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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0087
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V.

o

U M.

1Nachdem wir den Schauplaz und die Skene samt ihren übrigen Zurüstungen kennen
gelernt, sei zunächst unsre Aufmerksamkeit auf das Costum der attischen Tragödie ge-
richtet, das heifst auf alles das, was sie zur anschaulichen Charakterisirung ihrer Rollen
anwendete. Voraus können wir uns schon sagen, dafs sie vom Anfang her, der Grund-
anschauung aller Griechischen Kunst getreu, ihre Charaktere typisch und nach Classen
gebildet und geordnet haben werde; und wie sehr auch in der Folge Liebe zur Abwech-
selung und Neues vorzubringen der Willkür Spielraum eröffnen mochte, so konnte doch
das einmal festgesezte System nie mehr ganz abgeworfen werden. Gemeinhin nahm die
Tragödie ihre Handlungen aus den anerkannten Mythen der Nation, die nächst den
Göttern hauptsächlich die Heroen ihrer Stämme betrafen, welche als zum Herrschen ge-
boren, in Schlachten und Abentheuern abgehärtet und stets in rascher Thätigkeit be-
griffen, schon an sich feste und wenig wandelbare Züge erwarten liefsen, und bei wel-
chen bereits das Epos mehr Gewicht auf die allgemeine Vorzüglichkeit des Geschlech-
tes gelegt, die Individualität aber nur in wenigen, bedeutenden Zügen geschildert hatte.
Hiernach konnte es dieser tragischen Bühne, wenigstens in ihren ernsteren Anfängen,
nicht in den Sinn kommen, bei der Bezeichnung dieser Charaktere sieh mit unbedeu-
tenden Zufälligkeiten und Naturspielen zu befassen; doch blieb ihr immer neben der
Auszeichnung des höheren Geschlechts auch der ideale Charakter der einzelen Person
von Wichtigkeit. Denn freilich lag vor allem ihr daran, dafs bei dem ersten Eintritt
einer Rolle der Zuschauer sogleich erkennen mochte, zu welcher Gattung sie gehöre,

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