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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 2
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Degas (gest.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0085

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DEGAS t

Von Degas, der dreiundachtzigj ährig in Paris ge-
storben ist, war in diesen Heften oft die Rede.
Wer e,ne genaue Würdigung dieses Grossmeisters der
modernen französischen Kunst sucht, der lese nach, was
George Moore im sechsten Jahrgang (Seite 98 und ff.
und Seite 1 38 und ff.) und Was p^ ^ £ zehnten
Jahrgang (Seite 33 3 Und ^ bchrieben ^

JieTr sTn WlchtiSsten Äusserungen über Degas an
dieser Stelle zu nennen TV u- •
jetzt ausführlich Hlnwels ersPart es unS

wird da u Sem Lebenswerk einzugehen. Es

ganz d V°C '*! ° hb "°ch oft die Rede sein' weÜ eS
einia 6R chte angehört. Wir begnügen uns heute

ge Bemerkungen und Anekdoten über Degas und
."ige Aussprüche von ihm mitzuteilen, die in dem
o en genannten Aufsatz von George Moore enthalten
sind und woraus Mensch und Künstler lebendiger her-
vortreten als aus allgemeinen theoretischen Anmer-
kungen. Über keinen anderen französischen Maler
— und das will etwas sagen — kursieren so viele Anek-
ln, von keinem werden so viele charaktervolle,
schlagende Aussprüche kolportiert. Auch hierin gleicht
er ganz unserm Menzel.

In einer Diskussion ^^ZTscdel^
einen Mann, der sich sein ganzes w:«" ^ Wert und
ein Ballettmädchen zu zeichnen, nicl)urt im Range
Einfluss Flaubert, Daudet und GonC" xu Moore
gleichstellen". Wie zur Antwort hat v g sie
vor einer Rötheizeichnung geäussert: "•! ' Tagen
sich die mal an, ich habe sie erst vor V
gekauft. Es ist eine Frauenhand von *» '^«t
Sie sich die Fingernägel an, wie die einMann,
sind! Das ist meine Auffassung vom Oeme.

der eine Hand so reizend, so wundervoll, eben
wiederzugeben findet, dass er sich anderes m

einschliesst und damit zufrieden ist, niv-'
machen als Fingernägel zu skizzieren. „(Wre
Wenn jemL üb^r Degas ^t^^
er zu sagen: „Meine Kunst, was woHen e
sagen? Glauben Sie, Sie können das Verai
eines Bildes denen klar machen, die es nicht
Dites? Ich habe mit den gescheitesten Menschen übe
Kunst gesprochen, verstanden haben sie mich m ^
aber bei Leuten, die was verstehen, bedarf es der
nicht, da sagt man: „Hm, he, ha und hat alles gesag •
Meiner Meinung nach hat die Literatur der Kunst
geschadet. Ihr blast den Künstler mit Eitelkeit au^,
ihr lasst ihn an Ruhmsucht Geschmack gewinnen _
weiter nichts. Trotz all eurem Geschreibsel war es nie
schlechter um den Geschmack des Publikums bestell
als jetzt. Dites? Ihr helft uns nicht mal unsere Bild

verkaufen. Ein Mann kauft ein Bild nicht, weil er einen
Artikel in der Zeitung gelesen hat, sondern weil ihm
ein Freund, der, denkt er, etwas von Bildern versteht,
gesagt hat, es wäre in zehn Jahren doppelt so viel wert
wie jetzt — Dites?

Zu Whistler sagte Degas einmal: „Mein lieber
Freund, Ihre Lebensführung ist ganz so, als ob sie gar
kein Talent hätten." Zu einem jungen Mann, den es
nach Salonerfolgen gelüstete, sagte er mit dem bei ihm
so wohlbekannten Ellbogenschubs: „Jeune M . .. ., dans
mon temps on n'arrivait pas, dites?"

Degas ging viel in die Oper oder in den Zirkus, um
neue Motive für seine Bilder zu finden. Zu einem
Landschaftsmaler, den er dort traf, sagte er: „A vous
il faut la vie naturelle, ä moi la vie factice." Über
Rolls Bild „Arbeit" hat er geäussert: „Es hat fünfzig
Figuren, aber ich sehe nicht die Menge, man macht eine
Menschenmenge mit fünf, nicht mit fünfzig Figuren."
Über Bastien-Lepage hat er geurteilt: „Das ist der
Bouguereau der neuen Bewegung". Und mit Bezug
auf die Anstrengungen Besnards sich einen leichten
Strich anzueignen, meinte er: „Das ist ein Mensch der
tanzen will mit Sohlen von Blei." Von seiner eigenen
Kunst hat Degas gesagt:' „Sie ist seltsam, denn es hat
nie eine weniger spontane Kunst gegeben als die meine.
Was ich mache, ist das Resultat des Nachdenkens und
des Studiums der grossen Meister. Von Inspiration,
Spontaneität, Temperament — Temperament ist das
Wort — weiss ich nichts." Vor einer seiner Dar-
stellungen" einer nackten Frau, die ihren Arm unter-
sucht, merkte Degas an: „La bete humaine, qui s'oc-
cupe d'elle-meme; une chatte que se leche." Im Jahre
1840 stellte Degas seine Staffelei im Louvre auf und
brachte ein ganzes Jahr damit zu Poussins „Raub der
Sabinerinnen" zu kopieren. „Die Kopie ist so schön wie
das Original", sagt Moore.

Vom Atelier, das Degas benutzte, ist diese Beschrei-
bung gegeben: "Die Tür ist immer streng verschlossen,
und wenn man heftig daran rüttelt, ruft eine Stimme
durch eine Luke; ist der Besuch ein guter Freund, so
wird an einer Schnur gezogen und er darf die Wendel-
treppe zum Atelier hinaüfstolpern. Da giebt es weder
orientalische Teppiche noch japanische Wandschirme.
Nur am andern Ende des Raumes, da wo der Künstler
arbeitet, strömt lageslicht herein. In ewigem Halb-
dunkel und Staub sind die mächtigen Leinwände aus
seiner Jugend in dräuenden Barrikaden aufgetürmt.
Grosse Räder, die zu Steindruckerpressen gehören,
lassen eine Druckerei vermuten. Da stehen viele zer-
bröckelnde Skulpturen — Tänzerinnen aus rotemWachs,
einige in Gazeröcken, merkwürdige Puppen — Puppen
wenn man will, aber von einem Genie modellierte
Puppen."

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