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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 48.1925

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Dill, Otto: Otto Dill
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https://doi.org/10.11588/diglit.4215#0080
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OTTO DILL

i.

Im Kreis der Landschaftsmaler haben sich, nach dem Wort von Rudolf Oldenbourg (Die
Münchner Malerei im neunzehnten Jahrhundert, S. 112), die künstlerischen Kräfte Münchens zuerst
wieder zu einer selbstbewußten lokalen Tradition verdichtet. Ungefähr zur selben Zeit malte das
Biedermeier in München mit einem solchen Eifer Soldatenbilder, wie es selbst in Preußen damals
nicht geschah (F. P. Schmidt, Biedermeiermalerei, S. 71). Mehr noch. Die Paradebilder Krügers wurden
von den Schlachtenbildern W. Kobells, den leider erst Lichtwark für München entdecken mußte,
überboten. Ja die besten unter ihnen gehören, wie Oldenbourg mit Recht betont (a. a. 0. S. 288),
zum Wertvollsten, was die Schlachtenmalerei in Deutschland überhaupt geleistet hat. Kobell erfüllte
das Schlachtenbild, das in München vor nahezu einem Jahrhundert (1723) Beich geschaffen hatte
(Schleißheimer Schloß), im Geist und Stil seiner Zeit mit ganz neuem Leben. Mag man auch
Lessing zugeben, daß Kobells Schlachtenbildern, die Lessing lieber »Landschaften im Sinne der
Romantik« heißen möchte (Wilhelm von Kobell, S. 124), doch das Monumentale, das auch von ihrer
Bestimmung gefordert gewesen wäre, fehlt (a. a. 0. 171), »einige Stücke gerieten zum Wertvollsten,
was die Schlachtenmalerei in Deutschland überhaupt geleistet hat« (Oldenbourg a. a. 0. S. 288).
Kobells Werke gehen der Biedermeierzeit dicht vorauf (1808—1815) und bilden stofflich wenigstens
den Ausgangspunkt für die Münchner Soldatenmalerei im Biedermeier. Es ist deshalb allzu wenig
gesagt, wenn Schmidt (a. a. 0. S. 48) in der Weise Krüger und Kobell zusammenstellt, daß er sagt,
Krüger habe in seinen großen Parade- und Massenszenen das bunte Gewimmel zu einer über-
sichtlichen Einheit geführt, die außer ihm nur Kobell in seinem besten Werk, dem Oktoberfest von
1810, gelungen ist. Das aber darf man Schmidt wieder voll nachsprechen: in ARinchens wohlorgani-
siertem Künstlertum blühte jede Art von Sonderdarstellung am ausgiebigsten (S. 71). Auch die Tier-
malerei: J. WTagenbauer, der »aus dem holländischen Viehstück die Form des ländlichen Genres«
entwickelte (Schmidt), wiederum W. Kobell, A. Adam, Bürkel, J. F. Voltz, R. Eberle zum Beispiel.

Diese Zeiten liegen, gemessen mit dem Maß der inneren Entwicklung der Kunst, weit zurück.
Münchens alte Landschafterschule, sein Stolz, auch wenn, wie K. Scheffler meint, ihre Bedeutung
doch lokal umzirkt ist, starb aus mit Stadler (f 1917), Wenglein (f 1919) und Baer (f 1919), der in
seinem Ausgang mit ihr noch zusammenhing. Das letzte Soldatenbild von entwicklungsgeschicht-
licher Bedeutung malte Uhde 1883: die Trommelübung. Als Weisgerber im Felde draußen von der
Heimat aus (nach 1914) gebeten wurde, Arbeiten nach Hause zu schicken, antwortete er, jetzt sei
er Soldat; vielleicht komme später etwas zustande. Später traf ihn die Kugel. Ob die in den letzten
Jahren von Norddeutschland herkommenden Zweifel an Weisgerbers Bedeutung für die Münchner
Kunst — jüngst wieder in »Kunst und Künstler« 1924/25 I — das Rechte treffen, möchte ich dahin-
gestellt sein lassen. München hat seine Vormachtstellung in künstlerischen Dingen verloren. Gewiß

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