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Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

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https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0023
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B a u k u

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t

nach den Grundsätzen der Alten.

Erster Abschnitt.

Von dem Begriffe der Baukunst, von den Fertigkeiten und Hilfswissenschaften des Baumeisters, und von dem Endzwecke

der Baukunst»

§. i. _l_/ie Baukunst ist die Lehre, oder der Inbegriff derjenigen Kenntnisse und Fertigkei-
ten, durch welche man in Stand gesetzt wird, jede Art von Bau zweckmäfsig zu entwerfen
und auszuführen. Die Kunst unterscheidet sich von der Wissenschaft wesentlich dadurch,
dafs Geistesfähigkeiten und Kenntnisse allein bey jener nicht hinreichen, wie bey dieser; son-
dern dafs dazu auch körperliche Anlage, mechanische Geschicklichkeit, Handfertigkeit und
Sinnesübung gehört. i

§. 2. Man kann daher nur denjenigen einen Baukünstler nennen, welcher mit glückli-
chen Naturanlagen, und erworbenen Kenntnissen zugleich die erforderlichen Fertigkeiten
verbindet, jeden Bau gehörig zu entwerfen, anzuordnen, und in der Ausführung zweckmäfsig
zu leiten.

Ohne vorzügliche Naturgaben wird der Architekt es eben so wenig, als der bildende
Künstler, je weit bringen. Die Hülfswissenschaften für sich allein, schon erfordern einen
grofsen Umfang von Fähigkeiten. Aber Kenntnisse, die man durch Anstrengen und Aus-
dauern erlangt, sind noch nicht hinreichend. Ein Bau ist ein Werk des Geistes, wie jedes
andere Produkt der schönen Künste, und ein eigener Sinn fürs Schickliche und Schöne mufs
den Baumeister dabey leiten. Vorzügliche Geisteskraft, ein schönes Gefühl, und eine genaue
Kenntnifs der Grundsätze, worauf das Wesen der Baukunst beruht, verbunden mit den erfor-
derlichen Fertigkeiten, machen erst den vollkommenen Baumeister.

§. 3- Die Fertigkeiten, in denen der Baukünstler frühzeitig geübt, und die Wissenschaf-
ten, in welchen er theils wegen ihres mittelbaren, theils wegen ihres unmittelbaren Ein-
flusses auf die Ausübung unterrichtet seyn mufs, umfassen ein grofses Feld: wenn gleich wir
auf manches nicht so strenge halten, was Vitruv (I. i.) von dem Architekten seiner Zeit for-
derte. Folgende Uebersicht wird die Sache mehr ins Klare setzen. Es gehören dazu:

I. Das Zeichnen: Der Baukünstler mufs durch fleifsiges Ueben die Leichtigkeit zu er-
langen suchen, erstlich jede Art architektonischer Hisse vermittelst des Lineals, und des
Zirkels zu verfertigen. Hiezu rechnen wir den Plan, den Aufrifs, den Durchschnitt, und die
perspektivische Darstellung. Zugleich begreifen wir hierunter das Zeichnen jeder Art Ma-
schinen, welche bey Führung irgend eines Baues vorkommen können. Zweytens mufs er die
gehörige Fertigkeit im freyen Handzeichnen besitzen. Hiezu zählen wir jede Art architek-
tonischer Verzierungen, eine hinlängliche Kenntnifs in der Figurenzeichnung, und die Ver-
fertigung eines Landschaftgrundes. Jede Art von Zeichnung erfordert Richtigkeit nach den
äufsern und innern Umrissen, eine nach den Gesetzen einer guten Beleuchtung wohlverstan-
dene Schattirung, und eine, in manchen Fällen nothwendige, mehr oder weniger ausführ-
liche Kolorirung. Diese ist bey perspektivischen Rissen, und bey Durchschnitten haupt-
sächlich nöthig, wenn die gute Wirkung mancher Verzierungen im Voraus gehörig beur-
theilt werden soll.

II. Das Modelliren: Sehr oft sieht sich der Architekt genöthigt, sich und andern die

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