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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 36.1913

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Hind, Arthur M.: Sir Alfred Easts Radierungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3752#0019
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SIR ALFRED EASTS RADIERUNGEN.

Whistlers unbedingte Verdammung der großen Platte, ausgesprochen in einer Reihe von
Behauptungen, die er im Jahre 1886 zusammen mit den »Sechsundzwanzig Radierungen« das
erstemal veröffentlicht hat, war auf seinen Ausspruch gegründet, daß »die beim Radieren ver-
wendeten Mittel oder Instrumente vor allem im Hinblick darauf ausgewählt sein müssen, daß
der zu bedeckende Raum verhältnismäßig klein sein soll«.

Er darf unserer völligen Zustimmung gewiß sein, wenn er feststellt, daß der »zu bedeckende
Raum immer in einem angemessenen Verhältnis zu den Mitteln stehen soll, die ihn zu bedecken
verwendet werden«, aber wenn er diese Mittel auf die »größtmögliche Feinheit« einschränkt, so
sind viele von denjenigen Radierungen, welche allgemein als die besten gelten, als »durchaus
unkünstlerisch« ausgeschaltet, ein Ausdruck, den Whistler im Zusammenhang einer andern seiner
Bedingungen gebraucht.

Platten wie Rembrandts »Drei Kreuze« oder Piranesis »Carceri« mit ihren kräftigen offenen
Linien protestieren erfolgreich gegen jene Beschränkungen. Diese großen Platten können natürlich
nicht gewürdigt und genossen werden, wenn sie ebenso in der Hand gehalten werden wie zum
Beispiel ein feines Stilleben oder Ornament von Bracquemond oder Jacquemart. Sie müssen an den
Wänden betrachtet werden, und sowohl Rembrandt als auch Piranesi haben in diesen Beispielen
durchaus jenes technische Mittel zur Anwendung gebracht, das zu dieser Größe paßt, nämlich die
kräftige offene Linie, für die es in Whistlers Glaubensbekenntnis anscheinend keinen Platz gibt.

Von den modernen Künstlern, die sich der Radierung zu großen Kompositionen bedient
haben, scheint mir Haig insofern der größte Sünder zu sein, als er es am meisten versäumt hat,
seine Mittel dem zu bedeckenden Räume anzupassen, und sein Erfolg hat einigermaßen dazu auf-
gemuntert, große Platten, die mit malerischem Detail überfüllt sind, zu radieren. Frank Brangwyn,
dessen Werk kürzlich in dieser Zeitschrift besprochen wurde, hat für die Technik, die der
monumentalen Radierung angemessen ist, einen viel feineren Sinn, und sein Werk ist seit den
Tagen Piranesis die glänzendste Widerlegung von Whistlers unterschiedsloser Verdammung.
Wenigen modernen Radierungen ist solch eine dekorative Wirkung eigen, und Brangwyns Werk
ist verdientermaßen populär.

Hinsichtlich der Landschaft hat dieser breite Stil der Radierung großer Platten einen nicht
minder vornehmen Vertreter in Sir Alfred East gefunden. Er hat nahezu dreißig Jahre hindurch
gelegentlich Radierungen. Kaltnadelarbeiten und Aquatintablätter geschaffen, aber es ist erst zehn
Jahre her, daß ihm der Gedanke gekommen ist, sich ernstlich mit der Landschaft zu befassen, die
auf dieselbe kraftvolle Weise auf Zink oder Kupfer radiert ist wie von Brangwyn die Architektur.
Den Verkauf seiner Platten hat er niemals betrieben. Von allem Anfang an betrachtete er die
Radierung als eine Art Erholung, und niemals sind Drucke von ihm auf dem gewöhnlichen Lager
eines Kunsthändlers zu finden gewesen. Aber sie verdienen unzweifelhaft zusammen mit Brangwyn
in der Wertschätzung des Sammlers zu stehen.

Als Maler ist East nicht nur seit langem einer der populärsten, sondern einer der besten
Landschafter, die England überhaupt besitzt. Unter den Akademikern steht er sicherlich an erster
Stelle. Er hat niemals wie ein Leader oder ein Farquharson dem Publikum geschmeichelt, sein
Werk hat immer Stil; vornehme Einfachheit der Zeichnung ist für ihn besonders charakteristisch.

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