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Die Karikatur und die Frau unserer Zeit.

Von Degas bis Abel Faivre.

Man nimmt allgemein an, daß der Jmpressionismus vorwiegend eine Schule
von Landschaftern gebildet hat. Wohl waren die meisten Jmpressionisten ganz vor-
zügliche Landschaftsmaler, doch sind die Ambitionen der Gruppe und die von ihr
erreichten Resultate darüber weit hinausgegangen. Nach der Korrektheit und Kälte
des Klassizismus und nach der Äberschwenglichkeit des Romantizismus bedeutet
der Jmpressionismus eine Nückkehr zum Leben, und zwar zum wirklichen und ein-
fachen Leben, wie es von den Impressionisten gefunden und mit den freiesten,
nüchternsten Mitteln wiedergegeben wurde, welche am geeignetsten waren, den
Schauer und das Äerzklopfen dieses Lebens darzustellen. Einer der beliebtesten
Maler des zweiten Kaiserreichs, Winterhalter, malt in einem beachtenswerten
Bilde, in welchem er uns eine Idee von den Festlichkeiten der Zeit geben will,
ein Dekameron, in welchem die Personen in archaistisch-italienischer Art gekleidet
sind. Courbet, ein kräftiger und aufrichtiger Verist, hat sich nicht gescheut, die
Mädchen der Seine in sehr moderner Tracht an den Afern dieses Flusses hin--
gestreckt zu malen, und zwar in einer von Gesundheit und Kräftigkeit strotzenden
Darstellung. Die Malerei von Gustave Courbet ist in ihrer Technik noch weniger
srei von den Einsiüssen der Vergangenheit als in ihrer Ästhetik; sie stellt die Aus-
brüche der Freude noch etwas düster dar, sucht nicht das Licht und gibt uns nur
in übertragenem Ausdruck die Idee jenes Vergnügenschauers, von welchem die
schönen, lachenden Pariserinnen aus der Zeit des zweiten Kaiserreichs ergriffen
waren. Da Courbet auf die Technik des Impressionismus noch ohne Einsiuß war,
so gilt er nur für einen ihrer Vorläufer hinsichtlich der Auffassung des Vorwurfes.
Seine Provinzler, seine Provinzlerinnen, seine Pariserinnen zeigen den nach ihin
folgenden Malern den Weg, und Manet ist wenigstens am Anfang seiner Lauf-
bahn betreffs einiger seiner schönen Eigenschaften aufCourbet zurückzuführen. Wenn
jedoch Manet die Darstellung gewisser Schlupfwinkel des Liebeslebens in den Vor-
städten von Paris wieder aufnimmt, oder wenn er eine Trinkstube in den Folies
Bergsres malt, oder die Freuden der Kahnfahrer unter einem blauen toimmel an
einem schönen Sonntag zum Vorwurf nimmt, so zeigt er besser als Courbet die
genaue Stunde, das heißt die Impression der Zeit an. Dasselbe ist bei Degas der
Fall, der durch seinen Verismus und krast seines sehr exakten Pinsels zum seinen
Darsteller der zauberhaften Lichtwirkungen und Lichtspiele wird und in seinen treffen-
den Bildern zugleich die harmonischsten Bewegungen zum Ausdruck bringt. Ein
gut Teil der Arbeiten von Degas bezieht sich aus die Tänzerin, und er sindet da
die schönsten Äaltungen des weiblichen Körpers. Es ist dies in der sranzösischen

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