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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 2
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Szkolny, Felix: Die Gewinnbeteiligung der Künstler
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Toni von Stadler (gest.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0084

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Beschränkung auf derartige Verkäufe die Gewinn-
beteiligung noch in dem Masse verwirklichen lässt,
wie es dem grossen und kostspieligen Apparat, ohne
den die praktische Durchführung des Prinzips unmög-
lich ist, einigermassen entspricht. Die Künstler werden
überhaupt erwägen müssen, ob sie nicht die wirtschaft-
liche Bedeutung der Frage dadurch überschätzen, dass
sie auf das Beispiel der ganz Grossen hinweisen. Eine
Statistik würde wohl arg enttäuschen. Das Wort Schopen-
hauers von der „Fabrikware der Natur" hat auch in
der Kunst seine Geltung. Überdies bringt es die Aus-
dehnung und Beweglichkeit des modernen Kunsthandels
mit sich, dass die Fälle immer seltener werden, in denen

Künstler erst im Alter oder gar nach ihrem Tode die
verdiente Anerkennung erlangen. Niedrige Preise für
Werke aus der Frühzeit des Schaffens finden nicht selten
ihren Ausgleich durch die Preishöhe in der Periode der
Reife. Man darf Fragen der Kunstpolitik überhaupt
nicht rein vom Nützlichkeitsstandpunkt aus behandeln.
Dann darf man aber wohl aussprechen: es ist jedenfalls
nicht die Aufgabe der Gesetzgebung, die Interessen
solcher Künstler zu fördern, die nicht durch wertvolle
Leistungen, sondern durch die Laune einer Mode-
stimmung oder die Geschicklickeit einer Klique den
von der Sonne des Erfolges vergoldeten Gipfel erreicht
haben.

TONI VON STADLER f

Im achtundsechzichsten Lebensjahr ist nach längerer
KrankheitToniStadler inMünchen gestorben, das ihm,
dem Niederösterreicher, zur zweiten Heimat geworden
war. München verliert sehr viel in diesem prächtigen
Mann, der nicht nur ein talentierter Landschaftsmaler
war, sondern als feinsinniger Sammler, als kluger Be-
rater des Staates wie privater Sammler in Kunstdingen,
als Mittelpunkt eines weiten künstlerischen Kreises ge-
schätzt und geachtet, als opferfreudiger Kollege gegen-
über armen Künstlern verehrt und als gütiger Mensch
voll feinen, mit leichter Ironie gewürzten Humors, all-
gemein geliebt worden ist. Stadler, ein Stiefbruder des
berühmten Literarhistorikers Wilhelm Scherer, kam nach
einigen Jahren Medizinstudiums zur Malerei. Einen
eigentlichen Lehrer hatte er nicht, doch verdankt er
den Schweizern Stäbli und Fröhlicher, mit denen er bald
nach seiner Übersiedelung nach München, im Jahre 1877
bekannt wurde, entscheidende Anregungen für seine
Kunst. Stäblis Pathos und Fröhlichers Weichheit blieben
ihm fremd. Seine Landschaften aus dem oberbayrischen
Moos und den Vorbergen mit dem hohen weitenHimmel
und der stillen, einfachen Natur durchzieht eine leicht
herbe lyrische Stimmung. Den zarten koloristischen
Reiz der Frühzeit verspürt man in den späteren, etwas
härteren Arbeiten nicht mehr so sehr. Als Graphiker
hat Stadler nicht minder Gutes geleistet denn als Maler,
namentlich in seinen seltenen Lithographien. Die vor-
nehm bescheidene und liebenswürdige Art seiner Kunst
spricht sich schon im Format seiner Bilder aus, wo man
Bilder von grösseren Dimensionen vergeblich suchen
wird.

Stadler hatte als Kunstkenner viel Blick für Qualität
und suchte, ohne sich als Künstler beeinflussen zu lassen,
mit der Zeit zu gehen und jeden künstlerischen Fort-
schritt verstehen zu lernen. Als langjähriges Mitglied
verschiedener staatlicher Kunstkommissionen hat er auf
manches wertvolle Stück erst die Aufmerksamkeit ge-
lenkt und mehr als einmal Missgriffe vermeiden helfen.
Stadler war einer der stärksten Stützen Tschudis in
München und Tschudi hat ihn auch als seinen treuesten
Münchner Freund geschätzt. Nach Tschudis Tod über-
nahm er bekanntlich das schwierige Erbe des Ver-
storbenen, dessen Reorganisationswerk der Münchner
Galerien ja erst zum Teil vollendet war. Stadler.führte
es — 1911-1914 — im Ehrenamt und bescheiden wie
immer nur unter dem Titel eines „Künstlerischen Bei-
rats im Kultusministerium" — ganz im Sinne Tschudis
weiter, gewann vor allem das Ausstellungsgebäude am
Königsplatz für Museumszwecke wieder, sicherte von
Heinz Braune unterstützt die von Tschudi zusammen-
gebrachten aber noch nicht erworbenen Bilder moderner
französischer Meister endgültig für den Staat und setzte
auch die weiteren Ankäufe ganz im Geiste Tschudis
fort. Neben Habermann und Uhde erwarb er bedeu-
tende Arbeiten von Hodler und Liebermann wie von
Trübner, Schuch, Ihoma und Leibi. Leider hat sich
Stadler, der ein ausgezeichneter Kenner der Münchner
Malerei und der Münchner Malerwelt der letzten
vierzig Jahre war, nicht dazu entschliessen können, seine
Erinnerungen niederzuschreiben, wozu ihm seineFreunde
und die Bewunderer seines ausserordentlichen Erzähler-
talents wiederholt aufgefordert hatten. A. L. M.

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