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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 6
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Chronik / Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0341

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CHRONIK

BERLINER KUNSTPFLEGE

|urcli die Presse ging jüngst die frohe
Kunde, es sei gelungen, Bilder Leisti-
kows für die Stadt Berlin zu erwerben.
Ein Komitee hatte sich nach dem Tode

____________ Leistikows gebildet, eine ganze Reihe

berühmter und bekannter Namen stehen auf der Liste,
Kunstfreunde waren um Unterstützung des Unterneh-
mens angegangen worden, — wieder eine Reihe wohl-
bekannter Namen der Finanzwelt, — und nun wurde
es Ereignis: es gelang, zwei und ein halbes Bild von
Leistikow zu erwerben. Man bot sie der Stadt Berlin
zum Geschenke an, unter der Voraussetzung, dass sie,
wenn möglich im Märkischen Museum, jedenfalls aber
an einer „geeigneten und würdigen Stelle" dauernd
ihren Platz fänden.

Der Rede Sinn ist dunkel. Was anderes kann man
unter einer geeigneten und würdigen Stelle verstehen
als die Kunstsammlung der Stadt Berlin? Denn es
Ware doch kaum im Sinne der Spender gehandelt, wollte
man die Bilder irgendwo im Rathaus verstecken und von
Jedem verlangen, den es gelüstet, sich an den Werken
Leistikows, wohlgemerkt: zwei Ölbildern und einer
Gouache, zu erfreuen, dass er eigens zu dem roten
Hause pilgere, um sich durch alle Amtsstuben durch-

zufragen, bis er die Kunstwerke findet. Nein, so kann g

es nicht gemeint sein. Die geeignete und würdige
Stelle ist ein Haus, das dem Kunstgenuß geweiht ist,
das man gewohnt ist, aufzusuchen, um sich an Kunst zu
erfreuen und in dem man nun auch Leistikow vertreten
finden wird. — Nur dass dieses Haus in Berlin nicht
existiert. Berlin hat ein „Märkisches Museum", das
heisst, ein Haus, in dem die Denk- und Merkwürdig-
keiten einer bis vor kurzem von aller Kultur weitab
gelegenen Provinz gesammelt werden. So ist in dem
gesamten Inhalt von Kunst wenig zu spüren. Mit der
Stadt Berlin hat das Ganze kaum etwas zu tun, nichts
jedenfalls mit der Stadt von heut, nur wenige mit ihrer
künstlerischen Kultur im letzten Jahrhundert. Es ist
eine Erinnerung an das armselige Kolonialland, aus dem
der Riesenkörper eines modernen Kulturzentrums
emporgewachsen ist. Ein viel zu opulentes und als
Museum durchaus nicht mustergültiges Haus hat man
dafür errichtet und glaubt damit, allen Pflichten Ge-
nüge getan zu haben. Stehen doch in Berlin die grossen
Museen des Staates. Mögen die für das Übrige sorgen.
Die Stadtväter sparen jahrelang die paar tausend Mark,
die das Etat für Kunstzwecke vorsieht, zusammen, um
am Ende einen Märchenbrunnen zu errichten.

Was wird man nun mit den Leistikow-Bildern be-
innen? Wird man sie in das Märkische Museum ver-

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