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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Levin, Jules: Eindrücke aus den Pariser Salons
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0403

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520

Eindrücke aus den pariser Salons.

Fragment eines Grabmonumrnles. von Albert Bartholome.

Eindrücke auF den Pariser Salons

a beide Kunstausstellungen dieses Jahr das letzte-
mal in ihrem Heim Hausen, und es notwendig sein
wird, sie für nächstes anderweitig unter Dach und Fach
zu bringen, haben einige Leute sich erinnert, daß selbst
der König und die Kaiserin einstmals Friede gemacht
haben und daß es demnach auch für die Salons eines
längeren als siebenjährigen Krieges nicht bedurfte. Man
will sie vereinigen, obwohl man beim Besuche der Champs
Elysees froh ist, daß es noch den Champs de Mars giebt,
während man im Champs de Mars nicht versteht, warum
die Champs Elysees noch existieren. Die Friedensideen,
genährt von den Behörden, wie stets den Freundinnen
der Ordnung und Eintracht, führten zunächst zu einer
Reihe von Interviews. Auch Puvis de Chavannes
wurde befragt, und erklärte das Projekt rundheraus für
eine Verrücktheit.

Man braucht kein einseitiger Anbeter Puvis de
Chavannes, noch etwas kräftiger Ausdrücke zu sein, um
die Ansicht des Altmeisters zu billigen. Noch im vorigen
Jahre, wo der Salon des Marsfeldes im Einzelnen und
im Ganzen zu wünschen übrig ließ, war der Unterschied
zwischen ihm und dem der Champs Elysees stark, auf-
dringlich fühlbar. Heuer ist dieser Unterschied so groß,
daß man mit Recht den Salon der Champs Elysees noch
weniger als eine Kunstausstellung ansehen darf, als in
früheren Jahren. Man läßt ihn eben über sich ergehen
und versucht, ihn so schnell zu vergessen, als das nach
sehr peinlichen Eindrücken irgend möglich ist. Wenn man
ganz offen und ehrlich sein soll, so befindet sich unter

den plastischen Arbeiten des alten Salons nicht eine
einzige, die der Beachtung wert wäre, und unter den
mehreren Tausend Bildern drei. Damit ist selbstver-
ständlich nicht gesagt, daß anspruchslose, schöne „erlebte"
und gewebte Stoffe liebende Gemüter dort sich nicht sehr
ergötzen könnten. Man hat die Floren, die Horen und
die Amoren in Masse, regimentsweise, und eine große
Anzahl mächtiger Bazare könnte man ausstatten mit den
Kronleuchtern, Teppichen, Möbeln u. s. w., die in den
Champs Elysees gemalt zu sehen sind, abgesehen davon,
daß eine Markthalle, die alle Stilleben in natura um-
schlösse, jeder Konkurrenz die Spitze böte. Suchen wir
aber Kunst und Künstler, Individualitäten und Kultur,
so bleibt es bei den drei Bildern, von denen zwei Fantin-
Latour und eines I. P. Laurens zugehören.

Fantin-Latour, der fein empfindende Nachstreber
Watteaus, hat einmal den hl. Antonius verführen lassen,
sehr höfisch, ohne viel Phantasie, besonders ohne wesent-
lich originelle. Aber die peinliche Situation des heiligen
Mannes gab ihm Gelegenheit, eine wundervoll zarte
Symphonie über das Thema „bläulich" zu schreiben, die,
zwar in Oelfarben ausgeführt, einen aquarellistischen
Eindruck macht, für den der Künstler besonders zu
schwärmen scheint. Wobei einzuwenden ist, daß er sich
einfacher des Aquarells bedienen könnte, da schließlich
jedes Material seine eigene Faktur mit sich bringt, und
es im Grunde eine Künstelei ist, ein Aquarell zu malen,
das aussieht wie ein Pastell. Allein, das sind Aus-
stellungen, die nicht vergessen machen, daß Fantin-
 
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