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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Lang, Hugo: Allerneueste "Innen-Architektur"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0295

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INNEN-DEKORATION

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RATH & B ALB ACH. ARCHITEKT CARL MÜLLER WOHNZIMMER MIT KACHELOFEN. HAUS M.

ALLERNEUESTE »INNEN-ARCHITEKTUR«

Im Leitartikel einer neuen, von Taut herausgegebenen
Zeitschrift, genannt »Frühlicht« gibt ein Herr Finsterlin
in blumenreicher Sprache, an der Hand von ebenso geist-
vollen Entwurfskizzen, Erklärungen über seine neue »In-
nenarchitektur«, aus denen einige Proben unseren freund-
lichen Lesern nicht vorenthalten seien, damit sie auch
über diese allerneueste »Richtung« im Bilde sind: . . .

»Im Innenraum des neuen Hauses«, — sagt Herr
Finsterlin, — »wird man sich nicht nur als Insasse einer
märchenhaften Kristalldruse fühlen, sondern als interner
Bewohner eines Organismus, wandernd von Organ zu
Organ, ein gebender und empfangender Symbiote eines
»fossilen Riesenmutter-Leibes« . . Möbel, — wie wir
sie in unsere großen Wohnschachteln kleben, müßten im
neuen Räume wirken als störendste, zerstörende, leid-
reizende Fremdlinge. Sagt mir, ob euch nie das gewalt-
tätige Schema eurer sechs Wände irritiert und die inji-
zierten Sachsärge eurer tausend Notwendigkeiten (Ge-
meint sind Schränke), — ob nie die geheimnisvolle Lust
an euch herankroch, euch zu umräumen nach dem Rhyth-

mus eurer atmenden Seele (Doch, doch, in solchen Fällen
gehen wir allerdings spazieren in Wald, Berg und Tal),
ob ihr euch nie wie ein oxygenes (Abgeleitet von Oxy-
gen = Sauerstoff) Geschöpf einbohren und einfressen
wolltet in das trotzige Massiv eines erratischen Methusa-
lems (Gemeint ist ein Felsblock auf der Wiese) und eure
Impulse spielen lassen im mürben Stoff des Steins? . . .

Möbel des neuen Zimmers werden Immobilien sein
müssen, Unterformen, Divertikal der häuslichen Organe,
untrennbar und unverrückbar von und in ihnen, Organe
im Organ, Gefäße im Gefäß. Daß ihr Grundmaterial so-
dann identisch oder zu mindestens verwandt sein muß,
ist selbstverständlich . . So kann sich z. B. ein Schrank
mit seiner Wurzel aus der Wand eines Beton-Baues her-
ausblähen, übergehend in Majolika, und nur für seine
Zier-Ummantelungen können andere Materialien in Be-
tracht kommen. Man denke sich Majolika-Betten
(Bei 10 Grad Kälte!), die mit ihrem Fuße ihrem Substrate
entwuchern und in ihrem Kelche den Flaum tragen
wie Pilze den Mulm ihrer nächsten Generationen! Wie
 
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