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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1909

DOI Heft:
Heft 1-2
DOI Artikel:
Bauer, Max: Ein neuer Entwurf eines österreichischen Denkmalschutzgesetzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26207#0011
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BERICHTE

Ein neuer Entwurf eines österreichischen Denkmalschutzgesetzes

Die beiden galizischen Konservatorengremien
haben einen von ihnen ausgearbeiteten Entwurf eines
„Gesetzes zum Schutze der Denkmale“ mit einer
Resolution dem Herrenhause vorgelegt. Die Veran-
lassung hierzu bildete der vom Präsidenten der Z. K.
Freiherrn v. Helfert in seiner Eigenschaft als Herren-
hausmitglied im Frühjahre 1909 gleichfalls im Herren-
hause eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum
Schutze der Geschichts- und Kunstdenkmale1), wel-
chen die Resolution hauptsächlich nach zwei Rich-
tungen bemängelt: 1. Daß die Inventarisierung der
Denkmale nicht die unbedingte Voraussetzung für den
Denkmalschutz bildet und 2., daß der Hiir.FERxsche
Entwurf keine Bestimmungen über die Organisation
der Denkmalpflege enthält.

Da dieser neue Entwurf den Anspruch erhebt,
eine wesentlicheVerbesserung gegenüber derHEi.FERT-
schen Gesetzesvorlage zu sein, soll in der nachste-
henden Erläuterung das Hauptaugenmerk auf einen
Vergleich beider Entwürfe in den wichtigsten Punkten
gerichtet werden.

Begriff des Denkmales

Im § 1 versucht der galizische Entwurf eine
Definition des Begriffes Denkmal zu geben. Er sagt:
Dieses Gesetz findet Anwendung auf Gegenstände,
welche den Charakter eines Kunst- oder Altertums-
werkes besitzen und zugleich für die Kennzeichnung
einer vergangenen Periode der Menschheit bedeut-
sam sind.

Aus dieser Definition geht hervor: Alle Werke
von Menschenhand (gleichviel ob beweglicli oder
unbeweglich, im öffentlich rechtlichen oder privaten

]) Sielie den Wortlaut dieses Entwurfes und meine
Erläuterungen hierzu in Mitteil. der Z. K. TQOg, Sp. 4g f.

Besitze) unterstehen dem Schutze des Gesetzes,
wenn sie 1. a) Kunstwerke oder b) Altertumswerke
sind und 2. ftir die Kennzeichnung einer vergangenen
Periode der Menschheit bedeutsam sind.

Kunstwerke. Der Charakter eines Kunst-
werkes wird einem Denkmale nur dann und insoweit
zukommen, wenn und insoweit es den Anforderungen
des modernen Kunstwollens entgegenkommt. Riegt.2)
hat nachgewiesen, daß diese Anforderungen eine
klare Formulierung niemals finden können, da sie
von Subjekt zu Subjekt und von Moment zu
Moment unaufhörlich wechseln. Da es nach Riegt.
keinen ewigen Kunstwert, sondern bloß einen
relativen, modernen geben kann, so ist der Kunst-
wert aus dem Begriffe des Denkmales auszuscheiden
wenn dieser Begriff der modernen Auffassung der
Denkmalpflege entsprechen soll.

Altertums werke. Unter Altertumswerken dürf-
ten wohl solche zu verstehen sein, die einen Alters-
wert besitzen, das heißt, Altersspuren aufweisen,
die einen längeren Bestand des Denkmals sinnfällig
verraten. Der Schutz des Alterswertes bildet eine
der vornehmsten Aufgaben der Denkmalpflege, und
es wäre daher, wenn dem Worte „Altertumswerk“ die
eben angeführte Definition zugebilligt werden kann,
die Subsumierung dieser Kategorie von Denkmalen
unter den gesetzlichen Schutz nur gutzuheißen.

Leider enthält der Nachsatz eine Einschrän-
kung, welche, abgesehen von den darin enthaltenen
Unklarkeiten, die große Masse der Altersdenkmale
von dem Schutze des Gesetzes ausschließt. Die bei-
den angeführten Kategorien von Denkmalen fallen

2) Siehe dessen Schrift: Wesen und Entstehung des
modernen Denkmalkultus, Sp. 5 f.
 
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