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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Pecht, Friedrich: Die Münchener Jahres-Ausstellung von 1891, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0430

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VI. Mhrggng. Heft 22

iz. August 1891

—Gersu^gegeüen von Friedrich Wechr ^

,Die Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Hesten von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geh. Abonnementspreis im
Buchhandel oder durch die Post lReichspostverzeichnis Nr. 8517, bahr. Verzeichnis Nr. 40S, k. u. k. östr. Zeitungsliste Nr. 1598) 3 Mark so Ps. für das Vierteljahr

lb Hefte) i das einzelne Heft 75 Ps.


Dir Münchener Wlirc^-Auch'tcUnnrl von 1891

Von Friedrich pecht (München)

m?)

Die Niederländer

^Aoran es eigentlich liegt, daß man in den drei großen Sälen,
welche die Belgier und Holländer füllen, gleich sieht, daß
diese Bilder, genau wie die der Dänen und Norweger, aus einem
kleinen Staate stammen, während man in den vier englischen keinen
Augenblick im Zweifel bleibt, daß man hier vor der Kunst einer
großen machtvollen Nation stehe, daß weiß ich selber nicht genau
anzugeben, so deutlich die Sache beim Sehen ist. Einiges kann ich
indes doch beibringen! Wer wäre nach Amsterdam oder selbst nach
dem kleinen Harlem gekommen und nicht erstaunt vor den so
zahlreichen Schützenbildern eines Rembrandt, Franz Hals oder
van der Helft gestanden, die ihm da ein so stolzes, mannhaftes und
wehrhaftes Bürgertum erst kennen lehrten, wie es die Weltmacht
Spanien in zwanzigjährigen Kämpfen überwand und mit England
siegreich um die Seeherrschast rang? Ähnliches findet man nur
noch ein Jahrhundert früher in nnsern Hansestädten, oder in Gent,
Brügge und Antwerpen. In jenem herrlichen, mit den Meister
werken des Hals gefüllten Harlemer Saal hat gewiß niemand die
Empfindung, von der ich oben sprach, weil jetzt in nnsern nieder-
ländischen Sälen von diesem ehedem so waffenstolzen Bürgertum
nicht mehr die mindeste Spur zu entdecken ist. Da sieht man im
Gegenteil nur noch schmieriges Bettelvolk, wie es Israels malt,
oder stumpfe, verdummte Bauern und Bäuerinnen, wie sie Nenhu ys
und Artz geben, dann sehr ungnädige Herren und gefräßige La-
kaien, wie sie der Brüsseler Bo ks schildert, oder durch rücksichtslose
Ausbeutung rasend gewordene Proletarier, wie sie van Lnyten
und Struys vorführen! Der soziale Rückschritt, der sich in diesen
Bildern malt, zwischen jenem stolzen Bürgertum des Hals, wo jeder
einzelne ein König war, aber auch selber das Schwert führte, und
der heutigen Herrschaft der von der Polizei beschützten Börsenspekulanten und Fabrikherrcn und der aus-
gesaugten Proletarier und Bauern, der ist geradezu unglaublich. Diese gänzliche Zersetzung der bürgerlichen
Gesellschaft erklärt es auch deutlich genug, wie tief diese Staaten gegen früher an Macht sinken mußten. —
In diesen drei Sälen ist ein einziger Manu zu finden, der noch halbwegs an jene Gestalten der Hals und
Rembrandt wenigstens erinnert, das Bildnis des Baron Goffinet, einst Adjutanten des Königs, von Wauters;

Madonna mit Kind
Basrelief von Werner Akerniann

Münchener Icchres-Ausstellung 18)1

*) II. siehe Heft 21.

-IS

Die Aunst für Alle VI.
 
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