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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Hartleben, Otto Erich: Der römische Maler, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0373

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Der römische Maler.




Der römische Maler.

von Gtto Lrich Dartlcben.
(Schluß aus dem

IV.

Eine Würdigung der römischen Osterien, zu der
unsere Fahrt zur Cisterna mich verführen könnte, will
ich mir jetzt verkneifen und lieber auf ein anderes Mal
verschieben, wenn ich auf Sor Rodolfo zurückkomme, an
dessen Hand ich meine Erfahrungen gesammelt habe. Es
genüge hier zu bemerken, daß die Cisterna in Trastevere
— kein Bädeker nennt ihren Namen — ein fürstliches
Lokal ist, dem ich zu unauslöschlichem Danke ver-
pflichtet bin.

Ludovico hatte nach römischem Ritus die Gläser
ausgeschwenkt, mir eingeschenkt und ich ihm — und er
begann:

— Ja, lieber Freund: es ist so. Eine Frau ist
schuld daran. Eine Frau hat mich hinuntergelockt: ihr
verdank' ich es, daß ich nun hier festsitze, daß meine
Kunst versauert, daß nichts aus mir geworden ist. . .

— Nichts geworden ist?

— Nun ja. Nichts — oder alles. Das ist das-
selbe. Du weißt, wie Faust zu Mephisto sagt: In
Deinem Nichts hoff' ich das All zu finden.

— Ich weiß es. Sor Rodolfo citiert es ja täglich.
Aber bitte, erzähle mir nun, wie ist das alles zuge-
gangen.

— Ja, siehst Du: Jaedicke . . .

Ich zuckte zusammen.

— Was hast Du? fragte er.

— O nichts. Ich erschrak nur etwas. ^Diesen
Namen hört man sonst in Rom nicht nennen.

— Ja, ich muß von der Zeit sprechen, als ich in
Berlin auf der Akademie war. Damals stand ich mit
einem Fuße auf dem Zenith meines Lebens. Jaedicke —
Du gehörst vielleicht auch zu denen, die ihn verkennen —

vorigen Hefte.) Nachdruck °erb°,-„.

aber das geniert mich nicht. Ich halte ihn immer noch
für einen unserer größten Künstler und werde ihm Treue
und Dankbarkeit bewahren bis in die Nacht meines Lebens.

— Ja, ja, das ist sehr schön von Dir. Aber
ich . . mir ist er zu phantastisch. Ich kann mir nicht
helfen.

— Streiten wir uns nicht über diesen Mann. Er
steht zu hoch dazu. Hör' weiter: Ich habe sehr lange
und sehr gründlich bei ihm studiert, hatte ein Maler-
Atelier in der Akademie und war bereits so weit, daß
er Aufträge, die ihm zu viel wurden, mir zuwandte.
So Hab' ich damals zum Beispiel durch ihn den Auf-
trag bekommen, die Gattin des Inhabers einer der
größten deutschen Glanzwichsefabriken zu malen. Der
Mann hatte in seiner riesigen Verehrung für Jaedicke
beschlossen, sich, seine Frau und seine sämtlichen drei
Töchter von des Meisters Hand malen zu lassen. Jaedicke
nahm den Mann und die Töchter und die Frau gab er
mir. Sie wurde sehr schön. —

Er schwieg, versunken in die Erinnerung an die
schönen Zeiten der Vergangenheit und that einen tiefen
Schluck.

— Siehst Du: so ging es mir schon! Und ich
hätte nun bloß dazubleiben brauchen, hätte bloß noch 'ne
Malschule für Damen aufzumachen brauchen und ich könnte
heute meine Bilder Stück für Stück mit 2000 Mark
verkaufen. Na, zwanzig im Jahre bringt man leicht zu
stände — 20 mal 2000 macht 40 000 — kurz, ich
wäre heute so gut wie ein Millionär. Und statt dessen . . .
Ae! — Prost! —

Also denk' Dir: eines schönen Morgens brachte mir
Jaedicke einen Mann ins Atelier, der so aussah, wie
er hieß. Er hieß Levkojowitz, alter mesopotamischer Adel.
 
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