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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Kramlinger, F.: Anordnung und Arrangement der einzelnen Wohnräume
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0147

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Interieur, von M. R. Schmer ha (Wien)

Anordnung und Arrangement der ein-
zelnen Woljnräninr.

""in unsrer Zeit der Schnelllebigkeit und
des aus die Spitze getriebenen Kampfes
ums Dasein macht sich naturgemäß das
Bedürfnis nach einem behaglichen Heim
geltend, in welchem man sich von den Auf-
regungen des öffentlichen Lebens und des
Berufes erholen kann.

Wohl ist es nicht jedermann gegönnt,
seine Wohnräume mit all den vielen Objekten
moderner Industrie und Errungenschaften
aus dem Gebiete des Kunstgewerbes zu ver-
sehen, auch ist mit dem Anhäuien vieler
und kostbarer GegenNände keinesfalls der
Zweck erreicht, ein anheimelndes duoa retiro
geschaffen zu haben. In unsren Interieurs
findet man nur zu häufig die widersinnigsten
Arrangements der Einrichtungsgegenstände
und eine Massenanhäuiung von Kunst- und
Luxusobjekten, ein förmliches Chaos, von
dem sich niemand behaglich an remutet finden
wird. Ge, ade das zuviel, in dem so ost
gesündigt wird, ist es, welches in uns kein
anheimelndes Gefühl auskommen läßt. In
einem anderen Falle wird überhaupt die
dekorative Ausstattung der Wohnräume als
etwas ganz Nebensächliches betrachtet, und
wie es oft genug vorkommt, überläßt man
das ganze Arrangement der Interieurs den
mit der Lieferung der Möbel rc. betrauten
Geschäftsmanne.

Daß dies r sehr oft aus die Individualität
des Wohnungsinhabers gar keine Rücksicht
nimmt oder nicht nehmen kann, ist selbst-
verständlich, und hat dann meistens der
Wohnraum nicht den Charakter eines ge-

mütlichen Privatinterieurs, sondern den eines
auf einige Zeit geinietcten Hotelzimmers, in
dem man sich nie so recht zu Hause fühlt.

Zweck dieser von uns eingeführten Rubrik
soll es nun nicht sein, langatmige, ästhetische
Abhandlungen zu schreiben, sondern wir be-
schränken uns darauf, möglichst praktische
und den mod rnen Bedürfnissen angemessene
Winke und auf die Frage:

„Wie soll ich mein Haus praktisch
und schön ausstatten?
die richtige Antwort zu geben. Daß dabei
natürlich den individuellen Anschauungen
und Bedürfnissen immer noch ein großer
Spielraum gelassen wird, liegt auf der
Hand. In einer Serie von Artikeln wollen
wir es versuchen, unsren k. M Lesern An-
haltspunkte zur Ausstattung ihrer einzelnen
Wohnräume zu geben und in weiteren Ab-
handlungen auch einzelne Zweige der
Wohnungshygiene und der jetzt beliebten
Liebhaberkünste zu besprechen.

Naturgemäß findet bei einer Besprechung
der Wohnräume der Vorraum, das
Vestibüle, das Wartezimmer, und was es
weiter sür Namen tragen mag, zuerst Be-
rücksichtigung. Dieser Raum dient dazu, dem
Besucher Gelegenheit zu bieten, sich zum Ein-
tritte in den Salon oder das Empfangs-
zimmer vorzubereiten, in der kälteren Jahres-
zeit, seine Oberkleider abzulegen, und im
Falle momentaner Verhinoerung des Haus-
herrn oder der Hausfrau den Empfang ab-
zuwarten. Hier sind nun zwei Gegenstände
vor allem nötig Es ist dies eine Kleider-
elagere und ein hoher Spiegel. Diese Möbel-
stücke können in günstiger Weise rechts und
links von der Eingangsthüre in eine um-
laufende Lambris eingeschaltet sein, welche

Lambris auch im Friese Ge-
legenheit bietet, Huthaken rc.
auzubringen. Eine Uhr
oberhalb des Spiegels oder
der ötagere ist zu em-
pfehlen. Ein kleiner Tisch
mit einigen Stühlen, etwa
aus Bambus oder Natur-
holz, sind notwendig; einige
aufliegende Zeitschriften
helfen dem Wartenden die
oft eintretende Langeweile
verscheuchen Praktisch ist es,
den Fußboden mit Linoleum
oder Kokossaserteppich zu be-
decken. Der Raum soll des
Lichtes nicht entbehren und
die Wand oberhalb der Lam-
bris, wenn eine solche an-
gebracht ist, in lichten Tönen
gehalten sein, ob nun das
Gemach mit Tapeten be-
zogen oder gemalen ist.
Nichts bringt leichter eine
Gemütsverstimmung mit
sich, als das Warten in
einem düsteren Raume. Zu
vermeiden ist eine zu reiche
Ausstattung des Vor-
zimmers; der Besuchende
ist vielleicht ein BittsteUen-
dcr, der nicht durch zu
glänzenden Einrichtungs-
prunk gedcmütigt werden soll Einige Aqua-
relle an den Wänden, ein Blumenständer
in der Ecke vervollständigen das Arrangement
dieses stets einfach zu haltenden Raumes.
In kalter Jahreszeit ist es angezeigt, auch
hier einen Ofen aufzustellen, da man einer-
seits von dem Wartenden nicht verlangen
kann, daß er vielleicht längeie Zeit im kalten
Wartezimmer verweile, anderseits die Tem-
peratur in dem anstoßenden Empfangszimmer
oder Salon durch das Offnen der Thüre in
arger Weise verändert wird.

Das Empfangszimmer

Dieses Interieur nun soll keine besondere
Größe einnehmen, wenn es nur dem Zwecke
eines vorübergehenden Besukhs-
empsanges zu dienen hat. Schwere,
massive Möbel sind auch hier zu vermeiden,
ein kleiner Divan mit Tisch, einige Polster-
fauteuils mit solchen Stühlen jedoch sind
unbedingt notwendig. Da man ab und zu
eine Unterschrift zu leisten, eine Empfehlung
zu geben hat, jo soll sich auch hier ein kleiner
Schreibtisch befinden. Anstatt der Fauteuils
sind auch Puffs zu verwenden. Der Sitz
des Besuchers befinde sich gegenüber dem
Fenster; der des Hausherrn mit dem Rücken
gegen das Licht; man wünscht es ost nicht,
durch seinen Gesichtsausdruck die Empfin-
dungen zu verraten, die unliebsame Mit-
teilungen erregen. Anderseits ist es gut,
das Antlitz des Gastes in voller Beleuchtung
zu sehen, um beim Konversieren auch dessen
Mienenspiel studieren zu können. Eben-
deßhalb ist es auch verfehlt, die Fenster mit
schweren, dunklen Vorhängen zu verhüllen.
In den Ecken des Zimnurs stehen Posta-
mente mit Figuren, Jardinieren, ebenso
 
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