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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0284
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278

Alois Riegl. Das holländische Gruppenporträt.

Einheit verbunden ist, wie es bei den Romanen langst Regel geworden war; aber jenes Ziel ist unsichtbar
gemacht, so dass es sich der Beschauer in der Vorstellung aus dem Erfahrungsbewusstsein zu ergänzen
hat; und desgleichen sind vom Subject nicht die äusseren vermittelnden Organe des Aufmerkens
(namentlich die Augen) zur Darstellung gebracht sondern blos die Kehrseite gezeigt, diese aber in
solcher Charakterisierung, dass der Beschauer dadurch wiederum im höchsten Maasse angeregt wird,
sich das »Aufmerken« der Figur in der Vorstellung aus dem Erfahrungsbewusstsein zu ergänzen.
Damit war eben nichts Anderes gemeint als mit jenen übrigen zahlreichen, anscheinend nichtssagend-
bedeutungslosen Figuren, die in den holländischen Bildern der Vierziger- und Fünfzigerjahre des
XVII. Jahrhunderts so häufig wiederkehren: etwa mit dem »Angler«, der zwar auf ein bestimmtes
Object (den unsichtbaren Fisch) merkt aber im Beschauer wesentlich nichts Anderes als die Vorstellung
gespanntester Erwartung wachruft; oder mit der »Näherin«, deren winzige Stiche man völlig über-
sieht, weil der Beschauer vollständig durch die Vorstellung des mit überzeugender Meisterschaft dar-
gestellten »Achtgebens« bei der Arbeit gefangen genommen wird. Parallel damit begegneten wir in
der gleichzeitigen Composition an der Einzelfigur einerseits dem höchsten packendsten Relief, zu-
gleich aber auch ihrer lockersten Auflösung im Freiraume; in der Gruppe einerseits einer Retablie-
rung der Liniencomposition in der Ebene, zugleich aber auch einer Umwerthung dieser Ebene aus
einer objectiven geometrisch-haptischen in eine subjective optische.

Fig. 74. Lavierte Federzeichnung eines holländischen Meisters, um 1650.

Albertina.
 
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