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NEUERE HOLBEIN-LITERATUR,


N unserer Zeit erst ist der deutschen Nation das Verständniss der grossen Vergangen-
heit ihrerKunst erschlossen worden. Dass bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts
eines der herrlichsten Bildnisse Holbciiis, das des Goldschmieds Hubert Morett,
unter dem Namen des Lionardo da Vinci in der Dresdener Gemaldesammlung
aufbewahrt werden konnte, zeigt uns, nach Woltmann's tressender Bemerkung, am
klarsten, „wie Deutschland lange von seinen eigenen grössten Künstlern keine
Ahnung hatte." Einem derselben, dem cdelsten Sprossen einer wackeren deutschen
Künstlerfamilie, zur Auferstehung im Bewusstsein der deutschen Nation verholfen zu
haben, ist des genannten Kunstschriftstellers unbestreitbares Verdienst. Erst Wolt-
mann's Werk über Hans Holbein den Jungem, welches den Künstler im Zusammen-
hange mit der Culturgeschichte seiner Zeit allseitig darsteilte, gab uns zum ersten Male ein klar und erschdpfend
ausgeführtes Bild von der Bedeutung" dieses grossen deutschen Meisters; es gab zugleich einen Anstoss zu weiteren
Detail-Forschungen, so dass die nach kaum einem Jahrzehent nothwendig gewordene neue Auflage ! des Werkes,
welche auch die Resultate der denkwürdigen Holbein-Ausstellung zu Dresden im Jahre 1871 aufnahm, und eine
grosse Anzahl sehr gut ausgesührter Holzschnitte zur Illustrirung der gesammten Thätigkeit des Künstlers enthält,
zu den vollständigsten und verlässlichsten monographischen Darstellungen ähnlicher Art gehört, welche die
Kunstliteratur gegenwärtig überhaupt aufzuweisen hat. Woltmann 's Werk über Holbein tilgt, gleich Thaußng's
Buch über Dürer, eine uralte Schuld der deutschen Nation gegenüber den zweibedeutendsten bildenden Künstlern,
welche sie hervorgebracht, und zum grossen Theile ist es Woltmann 's Verdienst, dass das Interesse an den Werken
Holbciiis in und ausserhalb Deutschlands sleh immer stärker regt, wesshalb wir aus der jüngsten Zeit mehrere
bemerkenswerthe Publicationen über diesen Meister zu verzeichnen haben.
Wir beginnen mit einem vor wenigen Wochen erschienenen prächtigen Werke, welches geeignet erscheint,
das Verständniss Holbein's den weitesten Kreisen der Kunstliebhaber zu vermitteln. A. Quantin, der hervorragende
Pariser Kunstverleger und Buchdrucker, beabsichtigt, über die bedeutendsten bildenden Künstler aller Zeiten und
Schulen Monographien zu verössentlichen, die umsassende künstlerische Reproduktionen ihrer Hauptwerke, dann
eine kritische Analyse ihrer Stellung in der Kunstgeschichte und einen Abriss ihres Lebenslauses bieten, somit
Alles enthalten sollen, was erforderlich ist, um die alten Meister dem kunstliebenden Publicum unserer Tage nahe
zu bringen. Dass dieses Unternehmen mit Holbein begonnen wurde, zeigt sür den Geist, von dem es ausgeht,
da kaum ein anderer Held der Kunstgeschichte in Frankreich weniger bekannt ist, als dieser Hauptmeister der
deutschen Renaissance, wesshalb es dem sachverstandigen Herausgeber mit Recht am dringendsten erschien, zunächst

1 Holbein und feine Zeit. Von Alsred Woltmann. IL Aussage in 2 Bein., Leipzig, E. A. Seemann 1874—1S76,
 
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