Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

DOI Artikel:
Heilmaier, Hans: Coubine, der Maler des bukolischen Friedens
DOI Artikel:
Gorsleben, Rudolf John: Magie der Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Blumenstilleben beschwören nicht seitenden Pin-
sel Renoirs. In ihnen gibt er sich ganz den V er-
suchungen schöner Materie hin. Aber die Cha-
rakteristiken vegetativer Natur werden in diesen
Gewächsen der Farbe Essenz, nicht billiger Ab-
klatsch des \ orbilds. Für Coubine sind Blumen
Sinnenfreunde und die sublime Berauschtheit,
welche ihn vor einem Strauße ergreift, findet
sich auch im Bilde. Eine hervorspringende Qua-
lität des Künstlers ist die Absichtslosigkeit, wel-
che sein Schaffen leitet: die stille Zuständig-
keit, welche in seinen Bildern wohnt, und diese
zu Buhepunkten für das Auge des Beschauers
werden läßt. Dasselbe gilt in noch stärkerem
Maße für die Landschaft. Das Sujet ist denkbar
einfach. Busch- und baumbestandene '\ order-
srründe mit den mählich verebbenden Konturen
der Berge im Fond. Man könnte sich vielleicht
verführerische und günstigere Motive denken als
diese Frühlings- und Winterbilder aus den Alpen
und der hohen Provence. Coubine aber scheint
sie zu lieben und er legt allen Stimmungsgehalt,
den er aufzubringen fähig ist, in sie hinein. Ein
Lyrismus Corotschen Schlags führt ihm den Pin-
sel, bestimmt die fein umzirkelten Massen der
Bäume, geleitet in die hauchzarten Fernen, wo
sich "Wolken und Höhen in atmosphärischen
Schleiern verlieren. Dies Pianissimo pflanzt sich
in rhythmischen Akkorden silbergrauer Farbig-
keit fort. Manchmal fein gesteigert durch eine
Andeutung von schummerigem Gelb und röt-

lichem Braun. Coubine webt seine Landschaf-
ten, er malt sie nicht. Stimmungshaftc. verhal-
tene Bomantik scheint den gegenständlichen
Bildinhalt organisch zu durchdringen und er-
klärt die von pantheistischer Naturanschauung
genährte Wesensart des Künstlers.
Als Zeichner und Figurenmalererscheint Coubine
in einem anderen Lichte. Hier kommt das Alt-
meisterliche solider Technik und genaue Beob-
achtunghinzu. Er entpuppt sich als zeitloser Klas-
siker, der bei aller Akribie immer die große Linie
im Auge behält. Gelegentlich geht er allerdings
zu ängstlich vor und opfert der Erscheinung mehr
als nötig. Bildnisse, wie das der Auvergnatin, des
japanischen Malers Hamada, des Sensendenglers
und nicht zuletzt seine ganz auf die Kontur be-
schränkten Schwarzweiß-Studien entschädigen
indes reichlich für diesen Lapsus. Er hat eine
Maternite gemalt, die, was Einfachheit der Mit-
tel und Darstellung anbelangt, mit zum Besten
gehört, was er schuf. Man suche in seinen Bil-
dern nicht die temperamentvollen Offenbarungen
eines begeisterten Pinsels, noch erwarte man da-
von das überlegte Zusammenspiel abstrakter
Kompositionen. Es könnte einem sonst pas-
sieren, an dieser höchst unkomplizierten, ihre
Feinheit nicht zu Markte tragenden Kunst vor-
beizusehn. Dem geduldigen und aufmerksamen
Betrachter aber werden die Qualitäten der zart
besaiteten Malerei Coubines nicht entgehen.

Hans HeUmaier

MAGIE DER KUNST

Kunst ist Magie! Das galt auch noch für die
äußerste materialistische Denkweise, indem man
der Kunst ein Stimmungselement zusprach, das
sich mit der sonst herrschenden exakten Vor-
stellungswelt, wo doch nur der Stoff herrschte,
nicht vereinbaren ließ. W urde die Kunst trotz-
dem in den Herrschaftskreis dieser Anschau-
ungen einbezogen, war sie ihrer eigentümlichen
Beize beraubt und im tiefsten Y\ esen vernichtend
getroffen. W ir brauchen dafür keine Beweise zu
bringen. Die Kunstgeschichte der letzten Jahr-
zehnte auf allen Gebieten ist entstellt durch die

unzähligen Beispiele menschlich-künstlerischer
^ erirrungen.

Kunst ist Magie! Musik und Sprache sind Mittel
ursprünglich der Beschwörung, der Betörung.
der Betäubung, aber auch der Begeisterung, der
Anfeuerung, der \erehrung, der Anbetung!
Bauten. Steinsetzungen, die Nachbildungen von
Menschen, Tieren und Gegenständen sind zuerst
aus magischem Y\ illen zu magischen Absichten
entstanden, besonders auch ihre Bemalung. sowie
die Bedeckung des menschlichen Körpers mit
Tätowierungen, Schmuck und Farben.

108
 
Annotationen