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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Schrader, Hans: Robert von Schneider: geboren am 17. November 1854, gestorben am 24. Oktober 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0402
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Hans Schräder.

des gerade zur Sache Nötigen beschränkt, nur hier und da einen Ausschnitt geben. Auf der anderen
Seite waren es große praktische Aufgaben, wie die Neuordnung der Antikensammlung in den Räumen
des Kunsthistorischen Hofmuseums, die vorläufige Aufstellung der ephesischen Funde, die seinen ange-
borenen Kunstsinn gesund entwickelten. Und seine Sammelleidenschaft ließ sich an der amtlichen
Betätigung nicht genügen: wie er seine Bibliothek aufs liebevollste hegte und pflegte, so sammelte er
auch für sich selbst mit feinstem Verständnis Werke neuerer Graphik und er konnte wohl in späteren
Jahren, unter der Last mannigfacher Geschäfte, halb scherzhaft die Äußerung tun, er wisse sich nichts
Besseres, als, einmal von Geschäften frei, die Buchdruckerkunst eigenhändig auszuüben, mit selbst-
geschnittenen Typen schöne Drucke herzustellen. So hatte Schneiders Freude an der Kunst etwas
Gesund-Sachliches an sich und mit ihr verband sich eine bei aller feinfühligen Empfänglichkeit für das
Schöne stets wache Kritik, als die Grundlage aller Wissenschaft. Man wird nicht fehlgehen, wenn man
die Anregung für diese wissenschaftliche Gesinnung im Einflüsse des Vaters, des berühmten Chemi-
kers, sucht; dafür spricht wohl auch, daß R. v. Schneider sich zunächst dem Studium der Medizin
zuwandte, bis ihn Alexander Conze für die Archäologie gewann. Conzes Lehre und Persönlichkeit —
noch heute lebendig in der Erinnerung seiner Schüler — haben auf Schneider fürs Leben entscheidend
gewirkt und er hat dem Lehrer für das Empfangene gedankt durch eine immer gleich warme Liebe und
Verehrung, der er gern und oft beredten Ausdruck gab.

Für die innere Stetigkeit in Schneiders wissenschaftlicher Entwicklung ist es charakteristisch,
daß schon in seinen Studentenjahren dieselben Interessen klar hervortreten, die er sein Leben lang fest-
gehalten hat. Seine Doktorschrift, mit der er 1880 promoviert wurde, behandelt die Frage der Re-
konstruktion des Parthenon-Ostgiebels, namentlich der Mittelgruppe, und bezeugt eine für einen An-
fänger erstaunlich reife Einsicht in das Wesen griechischer Kunst, eine Einsicht, die, weiterhin durch
immer eindringendere Kennerschaft vertieft, in knappgefaßten, inhaltreichen Publikationen so manches
griechische Kunstwerk dem Verständnis erschlossen hat. Gleichzeitig aber mit einer der feinsten Fragen,
welche die griechische Kunst der Blütezeit stellt, beschäftigte ihn die Bearbeitung spätrömischer Monu-
mente, wie sie ihn eine Bereisung des westlichen Ungarn in Fülle kennen gelehrt hatte. Es war der
Anfang eines geduldigen Studiums der römischen Uberreste auf dem Boden der Monarchie, das große,
später leider nicht zur Ausführung gelangte Pläne reifen ließ, wie den einer Sammlung der in Oster-
reich gefundenen antiken Statuetten und einer Publikation der römischen Torbauten in Istrien und
Dalmatien. Nur Weniges aus dieser Kenntnis der heimischen Monumente ist in wissenschaftlichen Ar-
beiten niedergelegt, aber einige für einen weiteren Leserkreis berechnete Schilderungen (über Kärntens
Vorzeit, über Aquileja, Pola, Salona) — Muster gemeinverständlicher Darstellung — zeigen, wie dem
Verfasser aus den Trümmern das Bild der Vergangenheit lebendig, in voller Rundung emporstieg. Wohl
vorbereitet durch solche Studien, übernahm Schneider in der Folge mit der Leitung des archäologischen
Instituts die Pflicht, für die Erhaltung und Erforschung der antiken Denkmäler auf österreichischem
Boden an seinem Teile mitzuwirken. Die Drucklegung des großen Niemannschen Werkes über den
Diokletianpalast in Spalato— um nur dies eine zu erwähnen — hat ihn bis zuletzt beschäftigt.

So vielseitigen Interessen hingegeben, hat R. v. Schneider schon in jungen Jahren, da andere un-
sicher tastend ihren Weg suchen, die disziplinierende Wirkung regelmäßigen Umgangs mit den Kunst-
werken an sich erfahren, indem er im Jahre 1876, zweiundzwanzigjährig, als Volontär in die kaiserliche
Antikensammlung eintrat, um ihr fürs Leben treu zu bleiben. Er wurde 1880 zum Kustosadjunkten,
i883 zum Kustos, Ende 1899 zum Direktor ernannt. Die Jahre 1889 bis 1891 nahm die Neuordnung
der Sammlung in dem 1882 äußerlich fertiggestellten, 1891 eröffneten Prachtbau des Kunsthistorischen
Hofmuseums in Anspruch — eine große wissenschaftliche und organisatorische Aufgabe, in deren Be-
wältigung Schneiders Kennerschaft auf weiten Gebieten der antiken Kunst zu der ruhigen Sicherheit
des Urteils heranreifte, die ihm eigen war, die ihn in manchem Fall — ich erinnere nur an die Tiara
des Sa'itaphernes — vor folgenschwerem Irrtum bewahrt hat. Auch die Schwierigkeiten, die einer ge-
schmackvollen Aufstellung der Antiken die durch das ganze Gebäude gleichmäßig durchgeführte Pracht
der Ausstattung bereitete, hat Schneider, soweit es überhaupt möglich war, überwunden. Was er unter
 
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