Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Chaniotis, Angelos [Hrsg.]; Berg, Manfred [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Überzeugungsstrategien — Berlin, Heidelberg [u.a.], 52.2008 [erschienen 2009]

DOI Artikel:
Steinhoff,Christine: "Was kläfft ihr denn?"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11274#0124
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
„Was kläfft ihr denn?"

Überzeugungsstrategien in der Literatur im allgemeinen
und bei Gottfried Benn im besonderen

CHRISTINE STEINHOFF *

„Wherever there is ,meaningc, there is ,persuasion"', lautet ein bekanntes Dik-
tum von Kenneth Burke: Wo ,Bedeutung' ist, da ist auch ,Überzeugung' (Burke
1969,172). Doch nicht bei allen Äußerungen, denen wir Bedeutung zuerkennen,
rechnen wir mit einem Beeinflussungsversuch. Gesetzt den Fall, man sollte ein-
mal Textsorten benennen, in denen man den Einsatz von Überzeugungsstrate-
gien erwartet. Einiges käme einem dann in den Sinn: Gutachten, Abhandlun-
gen, Kommentare... Gedichte hingegen würden einem zu diesem Stichwort
wahrscheinlich ebensowenig einfallen wie Wetterberichte, Kochrezepte und
Horoskope. Doch nicht alles, was auf den ersten Blick nicht zu argumentieren
scheint, ist auch wirklich frei von Überzeugungsabsichten. Während auf die
überredenden Anteile von Kochanleitungen („eine Messerspitze Estragon ist
für das Gelingen dieser Sauce unabdingbar") nicht näher eingegangen wer-
den kann, soll im folgenden gezeigt werden, daß ein literarischer - und damit
auch ein lyrischer - Text durchaus argumentativ organisiert sein kann. Zu
Recht ist Kenneth Burkes Begriffsverständnis als zu umfassend zurückgewie-
sen worden.1 Doch erweist sich anhand einer Untersuchung der persuasiven
Dimension sogenannter ,schöner' Literatur, daß Überzeugungsstrategien all-
gegenwärtiger sind, als man es vielleicht gemeinhin annimmt.

Der vorliegende Beitrag gliedert sich in einen allgemein-theoretischen und
in einen beispielbezogenen, praktischen Teil. Neben dem Ziel, die Grundzü-
ge literarischer Überzeugungsformen zu umreißen, geht es in einem zweiten
Schritt darum, in einer exemplarischen Analyse die persuasive Konzeption
zweier Gedichte Gottfried Benns sichtbar zu machen. Mit Der Arzt (II) und
Chaos sind bewußt Texte gewählt, die nicht der politischen' oder ,engagier-
ten' Literatur zuzurechnen sind. Dies ist mit einem höheren Analysebedarf
zu begründen. Bei einem literarischen Text, der keine explizite Stellungnahme

Dr. Christine steinhoff, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes „Überzeugungs-
strategien" am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg (2004-2006), ist Redak-
teurin beim Bildungshaus Schulbuchverlage in Braunschweig (2007-).
1 Vgl. etwa Rehbock 1980,297.
 
Annotationen