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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 12
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Chronik / Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0633

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n welcher Weise eine geschäftsmässige
Organisation schlechten Künstlern von
Nutzen sein kann, zeigt eine Vereinigung,
die sich der „Ring, Wanderausstellungen
Münchener Künstler" nennt. Diese Ge-
meinschaft von Berufsdilettanten wird von
einem „akademischen Maler und Schriftsteller" Eugen
Ankelen geleitet, dessen Talent das eines Reklame-
chefs ist; sie sucht mit Vorliebe die Mittelstädte
des westlichen und südlichen Deutschland auf, ver-
anstaltet dort Ausstellungen und weiss es zu er-
heblichen Verkaufen zu bringen. Die zur Anwen-
dung gelangenden Propagandamittel sind für Künstler
sehr unwürdig. Durch phrasenhafte Anpreisungen sucht
die Ausstellungsleitung zuerst die Hilfe amtlicher Per-
sönlichkeiten zu gewinnen. Meistens sind es kunstfremde
Bürgermeister, die den Ringleuten auf den Leim gehen.
Sie finden sich nicht nur bereit, die Ausstellungen zu
eröffnen, sondern gewähren dem „Ring" auch noch
amtliche Zertifikate, die in den Katalogen dann abge-
druckt werden, wie man es wohl auf Bitterwasserreklam-
zetteln findet. Kein Wunder, dass die so von Offizialität
verklärten Ausstellungen, die auch der Provinzpresse
immer zu imponieren wissen, als Ereignisse empfunden
werden, dass es zu Verkaufssummen wie 40000 Mk. in
Essen, zu mehr als zwanzig Bilderverkäufen in Duis-
burg und zu mehr als dreissig in Mühlheim kommt.
Eine planmässige Missleitung auf die Käufer wird ferner
durch ruhmredig abgefasste Biographien der einzelnen

Künstler im Katalog ausgeübt, durch einen schleimigen
Essay, den ein sogenannter Kunstschriftsteller in dieses
Reklamebuch hineingeschrieben hat und durch einen
Propagandatisch in den Ausstellungen, auf dem nicht nur
Zeitschriften und Zeitungen mit Aufsätzen über die
Vereinsmitglieder ausliegen, sondern auch Dinerein-
ladungen des bayrischen Hofes an einige der Aussteller
und Briefe von Kommerzienräten, die ihre Anerkennung
über gelieferte Porträts aussprechen und einen Korb
Sekt in Aussicht stellen.

Es ist darum nötig, vor dieser Vereinigung
öffentlich zu warnen. Besonders den Bürgermeistern
der Mittelstädte gilt diese Warnung. Hat eine Stadt-
verwaltung den guten Ehrgeiz, reelle Verkaufsaus-
stellungen zu fördern, so blicke sie auf Versuche etwa,
wie Direktor Deneken sie in seinem Museum in
Krefeld mit schönem Erfolg angestellt hat;* sie über-
trage solche Veranstaltungen einem Fachmann, der gut
von schlecht, gemein von edel unterscheiden kann.
Denn das wenigstens ist vom verantwortlichen Leiter
eines Gemeinwesens zu fordern, dass er es fühlt, wie
sich Persönlichkeiten geben, die die Sache um der Sache
willen thun und wie Geschäftsführer sich gebärden, die
auch als akademische Maler und Schriftsteller nichts
wollen, als um jeden Preis Geschäfte machen. K. S.

* In diesen Verkaufsausstellungen ist der Preis jedes Werkes
vernünftig normiert und im Katalog genannt. Untergebote
werden nicht angenommen und nur Werke von Qualität sind
zugelassen.

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