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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 37.1914

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Liegler, Leopold: Richard Lux
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https://doi.org/10.11588/diglit.4205#0142
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RICHARD LUX.

Der Name eines nahezu Unbekannten steht über diesen Zeilen,
und doch wird man sich ihn vielleicht merken müssen, weil das
Schaffen dieses Künstlers schon heute der Aufmerksamkeit wert
ist und es in Zukunft noch viel mehr sein wird. Er ist ein Eigener
und nichts liegt ihm ferner, als von sich Aufhebens zu machen;
er weiß, daß seine Zeit kommen wird, und hat die Geduld zu
warten. Als er an der Wiener Akademie unter Delug studierte,
arbeitete er sich ungeheuer schwer, weil er in dem engen Zusam-
mensein mit andern sich nicht wohl fühlte, er gehörte nicht zu
jenen, die allen Einflüssen offen standen, sondern er trug schon
alles fertig in sich und harrte nur des Augenblickes, wo sich sein
Inneres auftun sollte. — Es kennt jeder einen Moment im Leben,
von dem an seine geistige Mündigkeit beginnt, ein Moment von
einzigartiger Größe und Bedeutung, sofern man seine Folgen
bedenkt, ein Augenblick wie tausend andere, wenn ihm der per-
sönliche Akzent entzogen wird. Wohl vierzig junge Leute hörten
es, als Delug einmal sagte: »Naturköpfe zeichnen lernt jeder Ein-
spännerkutscher, wenn man sich mit ihm Mühe gibt, aber Poesie
muß der Mensch haben!« Doch nur in Lux zündete dieses Wort.
Und er ging hinaus in die Natur und versuchte in Einsamkeit und
Stille ihr die Poesie abzufragen. Er mied fortan den gewöhnlichen
Schulbetrieb und legte nur von Zeit zu Zeit seine Arbeiten vor.
Dadurch aber hatte er sich selbst gefunden und sich als ein Cha-
rakter erwiesen, der nicht mühsam von außen her an sich zu bauen
braucht, sondern als der Letzte einer langen Generationsreihe
sein Bestes 'gibt, wenn er seines innersten Wesens Kern lang-
sam enthüllt. Damit ist seine Stellung zur Welt und zur Kunst
gegeben: als ein Lyriker der Landschaft, den Thomas Lebensstim-
mung wohl am ehesten beeinflußt zu haben scheint, entsteht ihm
sein Werk aus dem intimen Wechselspiel zwischen Außen- und
Innenwelt, ist ihm sein Schaffen ein liebevoll aufgeschlossenes
Hinhorchen auf die Wunder des Lebens. Das ist für ihn so charak-
teristisch und naturnotwendig, daß er bei all seinem Interesse für
die künstlerische Produktion anderer nie wesentlich von ihnen
beeinflußt wurde, ja gelegentlich sogar dieser Möglichkeit auf die
eigensinnigste Art auswich. So vermied er es bei seinem ersten

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