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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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I. Teil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Programme und Entwürfe zu den großen österreichischen Barockfresken
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0009
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PROGRAMME UND ENTWÜRFE
ZU DEN GROSSEN ÖSTERREICHISCHEN BAROCKFRESKEN.

Von

Hans Tietze.

nter allen Leistungen der österreichischen Malerei des XVIII. Jahrhunderts ist das
dekorative Fresko zur stärksten Wirkung berufen. Hier sind wir durch die ganze
Anlage und Anordnung gezwungen, wenigstens teilweise auf die Forderungen
unserer Zeit, mit denen wir sonst an die Schöpfungen jener heranzutreten gewohnt
sind, zu verzichten und mit den Augen derer zu sehen, zu deren Freude diese
Werke geschaffen wurden. Auch der alles besserwissende und deshalb alles besser
können wollende Intellekt, dem das XIX. Jahrhundert die entscheidende Stimme
bei Beurteilung eines Kunstwerkes verschafft hat, kann sich in diesen geschmückten Räumen der mäch-
tigen Wirkung einer Kunst nicht ganz entziehen, die er sonst — gleich seinem Ahnherrn Nicolai — als
«Unsinn mit Methode» belächelt. Selbst wer die raumgliedernde oder raumaufhebende Kraft dieser Ma-
lereien nicht zu würdigen vermag, beugt sich bewundernd vor dem technischen Können, das diese riesen-
haften Flächen zu einer einheitlichen Wirkung zwingt, und staunt über die Meisterschaft, die die Arbeit
von Jahren, das Zusammenwirken vieler Hände, das gemeinsame Werk von Künstlern und Literaten wie
aus einem Guß erscheinen läßt. Und unsere Bewunderung der einzelnen Hauptwerke dieser Art steigert
sich darüber hinaus zu einem Begreifen mancher Grundlagen dieser künstlerischen Barockkultur, wenn
wir die Entstehungsbedingungen dieser großen dekorativen Fresken untersuchen.

Das Inhaltliche, der Gedankenkreis, der in ihnen ausgedrückt ist, spielt in diesen Malereien eine
große Rolle. Aber gerade hierin liegt für uns eine Schwierigkeit, in das richtige Verhältnis zu diesen
Werken zu kommen. Denn dieser Gedankenkreis ist uns sehr fremd geworden und wir haben Mühe,
uns in die Zeit zu versenken, der er so natürlich und angemessen war, daß er sie im Genuß der dekora-
tiven Wirkung nicht störte. Wo immer wir ursprünglich gedankentiefe Vorstellungen sich zu dekorativer
Anwendung ausbreiten sehen — z. B. in den Skulpturenzyklen der großen gotischen Dome —, setzt
dies eine sehr weitgehende Einheitlichkeit der geistigen Kultur, eine starke Geschlossenheit der religiösen
und anderen geistigen Grundlagen voraus. Dies hat auch tatsächlich in sehr hohem Grade in der öster-
reichischen Barockkunst seine Gültigkeit: die politischen Erfolge, die das österreichische Nationalgefühl
mächtig steigerten, der unbedingt dominierende Katholizismus, die im guten und schlechten Sinn ein-
heitliche Bildung, all dies schuf den Boden, dem diese Arbeiten entsprossen sind. Hier sollen einige An-
deutungen gegeben werden, welchen künstlerischen Bedingungen sie ihre Entstehung verdanken.

Den ersten Vorschlag über das zu wählende Thema machte der Bauherr oder er überließ es dem
Künstler, auf Grund allgemeiner Direktiven ein geeignetes Sujet anzuempfehlen.

«Hochwürdig, gnädig und hochgebietender herr, herr. Euer hochwürden und gnaden nehmen mier nicht
ungnädig, wan ich durch gegenwertiges hochderoselben molest falle; allein weilen ich vor wenigen tagen durch
herrn baumeister Hayberger mindlich vernomen, dass derselbe von ihro hochwürden und gnaden die comision
habe, sich bei mier umb einen gedankhen auf dero preciosen bibliotec zu erkundigen und zwar, dass solches con-
cept aus der heiligen schritt sein solle, wie auch anbei gemeldet, das euer hochwürden und gnaden ein belieben
trage, die königin von Saba in derselben vorzustellen, welcher gedankhen zwar nicht zu verwerfen ist, allein ist
dises wohl zu beobachten, das, weilen dises coneept in einem pallast mues vorgestelt werden, als dan solche ge-
dankhen, alwo sich gebei befinden, wan änderst möglich, über die hehe zu mallen man maiden solle, dan gebei
in liften vors erste wider die natur, vors andere dem aug kein contento geben kan; habe also nicht ermangeln

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