Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 28.1905

DOI Artikel:
Kruse, John: Carl Larsson als Maler, Zeichner und Graphiker
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4237#0067
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CARL LARSSON ALS MALER, ZEICHNER UND

GRAPHIKER.

Eines Tages wanderte ich mit einem
Freunde durch den ältesten Teil von Stock-
holm, durch jene »Altstadt« mit ihrem Gewirr
von engen Straßen zwischen hohen Häusern,
mit ihren knapp bemessenen Marktplätzen, mit
ihren steilen, hie und da überwölbten Gäßchen,
welche schroff gegen das Wasser abfallen. Bei
diesem Gange kam mir Lübeck in den Sinn, ja
selbst auch Genua und Venedig. Dann und
wann wird die dumpfe Luft der Straße von
einem leisen Hauche aus dem Wasser erfrischt,
das unten nicht weit davon hervorschimmert,
doppelt glänzend und verlockend, da man hier
zwischen schwarzen Wänden steht, wo nur
einige schöne Barockportale oder geschnitzte
Rokokotüren die Mauerflächen beleben. In einer
langen, schmalen Straße mit Läden auf beiden
Seiten geht ein Strom von Menschen wie in
der Merceria Venedigs auf und ab, in den
meisten Straßen sieht es aber leer und öde aus
und besonders am Abend bekommendiewenigen

Leute, die Sich hier im Dunkeln bewegen Oder Porträt Carl Larssons nach einer Photographie (1903).

wie stumm und fragend in den Straßenecken

stehen, etwas Gespensterhaftes und Phantastisches. Die alten Zeiten werden dann wieder lebendig
in dieser labyrinthischen alten Stadt, in der Stadt Birger Jarls und Gustaf Wasas.

Wir waren auf unserer Wanderung bis zur Priestergasse gekommen, einer ungewöhnlich
finsteren Armengasse, als mein Begleiter auf eine große, wie ein Magazin aussehende Mietkaserne
hindeutete und sagte: »In dem Hause wurde Carl Larsson geboren.« Ich ging näher und
betrachtete das Haus. Es war schwarz, schmutzig, ohne Zieraten und äußerlich prosaisch, doch
zeugte noch von einer verschwundenen Zeit der Größe ein zierliches Barockportal mit einer
Rokokotür; und der — jetzt unsaubere — Gang jenseits der Tür war überdeckt von kleinen Kreuz-
gewölben von der massiven und soliden Bauweise, die so manches ältere Stockholmer Gebäude
heimisch und gemütlich macht.

In diesem schwarzen Hause dieser schwarzen Straße wurde also vor zweiundfünfzig Jahren Carl
Larsson geboren, der einmal der populärste Künstler Schwedens werden sollte, dank seiner

53
 
Annotationen