.) das zu Korinthos offenbar nach attischer Art
gebauet, ob gleich diese Stadt eine römische CoLonie war; wogegen dasTheatron zu Hypata (lib. III.) sich als ein
römisches dartbuet. Dies gehet überzeugend hervor aus den in beide verlegten Handlungen. Nach Pausa-
nias hatte Epidauros das Theatron aufserhalb der Stadt in dem Heiligtum de« Asklepios; zu Sikyon aber
war es, wie xa Athen, innerhalb der Stadt und neben dem Tempel des Dionysos gelegen. Hierbei merken
■wir an, dafs derselbe Schriftsteller das erst genannte Theatron wegen seiner schönen Verhältnisse allen ande-
ren so sehr vorziehet, dafs er dessen Baumeister, Polykletos, nennen zu müssen glaubt, .während er den rö-
mischen blofs in Rücksicht der Pracht und reichen Verzierung den Vorrang eingestehet, das zu Megalopo-
lis in Arkadien aber als da« gröfste unter allen angiebt. Gegen das römische des Scaurus konnte er es frei-
lich nicht mehr vergleichen; aber der Gegensaz, in welchen er jenes von Epidauros mit den römischen stel-
let, würde wol an sich schon, vor aller Frage nach dem Zeitalter des Baumeisters, auf die Vermuthung füh-
ren, dafs es nicht nach römischer Art gebaut war. Indefs war die Orchestra so klein, dafs die Dramen, die
etwa allda aufgeführt wurden, schwerlich in denselben io viel Handlung entwickeln konnten, wie wir es in
den attischen finden. W. Gell Es<r. in seiner Schrift, Argolis, (Lond. 1810.) giebt die Mafse an, die er
noch an den Sizreihen dieses Theatron nehmen konnte, des einzigen, was er auf dieser Reise fand. Nach
demselben mafs die Orchestra im Durchmesser nur neun und achtzig englische Fufs, wogegen die fünf xini
fünfzig Sizreihen allein, ohne den Umgang, nach den Dimensionen, die er angiebt, schon für die Durch-
schnittslinie des eigentlichen Theatron oder Plazes für die Zuschauer eine Länge von hundert und ein und
dreißig Fufs und drei Zollen giebt, welches einen grofsen ZuQufs von Zuschauern anzeigt. Von dem Ske-
nengebäade fand der Engländer keine Spur; allein nach den Vorschriften des Vitruvius zu urtheilen, müfste
der Gang zwischen demselben und dem Halbkreis der Orchestra unmäfsig lang gegen seine geringe Breite
gewesen sein, und es wäre wol wichtig zu wissen, ob derselbe nicht ganz zur Bühne gezogen war: welche»
aber wol nur durch Ausgrabungen ausfindig zu machen wäre. Olympia war zwar keine Stadt, kaum ein Fle-
cken zu nennen; allein dafs dieser Ort bei dem grofsen Zuflufs von Menschen zur Zeit der Spiele nicht den-
noch ein Theatron hatte, rührt wol davon her, dafs jene Zeit nicht auf ein dionysisches Fest eintraf, an
welchen allein die theatralen Spiele Statt fanden.
 
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