Die lHonbfee Moritz von 5chwind
Orgelkcrxorgel
Legende von Manfred Hausmann
Der Aönig hatte viele tapfere Soldaten. Einer war derallertapferste.
Es ist kein Zweifel, daß er längst zum General aufgerückt wäre,
wenn nicht eines Tages eine Aanonenkugel seinen linken Arm weg-
gerissen hätte. Da meinte denn der Feldscher, mit dem Soldatenleben
sollte es nun aus sein. Aber als der Verwundete im Spital lag,
schrieb er an den König: So und so, und er dächte nicht daran, sich
einen Bürgerbauch anzufressen. Das Schlachtgeschrei hätte es ihm
angetan. Er bäte alleruntertänigst, ob er nicht bei der Kavallerie
Unterkommen könnte Da wollte er die Zügel ins Maul nehmen,
sein Pferd mit den Beinen regieren und mit dem rechten Arm
einhauen.
Weil er nun so ein tapferer Kerl war, drückte die Majestät ein
Auge zu, und nach wenigen Monden ritt der Einarmige wie der
Teufel von einer Bataille in die andere. Dabei betrieb er seine Sache
mit solcher Bravour, daß er sich doch noch den Generalhut erfochten
hätte, wäre nicht abermals so eine verfluchte Auge! gekommen.
Diesmal nahm sie sein rechtes Bein hinweg. Nun half nichts mehr,
er mußte den Dienst quittieren. Als er aber zum ersten Mal mit
Holzbein und Krücken zu hinken versuchte und bedachte, daß er sein
ganzes Leben so kläglich zappeln müßte, knüpfte er sich auf. Ein
Spitalwärter jedoch zog ihn beizeiten aus der Schlinge. Da ließ er
es denn fein. Aber sein Herz war ganz zerbrochen.
Nach ein paar Wochen beschaffte er sich von seinem letzten Gelds
einen Leierkasten und sang in den stinkenden Höfen der Hauptstadt
ein Lied zu den Fenstern auf, das er sich selbst ausgedacht hatte:
Nachtüber saufen, Bei den Soldaten Mir ist die Heimat Drgelkaporgel
tagüber drehn. war es so schön. nirgends bekannt. bin ich genannt.
Für gewöhnlich schleppte er seinen Leib gleichgültig durch die
Straßen. Aber so oft er in den Schenken oder anderswo jemanden
lachen sah, gab es ihm recht einen Stich durchs Herz und er spürte
wieder, daß sein Gemüt nur fröhlich sein konnte, wenn die Körner
schrieen und die pfeifen quiekten, wenn die Musketen donnerten
und der Pulverdampf die Augen beizte. Ach hätte sich doch eine
Seele über ihn erbarmt! Der wilde und gequälte Mensch suchte nun
Trost in allerlei Bosheit. Sei es, daß er die Kinder prügelte, die
ihm nachliefen, sei es, daß er auf den Märkten stahl und die Richter
belog, sei es, daß er die, die ihm Gutes tun wollten, mit unflätigen
Reden bedachte. Seinen Umgang nahm er mehr und mehr mit sol-
chen, die den Tag verschliefen, weil ihr Gewerbe erst um die Dämme-
rung begann. Es dauerte nicht lange, da wälzte sich sein ehedem
so stolzes Leben durch lauter lästerliches Treiben, Gefängnis und
Branntweinkeller hin. Im Sommer wählte er sich sein Nachtlager
vor der Stadt zwischen Schutthaufen und Decken. Dann kam oft das
Soldatenheimweh zu ihm. Er dachte an die Nächte des Feldlagers
und sah weitum die Wachtfeuer glühen. Zelte, die von Talglichtern
hell waren, standen im Grase, die Geräusche des Aufbruchs
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Orgelkcrxorgel
Legende von Manfred Hausmann
Der Aönig hatte viele tapfere Soldaten. Einer war derallertapferste.
Es ist kein Zweifel, daß er längst zum General aufgerückt wäre,
wenn nicht eines Tages eine Aanonenkugel seinen linken Arm weg-
gerissen hätte. Da meinte denn der Feldscher, mit dem Soldatenleben
sollte es nun aus sein. Aber als der Verwundete im Spital lag,
schrieb er an den König: So und so, und er dächte nicht daran, sich
einen Bürgerbauch anzufressen. Das Schlachtgeschrei hätte es ihm
angetan. Er bäte alleruntertänigst, ob er nicht bei der Kavallerie
Unterkommen könnte Da wollte er die Zügel ins Maul nehmen,
sein Pferd mit den Beinen regieren und mit dem rechten Arm
einhauen.
Weil er nun so ein tapferer Kerl war, drückte die Majestät ein
Auge zu, und nach wenigen Monden ritt der Einarmige wie der
Teufel von einer Bataille in die andere. Dabei betrieb er seine Sache
mit solcher Bravour, daß er sich doch noch den Generalhut erfochten
hätte, wäre nicht abermals so eine verfluchte Auge! gekommen.
Diesmal nahm sie sein rechtes Bein hinweg. Nun half nichts mehr,
er mußte den Dienst quittieren. Als er aber zum ersten Mal mit
Holzbein und Krücken zu hinken versuchte und bedachte, daß er sein
ganzes Leben so kläglich zappeln müßte, knüpfte er sich auf. Ein
Spitalwärter jedoch zog ihn beizeiten aus der Schlinge. Da ließ er
es denn fein. Aber sein Herz war ganz zerbrochen.
Nach ein paar Wochen beschaffte er sich von seinem letzten Gelds
einen Leierkasten und sang in den stinkenden Höfen der Hauptstadt
ein Lied zu den Fenstern auf, das er sich selbst ausgedacht hatte:
Nachtüber saufen, Bei den Soldaten Mir ist die Heimat Drgelkaporgel
tagüber drehn. war es so schön. nirgends bekannt. bin ich genannt.
Für gewöhnlich schleppte er seinen Leib gleichgültig durch die
Straßen. Aber so oft er in den Schenken oder anderswo jemanden
lachen sah, gab es ihm recht einen Stich durchs Herz und er spürte
wieder, daß sein Gemüt nur fröhlich sein konnte, wenn die Körner
schrieen und die pfeifen quiekten, wenn die Musketen donnerten
und der Pulverdampf die Augen beizte. Ach hätte sich doch eine
Seele über ihn erbarmt! Der wilde und gequälte Mensch suchte nun
Trost in allerlei Bosheit. Sei es, daß er die Kinder prügelte, die
ihm nachliefen, sei es, daß er auf den Märkten stahl und die Richter
belog, sei es, daß er die, die ihm Gutes tun wollten, mit unflätigen
Reden bedachte. Seinen Umgang nahm er mehr und mehr mit sol-
chen, die den Tag verschliefen, weil ihr Gewerbe erst um die Dämme-
rung begann. Es dauerte nicht lange, da wälzte sich sein ehedem
so stolzes Leben durch lauter lästerliches Treiben, Gefängnis und
Branntweinkeller hin. Im Sommer wählte er sich sein Nachtlager
vor der Stadt zwischen Schutthaufen und Decken. Dann kam oft das
Soldatenheimweh zu ihm. Er dachte an die Nächte des Feldlagers
und sah weitum die Wachtfeuer glühen. Zelte, die von Talglichtern
hell waren, standen im Grase, die Geräusche des Aufbruchs
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