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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Freihofer, Alfred: Die internationale Gemäldeausstellung in Stuttgart, [2]
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Heilbut, Emil: Fünf Münchener Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0276

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2;2 Die Gemäldeausstellung in Stuttgart. Dan A. Freibofer — Fünf Münchener Ausstellungen, von kfi lselferich

zum mindesten um einige Grade emporheben können. Es ist keine Frage, daß seit einigen Jahren eine lebhaftere
Bewegung in die schwäbischen Kunstkreise gekommen ist, man ist vom besten Willen beseelt und geht lähmenden
Einflüssen, die so lange eine Stagnation verursachten, mit kräftigem Entschluß zu Leibe. Daß ein jnnger Stuttgarter,
Robert Hang, im vorigen Jahre in München als einziger Deutscher die Auszeichnung der goldenen Medaille
davontrug, hat ja erstmals wieder die allgemeine Aufmerksamkeit der Kunstwelt auf Stuttgart gezogen. Man
betrachtete das aber als einen Ausnahmsfall, an dem Stuttgart unschuldig sei, und es ist richtig, daß Hang
seinen Erfolg ganz allein seiner originalen Künstlernatur verdankt, die ihre eigenen Wege ging und vielleicht
gerade dadurch, daß sie fern vom großen Strome blieb, so kraftvoll sich entwickelte. Aber eine so gar ver-
einzelte Erscheinung ist Hang doch nicht; in den Münchener Künstlerkreisen hat im vorigen Jahre auch der
Stuttgarter Landschafter Reiniger sich hohe Achtung erworben, und in jüngster Zeit ist im Stuttgarter Kunst-
verein ein junger Künstler Namens Plen er mit eigenartigen Studien hervorgetreten, die ihm in einer Kunst-
stadt wie München rasch einen Namen hätten machen müssen; wir erinnern nur an die Erfolge, die ähnliche
Erscheinungen, wie Trübner und Thoma, gehabt haben. Vor diesen beiden Stuttgarter Künstlern hat leider
keiner bei der Ausstellung sich beteiligt.

Ziemlich vollzählig hat sich dagegen das Lehrerkollegium der Kunstschule eingestellt. Daß Direktor
von Schraudolph selber fehlt, muß begreiflich erscheinen, da er die ganze Arbeit für die Inszenierung der Aus-
stellung seit Monaten auf sich zu nehmen hatte. Außer ihm fehlt nur der greise Genremaler Grünenwald. In
höchst charakteristischer Weise ist dagegen die kraftvolle Künstlerindividualität Friedrich Kellers mit zwei kleineren
Bildern vertreten. Der breite sichere Vortrag seines Pinsels und die ganze gesunde kraftstrotzende Realistik
seiner Malweise wird unter den in der Stuttgarter Ausstellung vertretenen deutschen Meistern höchstens von

E. von Gebhardt übertroffen. Sehr glücklich ist auch Gustav Jgler mit einer neuen Arbeit des von ihm so
erfolgreich gepflegten Kindergenres vertreten; desgleichen der Landschafter Käppis mit einem kräftigen „Sommer-
abend" und einem sehr fein gestimmten kleinen Nachtstück in der Weise der alten Niederländer. Treidler vom
Polytechnikum hat eine anmutige Limonenverkänferin gespendet. Von der älteren Generation nennen wir ferner

F. I'. v. Ried müll er, dessen zart getönte Abendlandschaft mit Recht der Ehre gewürdigt worden ist, bei den
Holländern zu Gast zu sein, sodann den seit einem Jahr von München wieder in seine Heimat übergesiedelten
Heinrich Schaumann mit einem sehr niedlichen Genrebild Futterneid und einer Zirkusszene. Der greise
P. F. Peters zeigt in einer Filderlandschaft sein unverwüstliches Können; die beiden Specht sind durch
Tierstücke vertreten, der jüngere ein Maler von modernem Schlag und feinem Farbensinn.

An der Spitze der Jugend steht Robert Hang mit einem frisch von der Staffelei kommenden Bild,
„Im Morgenrot" betitelt, das auch für München bestimmt ist. Ehrlichere, gründlichere Arbeit macht nicht
leicht einer als Hang, und wenn auch vielleicht das Bild den populären Erfolg seines „Abschieds" nicht erringen
dürfte, so wird es ihm dafür in Künstlerkreisen die Anerkennung einbringen, daß die Auszeichnung, die er im
vorigen Jahre errang, eine wohlverdiente war. Das Bild ist von einer tiefen melancholischen Poesie; und
was flotte Pinselführnng und Wahrheit und Energie der koloristischen Stimmung anlangt, so kommt ihm kein
Bild in der ganzen deutschen Abteilung gleich. Im übrigen wollen wir hier dem Urteil, das man in München
fällen wird, nicht vorgreifen. Vortrefflich ist das Porträt durch Gustav Gaupp und Huth st einer vertreten,
zwei Stuttgarter, die in den letzten Jahren eine Reihe von Bildnissen geschaffen haben, mit denen sie überall
in die Schranken treten können; von Landschaften endlich nennen wir zum Schluß ein kleines, mit modernen
Angen gesehenes Stimmungsbild intimen Reizes von Hermann Drück.

Von einheimischen Bildhauern konnte auch einige Plastik ausgenommen werden. Wir heben hervor
eine schön beseelte Marmorfigur von E. Curfeß, Büsten von dem obengenannten Rheineck und von Th.
Bausch, von letzterem auch eine hübsche Bronzestatuette; ferner gute Reliefs von Paul Müller und dem
hochbegabten W. Rösch. Nicht gut ist n. a. v. Donndorf vertreten.

Fünf Münchener Ausstellungen

von Nerman Lelserich

ie Liebermann-Ausstellung bestand vorwiegend
aus Skizzen. Ein großes Bild zeigte sie, im übrigen
zeigte sie Versuche und Vorstudien. Man hätte vielleicht
mehr von dem Maler zu sehen gewünscht, dessen Rolle
in der deutschen Kunstgeschichte eine so bedeutende ist.
Immerhin ist, was sie bot, im stände gewesen, ihn nach
der Seite des Raffinements hin, das bei ihm ebenso mächtig
wie die Kraft der Persönlichkeit erscheint, zu vertreten.

Tic Liebermann-Ausstellung brachte das „Weib
mit den Ziegen", das im vorigen „Salon" war, und
dieses Bild, von dem man sagen kann, daß jeder Gras-
halm seiner Düne an seinem Platze und die Luft und
das Licht vortrefflich sei, wurde von der Pinakothek an-
getanst.

Außerdem sah man eine Menge reizender Zeich-
nungen, und Ölstudien und Pastelle. -
 
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