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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 14.1916

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Heft 1
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Osthaus, Karl Ernst: Wiener Barock, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4751#0043
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SCHLOSS SCHÖNBRUNN, BLICK VOM GLORIETT AUF DAS SCHLOSS

WIENER BAROCK

i.

VON

KARL ERNST OSTHAUS

Auf der Spirale, in der die Kunstentwicklung
sich emporwindet, kreist zwischen Romanik
und Klassizismus die Renaissance und zwischen
Gotik und Romantik der Barock. Das bedeutet
einen Wechsel von Klarheit und Leidenschaft, von
Weltfreude und Mystik, von Gelehrsamkeit und
Phantasie. Es sind die Zeiten grossen, stürmischen
Kraftbewusstseins, in denen die Form aus dem Bette
spiegelklarer Maassgebundenheit zur Ausdrucksfülle
gigantischer Bewegtheit emporschäumt.

Die diesem Aufsatz beigegebenen Abbildungen sind nach
Photographien hergestellt, die wir der Photographie-Zentrale
des „Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe"
verdanken und die Dr. F. Stödtner, Berlin NW 7 aufgenommen
hat. D. Red.

Eine solche Zeit war die der Gotik, war die des
Barock, des entbundenen deutschen Bürgertums und
der entbundenen europäischen Gesellschaft. Die eine
wie die andere war der Regeln satt und überdrüssig,
sie fühlte sich wie der Jüngling nach bestandener
Prüfung, der, zum ersten Male frei, das mühsam Ge-
lernte in allen Farben einer göttlichen Laune er-
schillern Jässtr.

Der Jüngling aber bleibt das Kind seiner Lehre.
Sie leiht ihm die Worte, in denen er dem losge-
bundenen Geiste Ausdruck verleiht. So konnte der
Barock der Renaissance nicht entraten; er steht auf
ihrem Grunde, er spielt mit ihren Formen, nur, dass
die Regel nicht mehr sich selber darstellt, sondern

SCHLOSS SC

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